Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
nicht jemand mitgehen?«
Sie sah hoffnungsvoll von Armand zu Rupert, aber keiner der beiden zeigte größere Begeisterung. Nach Stunden auf dem Marsch und beim Angeln hatten sie es endlich trocken und wollten das genießen. Magdalena war auch nicht unmittelbar gefährdet. Schlimmstenfalls wurde ihr der Fisch gestohlen oder von Nikolaus’ »Bewachern« abgenommen.
Tatsächlich stieß Magdalena gar nicht mit Roland und seinen Kumpanen zusammen, als sie sich mit ihrem Geschenk durch das halbdunkle Lager tastete. Auch Nikolaus’ Tross besaß längst Zelte – seine Leibwächter hatten sich bereits in das ihre zurückgezogen und schmausten Brot, Wurst und Wein. Das kleine Mädchen, das sich zu Nikolaus’ weißem, seidenem Zelt durchschlug und leise seinen Namen rief, bemerkten sie nicht. Nur ein Mönch, der wohl den Schlaf des jungen Heerführers bewachte, schlug unwillig eine Zeltbahn zur Seite und schaute nach der Stimme aus.
Eine Laterne leuchtete in Magdalenas Gesicht – und tauchte auch die Züge des Mönches in ein schwaches Licht. Trübe, aber stark genug, einander zu erkennen. Magdalena fuhr erschrocken zurück. Ein junges, noch rundes Gesicht – jetzt gleichmütig, aber in ihrer Erinnerung zuerst von Erregung, dann von Reue verzerrt und gerötet. Ihr letzter Freier …
»Du?«, fragte der Mönch.
Magdalena unterdrückte den Impuls, sich auf dem Absatz umzudrehen und zu rennen.
»Ja … ich … ich bringe einen … einen Fisch für Nikolaus. Weil … damit … damit er nicht mehr hungern muss!«
Der Mönch blickte sie von oben bis unten an – mehr noch, er verschlang sie mit den Augen. Magdalena sah wieder Begehren,kaum verhohlene Gier. Aber diesen Mann gelüstete es nicht nach Nahrung. Das kleine Mädchen fühlte sich nackt unter seinem Blick.
»Hör zu!«, sagte er schnell. »Du würdest gern mit ihm reden? Du möchtest ihn sehen?«
»Wen?« Magdalena begriff nicht gleich.
»Na, wen schon? Ihn! Nikolaus. Du wünschst dir doch einen Segen, ja? Oder einen Kuss? Du verzehrst dich nach einem Kuss!«
Magdalena wollte verneinen, sie krümmte sich zusammen, aber der Mann griff jetzt nach ihrem Arm.
»Mädchen, ich kann dir das alles beschaffen. Und du weißt ja: ein Segen von ihm, ein Kuss … und alle Sünden sind vergeben. Wenn du … wenn du mir vorher nur einen kleinen Gefallen tust. Ich wollt’s nicht mehr machen, weißt du … aber … aber ich …«
Magdalena glitt der Fisch aus den Händen, als er sie jetzt an den Schultern fasste und beinahe gewaltsam hinter das Zelt zog.
»Warte …«
Magdalena wollte weglaufen, aber sie war wie gelähmt, als der Mann kurz verschwand. Dann zog er eine Plane über sie.
»So ist’s besser. Oh, du bist schön … du bist süß …«
Der junge Mönch liebkoste ihren Ausschnitt mit den Lippen, saugte an ihren noch knospenden Brüsten. Dann schob er ihr Kleid hoch.
Magdalena versuchte, an Nikolaus zu denken. Seine liebliche Stimme … Schön sind die Wälder, schöner die Felder in der schönen Frühlingszeit; Jesus ist schöner, Jesus ist reiner, der unser traurig’s Herz erfreut …
Sie klammerte sich an die Worte des Liedes, als der Mann brutal in sie stieß. Nikolaus … Magdalena stellte sich sein sanftes, liebes Gesicht vor … seine Umarmung, als sie den Kreuzfahrer-Eid geleistet hatte. Deine Sünden sind dir vergeben …
Ihr Peiniger weinte erneut, als er endlich von ihr abließ. Die gleiche Geschichte von Reue und Scham wie damals in Mainz … Magdalena hörte nicht hin.
»Kann ich ihn jetzt sehen?«, fragte sie heiser, als der Mönch die Plane zur Seite schob und sich besorgt umsah. Aber das Lager schlief. Niemand war Zeuge seiner Tat.
»Du kannst einen Blick auf ihn werfen!«, erlaubte der Mönch und wandte sich schamhaft ab, als Magdalena ihr Kleid glättete.
Er hatte deutlich mehr versprochen. Aber das Mädchen wagte nicht, es anzumahnen. Stattdessen folgte es ihm leise in Nikolaus’ Zelt.
Der Junge lag auf einem weichen Bett – ein Schlafpodest, gepolstert mit Fellen und Decken. Mehr Komfort, als sogar die verwöhnte Gisela für nötig befand. Eine Wolldecke hielt ihn warm, und er hatte sich völlig darin eingewickelt. Nur ein weißer Arm und sein Kopf lugten heraus. Magdalena sah Nikolaus’ verstrubbeltes goldblondes Haar – und konnte sich gar nicht sattsehen an seinem schönen, ebenmäßigen Knabengesicht. Nikolaus’ feine Züge, die dünnen, blaugeäderten Lider und die langen, seidigen Wimpern. Der Junge lag in tiefem
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