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Der Einsatz

Der Einsatz

Titel: Der Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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bis das Team zurückkehrte. Angeschnallt, mit eng anliegenden Sonnenbrillen, die ihre Augen vor Sonne und Wind schützten, saßen sie alle im Hubschrauber. Kaum jemand sagte etwas, jeder war mit sich selbst beschäftigt. Karim trug einen verschmutzten Overall, unter dem sich der schwarze Anzug verbarg,mit dem er bei seinem Freund im Forschungszentrum vorsprechen sollte. Jackie, Hakim und Marwan trugen die bescheidene Kleidung muslimischer Pilger. Ihre Waffen und die übrige Ausrüstung hatten sie in zwei Reisetaschen verstaut.
    Der Mitsubishi Transporter wartete im turkmenischen Teil von Sarakhs in einer Garage auf sie. Der Fahrer stand neben seinem Fahrzeug und hatte einen runden, landestypischen Hut auf dem Kopf, der aussah wie eine kunterbunte Kreissäge. Er hatte einen zotteligen Bart und auffallend hohe Wangenknochen: das Gesicht eines Mongolen, der in der Steppe zu Hause ist. Atwans Kontaktmann hatte ihm so viel Geld gegeben, dass er jetzt gehorsam war wie ein zahmer Hund. Hakim und Marwan gingen auf ihn zu und bewegten sich dabei wie zwei Männer, denen das harte Leben auf dem Land Spreizfüße und Rückenbeschwerden beschert hat. Jackie folgte ihnen unterwürfig in ihrem schwarzen Gewand. Alle drei besaßen die Gabe, scheinbar mühelos in eine fremde Gestalt zu schlüpfen. Sie konnten zu allem werden, was die Situation erforderte.
    Der Fahrer sprach ein wenig Arabisch, Hakim ein wenig Türkisch und Marwan ein wenig Farsi, und so gelang es ihnen, sich so weit zu verständigen, dass sie sich einig wurden. Als Letzter gesellte sich Karim Molavi dazu, die wertvolle Fracht. Er hatte draußen vor der Garage noch mit Harry gesprochen, der ihm ein paar letzte Anweisungen mit auf den Weg gegeben hatte. Karim trug immer noch seinen Overall und dazu einen Baumwollhut mit breiter Krempe. Der Fahrer hatte keine weiteren Informationen zu diesem geheimnisvollen Passagier, stellte aber auch keine Fragen. So, wieKarim gekleidet war, ging er gut als ausländischer Wanderarbeiter durch, der sich nach Westen einschmuggelte, um dort auf Arbeitssuche zu gehen.
    Der Fahrer hob den Rücksitz an und zeigte Karim den Hohlraum, in dem er die dreistündige Fahrt verbringen würde. Dann drückte er ihm eine große Flasche Mineralwasser in die Hand, klopfte ihm ruppig auf die Schulter und überließ ihn seinem Schicksal. Karim kauerte sich in Embryohaltung zusammen. Groß, wie er war, dauerte es eine Weile, bis es ihm gelang, seine Glieder so zu ordnen, dass es nicht allzu unbequem für ihn war. Dann klappte der Fahrer den Sitz wieder über ihm zu.
    Anschließend sah er sich die Dokumente der drei anderen Passagiere an, musterte eingehend Fotos und Stempel und unterzog die Seiten mit den Visa sogar einer doppelten Prüfung. Schließlich nickte er augenzwinkernd, als wollte er sagen: «Gute Arbeit», und grinste mit nahezu zahnlosem Mund. Das einzig Vertrauenerweckende an ihm war die Tatsache, dass er offensichtlich durch und durch käuflich war und Atwan ihm mehr gezahlt haben musste als jeder andere.
     
    Der Mitsubishi rumpelte durch den turkmenischen Teil von Sarakhs bis zur Grenze, die die an der alten Seidenstraße gelegene Stadt in zwei Teile schnitt. Dort brachten sie fast eine Stunde zu. Die Turkmenen stellten kein großes Problem dar: Sie waren ausreichend geschmiert. Doch als sie auf der iranischen Seite waren, führte der Fahrer seine drei sichtbaren Passagiere in ein Kontrollhäuschen, wo sie sichin eine Schlange mit mehreren Dutzend anderer Reisender einreihen mussten, die allesamt nach Tabak und Schweiß stanken. Da es weder Ramadan noch Muharram war, blieb die Zahl der Pilger einigermaßen überschaubar, was für die Grenzpolizisten allerdings nur hieß, dass sie sich noch mehr Zeit lassen konnten als sonst. Der Fahrer händigte ihnen die Pässe seiner Passagiere aus und erklärte in gebrochenem Farsi, sie seien Pilger, ein pakistanischer Schiit aus Lakhnau mit seiner jungen Frau sowie ein Zaidit aus dem Jemen. Der iranische Grenzbeamte würdigte die drei kaum eines Blickes. Die beiden Männer sahen dumpf und abgerissen aus, und die Frau existierte ohnehin nicht. Der Stempel landete auf den Pässen, und damit waren sie abgefertigt.
    Dann begab sich der Fahrer zur Zollkontrolle. Er reichte dem Zollbeamten seine Fahrzeugpapiere, in denen zusammengefaltet die üblichen zehn Dollar lagen, doch an diesem Tag war noch ein weiterer Mann im Dienst, der ebenfalls seinen Anteil verlangte. Nach einigem Murren und Knurren zog der

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