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Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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weniger eine Frage als eine Tatsachenfeststellung.
    Mrs. Rottecombe verlor die Fassung. Und den Kopf. »Das ist eine glatte Lüge!«, schrie sie. Harold hielt den Hörer weiter vom Ohr ab. »Wenn Sie das drucken, verklage ich Sie wegen Verleumdung.«
    »Die Quelle ist gut«, sagte der Mann. »Sogar sehr gut. Wir haben den Anruf zurückverfolgt. Dieser Battleby hat ein Verfahren am Hals. Außerdem steht ihm noch ein Prozess wegen Brandstiftung bevor. Und er hat einen Polizisten geschlagen. Von unserem Informanten wissen wir auch, dass Sie ›Schlagmich-Bobby‹ seit einiger Zeit seine Medizin verabreichen. Das heißt mit Peitschen, und er ist an den Händen gefesselt. Laut unseren Informationen kennt man Sie in der Gegend als ›die ruchlose Ruth Rottecombe‹.«
    Mrs. Rottecombe knallte den Hörer hin. Harold wartete ein Weilchen und hörte den Reporter jemanden fragen, ob sie das auf Band hätten. Die Antwort war: »Ja. Und wir haben auch eine Story. Er ist Schattenminister für die Verbesserung des sozialen Klimas. Pikant ist das richtige Wort, und die Reaktion der Schlampe erhärtet die Infos, die uns die Bullen gegeben haben.«
    Harold Rottecombe legte seinen Hörer auf. Mittlerweile zitterte seine Hand unkontrolliert. Seine gesamte Karriere stand auf dem Spiel. Er ging in die Küche.
    »Ich wusste, dass so was passieren würde!«, schrie er. »Du musstest dich mit diesem Suffkopp einlassen … Schlag-mich-Bobby und die ruchlose Ruth! O Gott. Und dann musst du ihnen noch mit Verleumdung drohen. Was für ein grässliches Fiasko.« Er kippte sich noch etwas Kochbrandy ein. Die Flasche war leer. Mrs. Rottecombe musterte ihn mit eisiger Miene. Macht und Einfluss entglitten ihr rasch. Sie musste irgendeine gesellschaftlich akzeptable Erklärung für ihr Verhalten finden. Dass sie mit dem elenden Battleby unterwegs gewesen war, ließ sich nun nicht mehr leugnen, aber sie konnte jederzeit behaupten, das hätte sie nur getan, damit er nicht seinen Führerschein verlor. Oder war er einfach ein Trinker? Ein Volltrottel, der diese Pornomagazine in seinem Range Rover liegen ließ, wo jeder sie sehen konnte, musste verrückt sein. Hatte er versehentlich auch noch sein eigenes Haus angezündet? Ruth Rottecombe wusste, dass sich echte Alkoholiker häufig unzurechnungsfähig benahmen, und Bob war letzte Nacht sternhagelblau gewesen. Das stand zweifelsfrei fest. Er war verrückt genug gewesen, den Hauptkommissar zu schlagen, und doch … Nicht dass ihr Battleby etwas bedeutete. Sie musste an sich selbst denken und an Harold. Der steckte zwar auch bis über beide Ohren mit drin, dennoch hatte das Mitglied eines Schattenkabinetts Einfluss. Wenigstens zurzeit noch. Irgendwie musste man diesen Einfluss nutzen, um Schadensbegrenzung zu betreiben. Und dann war da noch der Mann in der Garage. Mrs. Rottecombe dachte über dieses Problem nach. Sie musste Harold aus dem Skandal heraushalten. Während der Abgeordnete den Brandy kippte, handelte seine Frau. Sie riss ihm die Flasche aus der Hand.
    »Schluss damit«, herrschte sie ihn an. »Du musst sofort nach London zurückfahren, und wenn du noch mehr trinkst, bist du über der Promillegrenze. Ich bleibe hier und beschäftige mich mit allen weiteren Nachforschungen.«
    »In Ordnung, ich fahr ja, ich fahr ja«, sagte er, doch es war schon zu spät. Ein Auto war in die Auffahrt eingebogen und hatte vor der Haustür gehalten. Zwei Männer stiegen aus, und einer der beiden trug eine Kamera. Fluchend flitzte Harold Rottecombe durch die Hintertür, quer über den Rasen, an dem Swimming-Pool vorbei und über die niedrige Mauer in den dahinter liegenden künstlich angelegten Graben. Da konnte er sich verstecken. Ruth hatte Recht. Man durfte nicht erfahren, dass er aus London zurückgekommen war. Sobald die Reporter wieder weg waren, würde er wie ein geölter Blitz verschwinden. Er setzte sich hin, den Rücken zur Mauer, und schaute über die sanft gewellte Landschaft, wo sich in einiger Entfernung das dunkle Band des Flusses zum Meer schlängelte. Bisher hatte das alles so friedlich ausgesehen. Jetzt nicht mehr.

    Was sich an der Haustür abspielte, sollte seine Befürchtungen bestätigen. Mrs. Rottecombes Einstellung gegenüber Enthüllungsjournalisten hatte sich von heftiger Abneigung zu blanker Raserei entwickelt. Ihr folgten die Kampfhunde Wilfred und Pickles. Die Bullterrier spürten die Unruhe, die das Haus durchzog. Im Erdgeschoss war geschrien worden, das Telefon hatte viel häufiger

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