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Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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dumpfes Geräusch. Jemand hatte ein Steinchen gegen das Pergament geworfen, mit dem die Fensteröffnungen der Kemenaten bespannt waren, um Wind und Kälte abzuwehren. Ob Wolfram sich doch noch zu minniglichem Tun aufraffte? Gisela überlegte angestrengt, wie sie in nur einer Nacht die Jahre überwinden konnte, die gewöhnlich zwischen dem ersten, heimlichen Ständchen eines Minneherrn vor dem Schlafzimmer seiner Dame und einer möglichen Entführung lagen.
    »Komm raus, Gisela!«
    Sie vernahm eine leise Stimme, aber es war nicht die Wolframs. Gisela seufzte, aber sie wusste, dass sie nichts zu verlieren hatte. Rasch warf sie einen Mantel über ihr Hemd und trat auf den Umlauf vor den Kemenaten, der zur Stiege zum Hof führte.
    Rupert wartete auf der Treppe, nervös um sich schauend, aber doch strahlend vor Stolz, Gisela herausgelockt zu haben. Und eine Lösung für ihr Problem bereitzuhalten!
    »Gisela, ich weiß es jetzt! Du brauchst keine Angst zu haben. Wir werden im Schutz der Nacht fliehen, aber ich brauche dich nicht zu entführen und … und du musst mir auch nicht beiliegen. Nicht bevor … nicht bevor das Goldene Zeitalter angebrochen ist … nicht bevor ich die Ritterwürde erlangt habe.«
    Gisela runzelte die Stirn. Wovon redete der Junge? Es war völlig unmöglich, dass er zum Ritter aufstieg. Nicht einmal, wenn er sich irgendwo als Söldner verdingte. Er hatte keinen Namen und keinen Stand. Ungeduldig hielt das Mädchen dem jungen Mann erneut seine Einwände vor.
    »Aber das wird alles nicht mehr gelten in der neuen Zeit!«, wehrte Rupert ab. »Hier … hier bin ich natürlich nur ein Unfreier. Aber in Gottes neuer Welt, in der Heiligen Stadt, da wird alles anders. Wir gehen nach Jerusalem, Gisela! Wir befreien Jerusalem!«
     
    Aufgeregt flüsternd saßen die beiden nebeneinander auf der Treppe und schmiedeten einen Plan. Rupert erzählte von Nikolaus, dessen Erscheinung und dem Auftrag, den er von Gott erhalten hatte. Auch Gisela hatte schon von dem Kreuzzug gehört, von den unzähligen Kindern, die sich in und um Köln versammelten, um Nikolaus zu folgen. Sie würde Smeralda mitnehmen sowie den Schmuck, den Jutta von Meißen ihr geschenkt hatte. Wenn sie ihn versetzte, würden sie und Rupert ausreichend Geld haben, um ins Heilige Land zu pilgern. Selbst wenn sich das Meer nicht vor Nikolaus und seinem Heer teilte. Es wäre genug für eine Schiffspassage.
    Rupert sollte zunächst zu Fuß neben dem Mädchen herlaufen. Die jungen Kreuzfahrer kamen überein, dass sie ihr neues Leben nicht damit beginnen wollten, dem Bärbacher ein Pferd zu stehlen.
    »Obwohl das eigentlich egal ist«, führte Rupert aus. »Ich stehle mich ja auch selbst!«
    »Du schenkst dich Gott!«, berichtigte Gisela. »Wenn du den Kreuzfahrer-Eid ablegst, ist alles gut!«
    Sie wusste zwar nicht genau, ob das stimmte, aber Friedrich von Bärbach würde sich bestimmt nicht mit dem Erzbischof von Köln anlegen, um seinen entlaufenen Knecht zurückzubekommen. Das Mädchen nahm selbstverständlich an, dass Nikolaus sein Heer unter dem Schutz des Kirchenfürsten sammelte. Rupert hatte jedenfalls gehört, es kampierten bereits Hunderte, wenn nicht Tausende von Kindern in Köln, und es kämen täglich neue hinzu.
    »Wir werden da gar nicht auffallen!«, beruhigte der JungeGisela, die hoffte, dass er recht hatte. Und dass Nikolaus bald mit seinen Kreuzfahrern weiterzog.
     
    Zwei Nächte vor Giselas geplanter Hochzeit war es so weit. Wieder schlich Rupert sich auf die Treppe, die zu Giselas Kemenate führte. Das Mädchen erwartete ihn mit vor Aufregung geröteten Wangen, bereit zum Aufbruch. Schwitzend und schnaufend schleppte Rupert das Gepäck die Stiegen herunter.
    Plötzlich stand wie aus dem Nichts gekommen die alte Kammerfrau vor ihnen. Sie war nicht im Hemd, wie um diese Nachtzeit zu erwarten, sondern vollständig angekleidet.
    Gisela sah Dimma fassungslos an. »Du … Woher weißt du?«
    »Dass Ihr weglaufen wollt?« Dimma verdrehte die Augen. »Kind, das steht Euch im Gesicht geschrieben. Wer Euch kennt, kann das nicht übersehen. Auch in den Gesindestuben redet man davon, was vorgeht in Köln. Von den Unschuldigen, die Jerusalem erobern sollen … Es war abzusehen, dass unser Fräulein Gisela sich das nicht entgehen lässt.«
    »So lässt du uns also ziehen?«, fragte Gisela hoffnungsvoll. »Du verrätst uns nicht?«
    Dimma schüttelte den Kopf und holte ein Bündel unter ihrem Umhang hervor. »Wie könnte ich, ich werde ja nicht

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