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Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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waren.
    Wolfram ergab sich diesen düsteren Gedanken, während er zum Stall ging, um seinen Hengst für den Ausritt mit Gisela zu satteln. Wie immer warf das Pferd den Kopf hoch und wandte Wolfram drohend die Hinterhand zu, als er in die Box trat.
    Der Junge suchte nach der Peitsche, um ihn herumzutreiben, aber wie immer war keine verfügbar. Von Bärbach war ein Haudegen, aber ein Pferdefreund. Er hielt nichts davon, die Tiere zu schlagen … wie er überhaupt allen die Zügel locker ließ, außer seinem Knappen Wolfram! Seiner wilden Tochter zum Beispiel …
    Wolfram berauschte sich kurz an dem Gedanken, dass es mit den Frauen eigentlich genauso war wie mit Pferden. Sie mussten ihren Herrn fürchten! Er nahm seine Schwertscheide zu Hilfe, um den widerspenstigen Rappen einzuschüchtern und ihm endlich das Halfter überzuwerfen. Wie viel anders war das mit dem kleinen Fuchs gewesen, den er als Junge besessen hatte! Damals hatte sich niemand darum gekümmert, ob er das Tier spornierte und schlug. Und promptwar das Pferd gehorsam gewesen. Niemals hätte es herumgetänzelt, wenn er es anband, oder gar Versuche gemacht, ihn umzurennen. Aber nun hatte er diesen Rapphengst – und der Bärbacher und seine Ritter predigten ihm jeden Tag, ihn nicht durch Kraft, sondern durch Geschick zu beherrschen.
    Dergleichen predigte man den Rittern an Minnehöfen über die Frauen. Schöne, minnigliche Worte, ein Lied, zärtliches Tändeln … Wolfram bevorzugte das direkte Vorgehen seines Vaters. Bei Pferden wie bei Mädchen. Aber das ging natürlich nicht mit einem Edelfräulein wie Gisela, solange sie ihm keinen Eid geschworen hatte.
    Wenn er nur gewusst hätte, was sie bezweckte, indem sie sich ihm derart anbiederte wie in den letzten Tagen! Was sollten die schönen Worte und die Einladung zum Ausritt? Wollte sie ihn necken? Oder gefiel er ihr tatsächlich besser als sein Vater? Wolfram leckte sich die Lippen. Sollte das wirklich der Fall sein, so ließ sich vielleicht nach der Hochzeit etwas arrangieren. Wenn sie dann noch wollte …
    Aber die seinem Vater versprochene Gattin entjungfern? Wolfram hätte nie gewagt, sich Odwin in den Weg zu stellen. Er fürchtete sich vor Vielem in der Welt der Ritter, aber mehr als vor jedem Sturz beim Tjost und jeder Blamage im Schwertkampf ängstigte er sich vor dem Zorn seines Vaters. An eine Entführung Giselas war nicht zu denken.
     
    So verlief dann auch der gemeinsame Ausritt, ohne dass etwas Aufregendes passiert wäre. Gisela ließ Smeralda in ruhigem Tempo neben Wolframs Streithengst hergehen, aber ihre Versuche, mit dem Jungen zu tändeln, schlugen fehl. Wolfram schien misstrauisch, zudem brauchte er seine ganze Kraft und Konzentration, den Hengst zu halten. Dem nämlich fehlten die Hemmungen seines Herrn – er versuchte heftig, Smeralda den Hof zu machen. Nach einer halben Stunde begann Gisela, ihre Stute zu beneiden – und an ihrer eigenen Anziehungskraft zu zweifeln.
    Sie war völlig erschöpft, als sie wieder bei den Ställen ankamen. Rupert nahm ihr Smeralda mit bösen Blicken ab. Er schien ihr zu grollen und auf Wolfram einen regelrechten Hass zu entwickeln. Wolfram erwiderte diesen zweifellos, schien sich aber auch vor dem Knecht zu fürchten. Er ging schon in Deckung, wenn Rupert nur in seine Nähe kam und ihm grimmig oder spöttisch lächelnd beim Satteln oder Abreiben des Hengstes zusah.
    Giselas Gefühle für den Pferdeburschen gerieten ebenfalls immer mehr außer Kontrolle. Je länger sie Wolfram vor Ruperts Augen hofierte, desto heftiger empfand sie Scham. Gisela war nicht in Rupert verliebt, aber als Kind hatte sie ihn angebetet, und seine Meinung über sie war ihr immer noch wichtig. Da konnte sie sich noch so oft die Standesunterschiede vor Augen führen – Gisela wollte Ruperts Anerkennung! Als Reiterin und Falknerin hatte sie die längst erworben. Aber ihr minnigliches Umwerben des Weichlings Wolfram musste den Jugendfreund irritieren.
    Und dann – es war eine Woche vor der Hochzeit, und Gisela intensivierte ihre Tändeleien mit dem Mut der Verzweiflung – hielt Rupert es nicht länger aus. Er folgte dem Mädchen am Morgen von den Pferdeställen zu den Falken – dem Falkner hatte er einen ganzen Kupferpfennig gegeben, damit der sich eine Stunde lang verzog.
    Rupert schlüpfte hinter Gisela in den Verschlag, in dem die Vögel gehalten wurden. Das war einfach. Das Mädchen konzentrierte sich nur auf seinen Vogel, dem es sich mit Gurren und Schmeicheleien näherte, um

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