Der Einfaltspinsel
Realitätssinn.
»O Gott, was wird die Familie dazu sagen?«, wimmerte er. »Ich meine, die Familienporträts und alles. Zwei Gainsboroughs und ein Constable. Und das verdammte Mobiliar. O Scheiße! Nichts davon war versichert.«
Entweder schwitzte er heftig oder er weinte. In dem Halbdunkel ließ sich schwer sagen, was von beidem. Er war immer noch betrunken und schwermütig. Mrs. Rottecombe schwieg. Bisher hatte sie für ihn Geringschätzung verspürt; jetzt empfand sie nur noch tiefste Verachtung. Mit diesem Schlappschwanz hätte sie sich nie zusammentun dürfen.
»Wahrscheinlich war die Elektrik schuld«, sagte sie schließlich. »Wann hast du zuletzt neue Leitungen legen lassen?«
»Neue Leitungen? Keine Ahnung. Vor zwölf, dreizehn Jahren. So ungefähr. Die Scheißleitungen sind in Ordnung.«
Der Hauptkommissar unterbrach sie. »Eine schreckliche Tragödie, Mr. Battleby. Ein tragischer Verlust.«
Battleby drehte sich um und musterte ihn streitsüchtig. Ein plötzliches Auflodern in der ehemaligen Bibliothek erhellte sein gerötetes Gesicht.
»Was geht Sie das an? Ist doch nicht Ihr verdammter Schaden«, sagte er.
»Nein, Sir, nicht mein persönlicher. Ich meinte für Sie und die Grafschaft, Sir.«
Die Ehrerbietung des Hauptkommissars war durchsetzt von versteckter Wut. Er würde seine Fragen mit »Sirs« spicken und sich Zeit lassen. Es hatte keinen Zweck, Mrs. Rottecombe auf die Nerven zu gehen. Aber Battleby war jetzt dran: Er wollte sehen, wie der Kerl auf den Dreckskram im Range Rover reagierte.
»Würden Sie freundlicherweise mit nach hinten kommen, Sir?«
»Warum, verdammt noch mal? Warum verpissen Sie sich nicht endlich? Ist schließlich nicht Ihr beschissenes Haus.«
Mrs. Rottecombe griff ein. »Ganz ruhig, Bob, der Inspektor möchte doch nur helfen.«
Der Hauptkommissar ignorierte seine Degradierung. »Es geht um eine Identifizierung, Sir«, sagte er und ließ Battleby nicht aus dem Auge.
Mrs. Rottecombe war bestürzt, doch der betrunkene Battleby verstand ihn falsch. »Was soll die Scheiße? Sie kennen mich bereits. Kennen mich schon seit Jahren, verdammt noch mal.«
»Nicht Sie, Sir«, sagte der Hauptkommissar und machte eine viel sagende Pause. »Es geht um etwas anderes.«
»Etwas anderes, Hauptkommissar?« Mrs. Rottecombe korrigierte ihren Irrtum. Diesmal lag echte Besorgnis in ihrer Stimme.
Das nutzte der Hauptkommissar aus. Langsam nickend ergänzte er: »Eine üble Geschichte, leider. Alles andere als angenehm.«
»Es hat doch wohl keinen Toten gegeben …«
Der Hauptkommissar antwortete nicht. Er führte sie zum Heck des Range Rover, über Wasserschläuche steigend, in ihren Nasen den beißenden Gestank des Qualms. Battleby stolperte hinterher. Mrs. Rottecombe war ihm nicht mehr behilflich. Der Gestank und die düsteren Andeutungen des Hauptkommissars lieferten ihrer Fantasie Stoff genug. Im Dunkeln glich der Range Rover einem Krankenwagen. Mehrere Polizisten standen um den Wagen herum. Erst als sie näher kamen, sah Mrs. Rottecombe, dass es Bobs Fahrzeug war. Das tat er auch und protestierte.
»Was zum Teufel macht der hier draußen?«, wollte er wissen.
Der Hauptkommissar antwortete mit einer Gegenfrage. »Sie schließen den Wagen wohl immer ab, Sir?«
»Natürlich tu ich das. Ich bin doch kein Volltrottel. Ich will ja nicht, dass er gestohlen wird.«
»Und Sie haben ihn heute Abend auch abgeschlossen, Sir?«
»Was glauben Sie denn? Wie kann man nur so dumme Fragen stellen«, sagte Battleby. »Selbstverständlich habe ich ihn abgeschlossen.«
»Nur um sicherzugehen, Sir. Sehen Sie, die Feuerwehrleute mussten das Seitenfenster aufbrechen, um ihn aus dem Weg zu schaffen, Sir.« Es bestand kein Zweifel, welchen Zweck das wiederholte »Sir« hatte, jedenfalls nicht für Mrs. Rottecombe. Es sollte provozieren, und das gelang auch.
»Warum haben Sie das getan, verflucht noch mal? Das ist unbefugtes Betreten von Privatbesitz und Sachbeschädigung. Die hatten kein Recht, in …«
»Weil Sie ihn abgeschlossen hatten, Sir, wie Sie soeben einräumten. Die Feuerwehrautos kamen nicht auf Ihren Hof, Sir«, sagte der Hauptkommissar. Noch eine Provokation. Er sagte es langsam, als erkläre er die Angelegenheit einem zurückgebliebenen Kind. »Und jetzt, Sir, wenn Sie mir freundlicherweise die Schlüssel geben, werde ich …«
Doch Battleby hatte die Nase gestrichen voll. »Leck mich am Arsch, Bulle«, schimpfte er, »und kümmer dich um deinen eigenen Kram. Mein Haus
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