Der Einfaltspinsel
kann«, sagte die Frau.
»Du Miststück, ich hab gehört, was du eben gesagt hast!«, brüllte Eva.
»Ich? Ich habe gar nichts gesagt. Und ich kriege Sie wegen Beleidigung dran.«
Schließlich bekam Eva Sergeant Yates an den Apparat.
»Spreche ich mit Mrs. Eva Wilt aus der Oakhurst Avenue 45?«
»Was glauben Sie denn, wer dran ist?«, schnauzte ihn Eva an.
»Leider haben wir ziemlich schlechte Neuigkeiten für Sie, Mrs. Wilt. Ihr Mann hatte einen Unfall«, unterrichtete sie der Sergeant. Offensichtlich ließ er sich nur ungern anschnauzen.
»Er liegt im Ipford General Hospital und ist immer noch bewusstlos. Wenn Sie …«
Doch Eva hatte den Hörer schon auf das Telefon geknallt und war, nachdem sie den Vierlingen möglichst bedrohlich eingeschärft hatte, sie sollten sich ausgesprochen gut betragen, unterwegs zum Krankenhaus. Sie parkte und rauschte zur Aufnahme, wobei sie ein Männlein beiseite schob, das bereits da stand.
»Sie müssen warten, bis Sie dran sind«, sagte die junge Frau.
»Aber mein Mann wurde bei einem schweren Unfall verletzt und ist bewusstlos. Ich muss ihn unbedingt sehen.«
»Dann versuchen Sie’s besser in der Notaufnahme.«
»Notaufnahme? Was ist das?«, wollte Eva wissen.
»Dort werden Unfälle versorgt. Gehen Sie am Haupteingang hinaus. Da finden Sie ein Schild«, sagte die Frau und nahm sich wieder des Männleins an.
Eva eilte zur Tür hinaus und wandte sich nach links. Es war kein Notaufnahme-Schild zu sehen. Sie verfluchte die Frau und probierte es rechts. Da war auch kein Schild. Schließlich fragte sie eine Frau mit dem Arm in einer Schlinge und wurde ans andere Ende des Krankenhauses verwiesen.
»Die befindet sich da hinten. Können sie gar nicht verfehlen. Allerdings würde ich da nicht reingehen. Es ist unglaublich dreckig. Überall Staub.«
Diesmal fand Eva die Notaufnahme. Es wimmelte nur so von Kindern, die bei dem Busunglück verletzt worden waren. Sie eilte zurück beim Haupteingang und fand sich plötzlich in einer Art Einkaufspassage wieder, komplett mit Restaurant und benachbartem Café, einer Boutique, einer Parfümerie sowie einem Bücher- und Zeitschriftenkiosk. Im ersten Moment war sie ziemlich wütend. Dann nahm sie sich zusammen und folgte einem Schild mit der Aufschrift »Gynäkologie«. Es gab noch mehr Schilder, die in andere Korridore weiter hinten wiesen. Auf einer gynäkologischen Station würde Henry wohl kaum liegen.
Eva hielt einen Mann in einem weißen Kittel an, der einen ausgesprochen unheimlich aussehenden, mit einem blutbefleckten Tuch abgedeckten Plastikeimer trug.
»Kann jetzt nicht stehen bleiben. Ich muss den Kleinen hier zum Verbrennungsofen bringen. In zwanzig Minuten kommt noch einer.«
»Noch ein Baby? Das ist ja reizend«, befand Eva, die nicht verstanden hatte, was die Formulierung »zum Verbrennungsofen« bedeutete.
Der Pfleger korrigierte sie. »Noch ein verdammter Fötus«, sagte er. »Gucken Sie doch rein, wenn Sie mir nicht glauben.«
Er nahm das blutbefleckte Tuch ab, und Eva schaute in den Eimer. Als der Pfleger weitereilte, wurde sie ohnmächtig und glitt an der Wand hinunter. Gegenüber von ihr öffnete sich eine Tür, und ein junger, ein sehr junger Arzt kam heraus. Dass er Litauer war und erst kürzlich ein Seminar über Fettleibigkeit und Koronarinfarkte besucht hatte, machte es auch nicht besser. Dicke, bewusstlos auf dem Boden liegende Frauen waren für ihn die Chance, seine Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Fünf Minuten später lag Eva Wilt bis auf den Schlüpfer nackt in der Herznotfallstation, bekam Sauerstoff verabreicht und stand kurz davor, mit dem Defibrillator bearbeitet werden. Das machte es auch nicht besser. Sie war nicht lange bewusstlos. Als sie zu sich kam, hob eine Schwester gerade ihre Brüste, um die Defibrillatorelektroden anzulegen. Prompt schlug Eva auf die Frau ein, rollte vom Transporttisch, schnappte sich ihre Klamotten und floh aus dem Raum. Sie spurtete auf die Toilette und zog sich an. Sie war hier, um ihren Henry zu besuchen, und nichts konnte sie aufhalten. Nachdem sie es in mehreren anderen Stationen versucht hatte, latschte sie zurück zur Aufnahme. Diesmal erzählte man ihr, Mr. Wilt befinde sich in Psychiatrie 3.
»Wo ist das?«, fragte Eva.
»Im sechsten Stock am anderen Ende«, behauptete die Krankenhausangestellte, um das grässliche Weib loszuwerden. Eva suchte einen Aufzug, fand keinen und musste in den sechsten Stock hochlaufen, wo sie dann vor der Abteilung
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