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Der einsame Baum - Covenant 05

Der einsame Baum - Covenant 05

Titel: Der einsame Baum - Covenant 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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ganzes Land. Sie besaß nichts dergleichen. »Ich würde alles tun, um ihm zu helfen. Aber ich verfüge nicht über diese Art von Macht.« Nun konnte sie mit dem Reden nicht mehr aufhören; sie hatte das unwiderstehliche Bedürfnis, sich zu rechtfertigen. Ihre Stimme wisperte hinaus in die Nacht, als könne ihr Klang weder See noch Luft erreichen. Doch die sanftmütige Präsenz des Riesen ermutigte Linden. »Alles hat mit Besessenheit zu tun. Lord Foul hat Joan besessen gemacht, um dafür zu sorgen, daß Covenant ins Land kommt.« Joans Gesicht hatte einen Ausdruck räuberischer Bosheit getragen, der Linden noch immer verfolgte. Sie konnte die Gier der Frau nach Covenants Blut nicht vergessen. »Marid war von einem Wütrich besessen worden, um Covenant das Gift zu übertragen. Der na-Mhoram ist von einem Wütrich besessen, der gewährleistet, daß die Sonnengefolgschaft dem Sonnenübel dient. Und dann das Sonnenübel selbst! Foul versucht, das Gesetz des Landes seiner Willkür zu unterwerfen. Er will sich selbst zur natürlichen Ordnung des Landes erheben. Wenn man erst einmal an das Böse zu glauben anfängt, besteht das größte Übel aus dem Besitzergreifen . Es ist eine Verleugnung des Lebens ... der Menschlichkeit. Wovon man Besitz ergreift, dem kommt alles abhanden. Nur weil man meint, es aus Mitleid oder irgendwelchen anderen Gründen tun zu müssen, ändert sich nichts daran, was es ist. Ich bin Ärztin, kein Wütrich.« Sie bemühte sich, ihre hartnäckige Weigerung zu untermauern; aber ihre Worte waren nicht wahr genug, um diese Wirkung zu haben. »Ich müßte in sein Inneres eindringen. Ihn meinem Willen unterordnen. Ihn in meine Gewalt bringen, damit er Diamondraught trinkt und damit aufhört, sich den Leuten zu widersetzen, die ihm helfen wollen. Aber so etwas ist Schlechtigkeit. Auch wenn ich versuche, ihm dadurch das Leben zu retten.« Sie flehte Seeträumer praktisch um Verständnis an. »Während ich in Schwelgenstein war, hat Gibbon mich berührt. Dabei habe ich etwas über mich selbst gelernt.« Der na-Mhoram hatte ihr gesagt, sie sei schlecht. Das war die reine Wahrheit. »In mir ist ein Teil meiner selbst, der es tun will. Ihn unter Kontrolle bringen. Seine Kraft haben. Ich selbst habe keinerlei Kraft, deshalb will ich sie.« Ich will sie. Ihr ganzes Leben lang hatte sie nach Macht gestrebt, nach effektiven Mitteln gegen den Tod. Allein zu dem Zweck, über ihr Erbe hinauszuwachsen und wiedergutzumachen. Wäre sie in Schwelgenstein im Besitz von Covenants Macht gewesen, sie hätte im Namen des eigenen Verbrechens mit Freuden Gibbon die Seele aus dem Leibe gerissen. »Das ist es, was mich hindert. All mein Leben lang habe ich darum gerungen, die Existenz von Bösem einfach zu leugnen. Denn sobald es sich zeigt, kann ich ihm nicht widerstehen.« Sie wußte nicht, wie sie dem Gegensatz zwischen ihrer Hingabe an das Leben und ihrem Sehnen nach der dunklen Macht des Todes jemals entrinnen sollte. Der Selbstmord ihres Vaters hatte ihr einen Hunger eingepflanzt, der einmal von ihr befriedigt worden war und dem nochmals nachzugeben sie sich fürchtete. Es gab keine Lösung für den Antagonismus ihrer Sehnsüchte. Auf ihre Weise war Gibbons Berührung nicht schrecklicher gewesen als der Tod ihres Vaters. Die schwarze Schaurigkeit ihrer Erinnerungen brachten Linden ins Beben; sie war den Tränen nahe.
    »Dennoch mußt du ihm beistehen.« Die herbe Stimme schreckte Linden auf. Sie fuhr ruckartig herum und sah die Erste der Sucher. Linden war so von den Erläuterungen, die sie Seeträumer gegeben hatte, beansprucht und darin vertieft gewesen, daß ihr die Annäherung der Riesin entgangen war; die Erste betrachtete sie mit ernstem Blick. »Wohl bewußt ist's mir, daß dir die Bürde schwer und grausam ist. Ich ersehe es mit aller Klarheit.« Sie wirkte wie eine Frau, die eben erst wild entschlossen eine Entscheidung gefällt hatte. »Doch die Suche ist in seine Hand gelegt worden. Sie darf nicht scheitern!« Mit einer schwungvollen Bewegung zückte sie ihren Pallasch, hielt ihn, als wolle sie Lindens Zustimmung mit blankem Stahl erzwingen. Bestürzt drückte sich Linden rücklings an die Reling; aber die Erste beugte sich vor und legte die Waffe zwischen ihnen beiden aufs Deck. Dann straffte sie sich wieder, richtete ihren von Forderungen erfüllten Blick erneut auf Linden. »Besitzt du die Kraft, um meine Klinge zu führen?« Unwillkürlich senkte Linden ihre Augen auf den Pallasch. Das Schwert glänzte hell

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