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Der eine Kuss von dir

Der eine Kuss von dir

Titel: Der eine Kuss von dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrycja Spychalski
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die ganze Zeit an Milo, in der Hoffnung, dass er auch an mich denkt, während er dieselbe Landschaft durch das Autofenster sieht wie ich. Vielleicht ist da bereits so ein Band zwischen uns. Wenn wir nur stark genug aneinander denken, überträgt sich die Spannung, und die Gedanken werden eins. Immerhin haben wir miteinander geschlafen. Das bedeutet doch was. Aber so sehr ich mich bemühe, kann ich doch keine Spannung fühlen. Da ist nichts, außer das permanente Surren der Räder auf dem Asphalt.
    Ich frage mich, wie es im Tourbus wohl zugeht. Hören sie laut Musik und machen ständig Witze? Bewerfen sie sich mit Nüssen und verschütten Bier? Oder sehen sie auch bloß auf die Straße, jeder in seine eigenen Gedanken versunken?
    Als wir nach einer Stunde eine Pinkelpause machen, laufe ich mit meiner Kamera über den Rastplatz und versuche, interessantes Füllmaterial festzuhalten. Ich filme Tom von hinten, wie er gegen einen Baumstamm pullert. Milo und Robert, wie sie die Landkarte hin und her drehen. Edgar, der sich auf einer Bank ausgestreckt hat und seine Beine baumeln lässt.
    Linda gesellt sich zu mir, wartet, bis ich mit meinen Aufnahmen fertig bin, und fragt dann: »Und? Wie geht es dir so in dem ganzen Jungshaufen hier?«
    »Ganz okay«, antworte ich knapp.
    »Schade, dass im Bandbus kein Platz mehr ist. Wäre schön, wenn du mitfahren könntest.« Sie lächelt mich an.
    »Ja. Das wäre nett.« Ich erwidere das Lächeln und versuche, ihr in die Augen zu sehen.
    »Hey, sag mal, wenn wir heute mal einen Moment Ruhe haben, können wir dann miteinader reden?« Sie dreht eine Locke um ihren Finger.
    Mein Herz rutscht mir in die Hose. »Ja … äh, klar … Worum geht’s denn?«
    »Später. Ich gehe jetzt erst mal zum Snackshop. Soll ich dir was mitbringen?«
    »Nein … nein, ich brauche nichts.«
    »Okay.« Sie verschwindet.
    Ich halte Ausschau nach Milo und treffe sofort auf seinen Blick. Einen besorgten Blick. Er muss die Szene beobachtet haben. Ich zucke mit den Schultern, um ihm zu signalisieren, dass ich nicht weiß, was da los ist, aber das lässt ihn nur noch besorgter aussehen.
    Ich kehre zum Auto zurück, verstaue die Kamera im Kofferraum und setze mich auf meinen Platz auf der Rückbank. Alle anderen sind noch draußen, vertreten sich die Beine oder stopfen Sandwiches in sich hinein. Dan sitzt niedergeschlagen auf einer Bank und tritt kleine Steinchen aus dem Weg.
    Milo schlendert zu meinem Auto, lehnt sich lässig gegen die offene Tür, sodass ich vor den Blicken der anderen abgeschirmt bin, und stützt seinen Fuß im Rahmen ab.
    »Mach dir keine Sorgen«, flüstert er und drückt heim lich meine Hand.
    »Das sagt du ständig. Nur gerade siehst du so aus, als würdest du dir Sorgen machen.« Ich starre durch die Frontscheibe, sehe immer noch Dan dabei zu, wie er droht, im Selbstmitleid zu versinken.
    Milo folgt meinem Blick und grinst. Wir bleiben eine Weile so, die Finger ineinander verhakt, bis Linda wieder auf dem Parkplatz auftaucht und Milo seine Hand wegzieht und sich abwendet, mit dem Fuß im Türrahmen hängen bleibt und dabei fast stolpert. Ich höre ihn kichern, während er sich wieder zu der Gruppe gesellt. Ich schüttle den Kopf und muss auch grinsen.
    »Das ist gefährlich, was ihr da macht«, flüstert Edgar, der unbemerkt an der anderen Tür aufgetaucht ist und die Schlafsäcke zusammenschiebt, um Platz zu schaffen.
    Ich zucke zusammen. »Wir machen gar nichts!«
    »Ich sag’s ja nur.« Er tut, als würde es ihn nicht weiter interessieren, aber ich weiß, dass er sich Sorgen macht. Er will mich nur nicht unter Druck setzen, deshalb sieht er von weiteren Kommentaren ab.
    Ich atme ein paar Mal durch und überlege, ob ich mich ihm anvertrauen soll. Aber ich weiß ja selbst nicht genau, wie man das so in Worte fasst, dass es nicht blöd klingt oder plump oder eben wirklich hinterhältig. Und als ich doch ansetzen … es zumindest versuchen will, kehren Dan und Matse ins Auto zurück, weil die Pause zu Ende ist.
    Wir kurbeln die Fenster herunter, es ist viel zu heiß in dem alten muffeligen Opel. Der Bandbus knattert mit wildem Gehupe an uns vorbei, und Matse hupt zurück, hin und her, bis ein paar Autofahrer missmutig zu uns herübersehen
    »Ich hasse Jugendliche«, sagt plötzlich einer zu seiner Frau, und das sorgt für Lachkrämpfe in unserem Auto.
    »Und ich alte Säcke!«, brüllt Dan, erwacht wieder zum Leben, im Kampf gegen erwachsene Spießer, denen wir zum Abschied gerne den

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