Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Einsatz

Der Einsatz

Titel: Der Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
Vom Netzwerk:
lesend in ihrer Suite. Ihr Gast, der sich nie auch nur seiner Kleidung entledigt hatte, saß währenddessen in einem Sessel. Als es dunkel wurde, führte sie den Iraner nach oben in das Restaurant auf der Dachterrasse des Hotels Aziz. Unter ihnen funkelten die Lichter Nord-Teherans, und die Nachtluft war erfüllt vom Duft der Blumen, die im Garten des Hotels blühten. Das Paar bestellte ein opulentes Menü, und zwischen den einzelnen Gängen vertrieben sich beide die Zeit mit Handytelefonaten, wie Geschäftsreisende das eben so tun.
    Jackies erster Anruf ging an einen jungen Mann aus dem Jemen, der ebenfalls an diesem Tag im Iran eingetroffen war. Sein richtiger Name lautete Marwan, doch sie nannte ihn Saleh. Sie sprach ihr vom deutschen Akzent eingefärbtes Englisch mit ihm und beschränkte das Telefonat darauf, die Verabredung für den kommenden Vormittag zu bestätigen. Dann zog sie ein anderes Handy aus der Handtasche und rief einen Friseur an, der seinen Salon im Penthouse des Hotels Simorgh hatte, der neuesten und schicksten Adresse der ganzen Stadt, um für den kommenden Tag einen Termin zu vereinbaren.
    Als das Essen kam, flirtete sie halb auf Deutsch, halb auf Englisch mit dem Iraner, und ehe beide die Dachterrasse am späteren Abend wieder verließen, traten sie gemeinsam zu den Bäumchen hinüber, die den Rand der Terrasse zierten. Während sie die vielen Millionen winziger Lichtchen betrachtete, aus denen Teheran von hier aus zu bestehen schien, lehnte Jackie sich an einen der hölzernen Kästen, in denen die kleinen Büsche standen. Niemand sah, wie sie einen schmalen Gegenstand aus der Handtasche zog und ihnin die Erde des Blumenkastens steckte, so tief, dass nur noch das äußerste Ende herausragte. Dann verließ sie die Terrasse und ließ ihre Funkantenne unsichtbar zurück.
     
    Marwans Flug aus Doha verzögerte sich aufgrund eines Sandsturms, und als die Maschine der Qatar Airways schließlich am Imam Khomeini Airport landete, konnte Marwan zunächst kein Taxi auftreiben. Der Flughafen lag so weit vom Zentrum entfernt, dass die Fahrer nur ungern Passagiere mitnahmen, denen sie nicht mindestens das Doppelte oder Dreifache des normalen Fahrpreises abknöpfen konnten. Mit seinem billigen Anzug und seiner grellen Krawatte verkörperte Marwan den typischen arabischen Gauner, der einen Taxifahrer eher selbst übers Ohr haut, als auf seine Tricks hereinzufallen. Doch schließlich hielt doch noch ein Taxi für ihn an, und der Fahrer erklärte sich bereit, ihn beim Hotel New Naderi in der Nähe der Jomhuri-ye-Eslami-Straße abzusetzen.
    Das Hotel war ein großes, baufälliges Gebäude mitten im Geschäftsviertel der Innenstadt. Die Hauptsitze der großen iranischen Banken   – Melli, Sepah und Tejarat – befanden sich nur wenige Straßen weiter nördlich. Marwan hatte ein preiswertes Einzelzimmer auf seinen Decknamen Mustafa Saleh reserviert: Es ging auf einen Hof hinaus, der im Grunde kaum mehr als ein Belüftungsschacht war. Im Iran hatte man keine große Schwäche für Araber, vor allem nicht für Leute aus dem Jemen, die nach Teheran kamen, um möglichst schnell möglichst viel Geld zu machen.
    Marwan packte den Inhalt seines kleinen Koffers in dieSchubladen der hölzernen Kommode, dann öffnete er das Fenster, um ein wenig zu lüften. Selbst wenn man sein Zimmer überwacht hätte, wäre doch niemandem der schmale Stab aufgefallen, den er dicht neben dem Fensterrahmen an der Außenmauer anbrachte. Damit war der zweite Schnittpunkt des Kommunikationsnetzes installiert.
    Der Geschäftsreisende aus dem Jemen nahm sein Abendessen in einem kleinen Restaurant an der Sa’di-Straße ein. Er trug ein Handy bei sich, das man in London so konfiguriert hatte, dass es nun die Hochleistungsantenne draußen an der Hotelwand ansteuerte und von dort Kontakt zu einem Satelliten im All aufnahm. Beim Abendessen erhielt Marwan einen kurzen Anruf von einer Frau, dann rief er seinerseits ein drittes Handy an, das genauso konfiguriert war wie seines und das der Frau. Der Anruf wurde nicht entgegengenommen, und Marwan hinterließ keine Nachricht. Er wusste ja, dass sein Bruder aus Pakistan unterwegs war.
     
    Hakims Ankunft in Teheran hatte sich durch die ganz normalen Realitäten des iranischen Alltags verzögert. Er war von Pakistan aus ins Land gereist und hatte die Grenze bei Mirjaweh im Osten des Landes überquert. Dort war er in einen Bus der iranischen Busgenossenschaft Nr.   8 gestiegen, dessen Strecke über die

Weitere Kostenlose Bücher