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Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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Songs ziehen ungehört an mir vorüber, ich werde vom Applaus aus meinen Gedanken gerissen, höre die Pfiffe der Zustimmung und sehe Milo auf der Bühne, wie er darin badet, wie er die Anerkennung genießt und dadurch mutiger wird, lockerer und sich in unbekannte Höhen hinaufschwingt. Während er singt, hält er seine Augen meistens geschlossen, aber in den Pausen und während der Ansagen sieht er herausfordernd in die Menge und lächelt einzelnen Leuten zu, meistens den Mädchen, die mit zur Seite geneigtem Kopf in der ersten Reihe stehen.
    Robert tropft der Schweiß von der Stirn, auch er gibt wieder alles. Er schlägt seine Sticks auf die Drums, als wäre das ein Hochleistungssport. Nur Tom steht da wie immer, unbeeindruckt, fast ein bisschen gelangweilt, aber absolut solide auf seinem Instrument.
    Ab und zu werfen sich die Jungs Blicke zu. Kurzes Abstimmen über den nächsten Song, Freude über gelungene Soli. Sie wirken glücklich dort oben. Cool und abgeklärt, aber glücklich.
    »Und der nächste Song für alle Ladys hier im Saal, Pretty Girl !«, schnurrt Milo ins Mikrofon, mit einer tiefen, angekratzten Stimme. Sein Blick streift wieder die erste Reihe. Wildes Gekreische ertönt von dort, die Mädchen stampfen aufgeregt mit ihren Füßen auf den Boden.
    Linda seufzt genervt. »Weißt du was, ich verschwinde mal. Das hier ist mir echt zu blöd!« Und schon rauscht sie davon, schubst sich an den Leuten vorbei Richtung Bar, dann verliere ich sie aus den Augen.
    Ich schüttele den Kopf. Der Job hier ist einfacher, als ich gedacht hatte, das emotionale Chaos allerdings ist eine Katastrophe.
    Nach zwei Stunden ist das Konzert vorbei. Es wurden zwei Zugaben gespielt und anschließend stolperten die Jungs völlig erledigt von der Bühne. Einige Leute gingen sofort auf sie zu, schüttelten ihnen die Hände oder klopften ihnen auf die Schultern.
    Freddie, der hinter der selbst gebauten Bar steht, hat ein begeistertes Grinsen im Gesicht.
    Ich packe meine Ausrüstung zusammen und sehe zu, dass ich den Saal, in dem kein Sauerstoff mehr zu sein scheint, möglichst schnell verlasse.
    Draußen im Hof treffe ich Edgar, der am Strohhalm seiner Bionade kaut und einigen davongehenden Fans nachschaut.
    »Ich hab’s durch die Tür gehört. Die Jungs haben sich ins Zeug gelegt. Hab ich’s doch gesagt.« Er zupft an meinem Shirt und rutscht auf der Bank zur Seite, damit ich mich neben ihn setzen kann.
    Ich lehne mich an seine Schulter und strecke die Hand nach seinem Getränk aus. »Sag mal, Edgar, dieses ganze Gefühlskuddelmuddel hier …«
    »Verschon mich damit! Ich bin für so etwas nicht empfänglich. Nicht mehr. Ich habe meine Lektionen schon gelernt.« Er kreuzt seine beiden Zeigefinger und hält sie mir vor das Gesicht.
    »Aber …«, schaffe ich nur anzusetzen.
    »Nein! Wirklich, halt mich da raus. Das Einzige, was ich dir sagen kann, ist: Manchmal sieht etwas von außen anders aus, als es in Wirklichkeit ist.« Er reißt mir die Bionade wieder aus der Hand.
    »Oh danke! Ehrlich, der Philosoph spricht!« Ich muss lachen.
    »Wenn du willst, passe ich auf dich auf. Emotional, meine ich. Aber bitte verlang nicht von mir, dass ich hier irgendwie lästere oder vermittle oder mich sonst wie einmische. Ich bin für dich da, nur für dich.« Er legt demonstrativ den Arm um mich.
    Edgar ist wahrscheinlich der beste Kumpel, den man sich wünschen kann. Ich mochte ihn von Anfang an sehr, gleich als ich ihn kennenlernte. Es war auf einer Party, bei der ich mich fehl am Platz fühlte. Jeffer hatte mich für einige Zeit alleine gelassen, um irgendeine Streiterei zu klären, und ich stand verloren an der Wand rum und kannte niemanden. Edgar war zur Stelle, hat sich vorgestellt und sich um mich gekümmert, hat mich mit seinen Witzen zum Lachen gebracht und von Anfang an klargemacht, dass auf ihn jederzeit Verlass ist.
    Wir lächeln uns an und schauen in die Nacht. Brandenburg City ist viel dunkler als Berlin, mit mehr Sternen am Himmel.
    Dan schleicht vorbei, mit einem Mädchen im Arm, und zwinkert uns verschwörerisch zu. Freddie steht in der Tür und unterhält sich mit den letzten Gästen, immer noch im Rausch der Veranstaltung, die er so gut organisiert hat. Er ist zwar schon alt, aber jetzt gerade wirkt er eher wie ein kleiner Junge.
    Und schließlich kommen auch die BlackBirds durch einen Seitenausgang auf den Hof, die Band des Abends, zufrieden grinsend mit Getränken in der Hand.
    Irgendwo aus dem Dunkeln treten gleich ein

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