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Der einaeugige Henker

Der einaeugige Henker

Titel: Der einaeugige Henker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark (Helmut Rellergert)
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die Frau also zuvor noch nie gesehen?«
    »So ist es.«
    »Schade. War auch nur eine Idee. Hätte ja sein können.«
    »Und Sie bleiben dabei, dass Sie den Spiegel nehmen und mit ihm wegfahren?«
    »Ja, dabei bleibe ich.«
    »Dann wünsche ich Ihnen viel Glück.«
    »Danke, das muss ich haben. Aber ich bin noch auf Ihre Hilfe angewiesen, Mister Hope.«
    »Ach? Wieso?«
    »Sie könnten mir helfen, den Spiegel bis zu meinem Wagen zu tragen. Ich gehe mal davon aus, dass er in den Wagen passt. Wenn ich die Rücksitze umklappe.«
    »Ja, natürlich helfe ich Ihnen. Sie müssen nur achtgeben, dass dem Spiegel nichts passiert. Er gehört zu den Kostbarkeiten in dieser Kirche. Der Legende nach sollen sich die Engel darin gespiegelt haben.« Er lachte etwas verlegen. »Aber das ist natürlich eine Mär.« Er winkte ab, machte aber nicht den Eindruck, als wäre er von seinen Worten überzeugt.
    »Wer weiß? Wenn Menschen sich darin angeschaut haben, warum keine Engel?«
    »Nein, das kann ich nicht glauben.«
    »Das ist für uns auch nicht relevant. Für uns ist wichtig, wie der Henker dort hineingekommen ist.«
    »Er muss schon längst tot sein.«
    »Das stimmt«, gab ich ihm recht. »Aber manchmal ist tot auch anders. Oder hat eine andere Seite.«
    »Wissen Sie mehr darüber?«
    »Zu wenig.«
    Der Pfarrer schüttelte den Kopf. »Sorry, aber so recht kann ich Ihnen nicht glauben. Ich denke schon, dass sie es faustdick hinter den Ohren haben.«
    »Nein, nein, das sehen Sie falsch.«
    Er lachte nur. Aber er war auch froh, dass er den Spiegel los wurde, wie er mir im Vertrauen erklärte. Er wusste nicht, was mit ihm noch alles auf ihn zu gekommen wäre.
    »Außerdem habe ich Angst vor dem Ding.«
    »Das kann ich sogar verstehen.«
    Dann machten wir uns an die Arbeit. Schon mal hatten wir den Spiegel angehoben. Allerdings nur ein kleines Stück. Jetzt mussten wir ihn durch die Kirche tragen, auch noch hinausschleppen und bis zu meinem Rover bringen.
    Erst jetzt merkten wir, wie schwer der Spiegel war. Der Pfarrer kam aus der Puste, und wir legten kurz hinter der Kirchentür eine kleine Pause ein.
    »Man ist eben nicht mehr der Jüngste.«
    »Stimmt. So einfach wie früher laufen die Dinge bei mir auch nicht mehr.« Ich wandte mich ab und sagte dabei: »Warten Sie hier, bitte. Ich öffne schon mal den Kofferraumdeckel meines Wagens und klappe die Rücksitze um.«
    Das war kein Problem. Dann kehrte ich zu Henry Hope zurück und fragte: »Alles klar?«
    »Sicher. Mit dem Spiegel ist nichts passiert.«
    »Wunderbar.«
    Wir hoben ihn wieder an und brachten den Rest der Strecke bis zum Rover hinter uns. Mit meiner Rechnung hatte ich mich nicht verschätzt. Wir konnten den Spiegel in den Wagen schieben, so dass er auf den umgeklappten Lehnen der Rücksitze zu liegen kam.
    »Ha, geht doch«, sagte der Pfarrer. »Hätte ich nicht gedacht.«
    »Manchmal kann man sich täuschen.«
    »So ist es.« Er schaute mich an und nickte. »Was haben Sie weiterhin vor?«
    »Ganz einfach. Ich werde mich in den Wagen setzen und losfahren. Ich bringe ihn zum Yard. Dort haben wir Spezialisten, die ihn untersuchen. Es wird alles kein großes Problem sein.«
    »Spezialisten?«
    Ich winkte ab. »Nun ja, so etwas Ähnliches. Ich bin auch dabei.«
    »Gut.« Der Mann schluckte, dann schüttelte er den Kopf. »Ich hätte nie gedacht, dass ich mal so etwas erleben würde. Das ist mir auch jetzt noch ein Rätsel.«
    »Sie werden es überstehen.«
    »Genau.« Den nächsten Satz flüsterte er. »Und wissen Sie was, Mister Sinclair?«
    »Nein.«
    »Ich bin jetzt froh, dass ich den Spiegel nicht mehr zu sehen brauche. Glauben Sie mir.«
    Das glaubte ich ihm sogar aufs Wort. Und mit diesem Gedanken startete ich den Rover …
    ***
    So richtig war das Zeitgefühl noch nicht wieder bei Reni Long zurückgekehrt. In der dunklen Umgebung kam sie wieder zu sich und löste sich von dem Jeep. Sie amtete heftig, als sie neben ihm stehen blieb und ins Leere schaute.
    Die Erinnerung kehrte sofort zurück, und sie stieß sogar einen leisen Schrei aus. Ein kalter Stoß durchfuhr sie. Sie fing an zu frieren und schaute sich um.
    Es war nichts zu sehen, wovor sie hätte Angst haben müssen. Auch in der Blockhütte bewegte sich nichts, und sie sah die Toten auch im Dunkeln nicht.
    Ich muss etwas tun!, dachte sie. Ich – ich – kann hier nicht bleiben. Ich würde irgendwann durchdrehen. Ich muss wieder unter Leute.
    Wo sie sich befand, wusste sie nicht. Man hatte sie überfallen und

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