Der Einsatz
langweiligen Festakten versammelten. Vor langer Zeit, als die CIA noch unangefochten die Nummer eins unter den Mächtigen der USA war, musste dieser «Campus» am Potomac Allen Dulles und seinem Zirkel als Inbegriff moderner Eleganz erschienen sein, doch inzwischen war er nur noch ein Mahnmal der Mittelmäßigkeit. Jeder Dozent an einer noch so durchschnittlichen Universität konnte mehr Elan für seinen Job aufbringen als das Spionagekorps der CIA.
Der Direktor spielte mit einem seiner Schiffsmodelle herum, als Harry eintrat. Es war ein Schlachtschiff mit langem, breitem Rumpf. Anscheinend hatte er auf Harry gewartet. Fox saß auf dem Sofa und mit dem Rücken zum Fenster. Er hatte das Sakko ausgezogen und trug seine grüngestreifte Ivy-Club-Krawatte wie ein geheimes Erkennungszeichen für alle anderen Princeton-Absolventen, die ihm zufällig über den Weg liefen. Auf seinem Gesicht lag ein säuerlicher Ausdruck, als hätte er eben etwas gegessen, das ihm nicht gut bekommen war.
«Harry Pappas, von den Toten auferstanden», bemerkte er trocken. «Tut mir leid zu hören, dass Sie krank waren. Wir haben Sie vermisst.»
«Davon bin ich überzeugt, Arthur. Aber vermutlich habenSie es dann doch ganz gut geschafft, allein klarzukommen.»
«Immer mit der Ruhe, Kameraden», mischte sich der Direktor ein. «Wir sind hier doch alle eine große glückliche Familie. Arthur und ich sprachen eben darüber, wie wir mit den neuen Richtlinien umgehen sollen, die uns das Weiße Haus bezüglich des Iran gegeben hat.»
«Und was heißt das genau?», fragte Harry. «Falls ich das überhaupt wissen darf.»
«Auch das haben Sie verpasst», warf Fox ein. «Der Nationale Sicherheitsrat hat gestern eine weitere Besprechung einberufen. Man hat nach Ihnen gefragt und wünscht Ihnen gute Besserung und alles, was dazugehört …»
Harry schenkte Fox keine Beachtung. Er wirkte wie ein lästiger Hund: Je lauter er bellte, desto größer wurde der Wunsch, sich ein Gewehr zu nehmen und ihn abzuknallen.
«Das Weiße Haus will an die Öffentlichkeit gehen», sagte der Direktor. «Es will die neuen Beweise für das Atomwaffenprogramm in einer großen Pressekonferenz zur besten Sendezeit präsentieren, und zwar in einer, höchstens zwei Wochen. Und anschließend wollen sie ein Embargo gegen den Iran verhängen. Erst eine See- und dann auch eine Luftblockade.»
«Wie damals bei der Kuba-Krise», meinte Harry.
«Ganz genau», bestätigte Fox.
«Wollen sie die Sache nicht erst vor die Vereinten Nationen bringen?», fragte Harry.
«Nein. Zu viele schlechte Erinnerungen. Kein Mensch will noch so einen Colin-Powell-Auftritt.»
Harry schüttelte den Kopf. Die grobe Marschrichtung hatte er ja geahnt, doch dieses Tempo machte ihm große Sorgen.
«Wie viele Details über das Raketenprogramm will das Weiße Haus denn bekannt geben?»
Obwohl die Frage eigentlich an den Direktor gerichtet war, antwortete Fox: «Wir werden alles präsentieren, was wir haben. Anordnung von Appleman.»
«Aber das, was wir haben, ist alles andere als eindeutig. Und unseren Mann wird es das Leben kosten.»
«Das ist nicht zu ändern. Kollateralschäden.»
Harry wandte sich wieder an den Direktor, der inzwischen mit einem anderen Schiffsmodell spielte, einem U-Boot , das aussah wie eine stahlgraue Knackwurst. «Sind Sie auch dieser Ansicht, Herr Admiral?»
Der Admiral nickte mit bedrückter Miene. «Leider ja, Harry. Jetzt geht es hart auf hart. Der Iran muss begreifen, dass wir es ernst meinen.»
«Und was ist, wenn sich der Iran dem Embargo widersetzt? Das wird er nämlich tun. Irgendein durchgeknallter Revolutionsgardist wird sich schon finden, der sich eine Direktverbindung ins Paradies sichern will, indem er eines unserer Schiffe im Golf versenkt. Und was dann?»
«Dann greifen wir natürlich an», sagte Fox.
«Jetzt verstehe ich», erwiderte Harry. «Sie wollen einen Angriff provozieren, damit er Ihnen einen guten Vorwand liefert.»
«Sagen wir doch einfach, das Weiße Haus wäre nicht ganz unglücklich darüber.»
«Verdammte Scheiße!», rief Harry. «Das ist ein ganz gewaltigerFehler. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Sie das falsch interpretieren, Herr Admiral.» Der Direktor schwieg. Harry konnte nicht sagen, was sein Vorgesetzter tatsächlich empfand, hatte aber den Eindruck, dass sich die Gefühle des Direktors mit den seinen deckten.
«Wissen Sie was, Harry?», mischte sich Fox wieder ein. «Es spielt gar keine Rolle, was Sie denken. Es ist
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