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Der Einsatz

Der Einsatz

Titel: Der Einsatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Ignatius
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einen seltsamen Eindruck machten. Seine Familie hatte dort eine Farm im Busch betrieben, bis sein Vater ermordet worden war. Verwandte hatten Adrian nach England geholt und ihm einen Platz in Rugby besorgt. Nach seinem Abschluss dort bekam er ein Stipendium am Corpus Christi College in Oxford, wo gewisse Dozenten, die damals nebenbei Ausschau nach Nachwuchs für den SIS hielten, auf ihn aufmerksam wurden. Hauptsächlich interessierte sie die Tatsache, dass Winkler die in Uganda weitverbreiteten Niger-Kongo-Dialekte fließend beherrschte. Über seine sprachlichen Fähigkeiten hinaus registrierten sie, dass der junge Mann dringend einen Vater brauchte, was ihn wie keinen Zweiten für den SIS prädestinierte.
    Von Winklers Büro aus hatte man einen phantastischen Blick auf Pimlico und die Victoria Station am anderen Ufer der Themse sowie auf die weiter flussabwärts gelegene Westminster Abbey und die Houses of Parliament. Winkler bedeutete Pappas, er solle sich auf das Sofa setzen, und zog sich selbst einen Sessel heran. Der große graue Block von Whitehall, wo die britische Regierung saß, lag knapp zwei Kilometer entfernt versteckt hinter den hohen Gebäuden am Flussufer.
    «Du siehst aus wie durch den Wolf gedreht», bemerkte Winkler. Was Harrys Zustand ziemlich treffend beschrieb. Er hatte dunkle Augenringe und ein ungesund blasses Gesicht.
    «Ich habe im Flugzeug kein Auge zugemacht», erwiderte Harry. «Ich habe es mit einem Schlummertrunk probiert, aber der hat auch nicht geholfen.»
    Er war zu müde für unverbindliches Geplauder, und außerdem wollte er vermeiden, dass Winkler irgendwie auf Alex zu sprechen kam.
    «Ich möchte dich um einen Gefallen bitten, Adrian, und ich dachte, ich komme lieber gleich persönlich vorbei, damit du mich auch ernst nimmst.»
    «Ich nehme dich doch immer ernst, Harry. Das ist eine meiner Lebensregeln. Worum geht es?»
    «Iran.»
    «Wie nett. Der Iran ist ein weites Feld. Könntest du vielleicht etwas präziser werden?»
    Harry legte den Kopf schief, als wollte er seinen alten Freund noch einmal abschätzen. Dann beugte er sich zu ihm hinüber und winkte ihn näher heran.
    «Was ich dir jetzt sagen werde, ist nur für dich bestimmt. Ich meine natürlich für dich und Plumb. Ansonsten darf es niemand erfahren, solange wir nicht das Okay dazu geben. Ist das für dich akzeptabel?»
    «Nein. Aber es bleibt mir wohl nichts anderes übrig.»
    «Richtig. Und sollte das doch herauskommen, werde ich persönlich dafür sorgen, dass du bis ans Ende deiner Tage niemals wieder ein Geheimnis von Uncle Sam erfährst.»
    «Donnerwetter! Da kriegt man ja richtig Angst. Dann schieß mal los. Wie können wir dir im Iran behilflich sein?»
    «Wie viele Leute habt ihr gerade in eurer Botschaft in Teheran?»
    «Einen.»
    «Ich dachte, es wären zwei.»
    «Einer ist gerade nach Hause gekommen. Seine Frau hatte eine Eileiterschwangerschaft. Sie wäre fast gestorben. Erbekam Angst um sie und wollte nach Hause. Schade um ihn. Er war ein richtiges Sprachgenie, wir hätten ihn im Iran gut gebrauchen können.»
    «Habt ihr denn Undercoveragenten dort?»
    «Hin und wieder jemanden, der ein- oder ausreist, so wie ihr auch. Aber nicht viele.»
    «Könnte euer Mann in Teheran etwas für uns tun? Der eine, der noch dort ist?»
    «Kommt darauf an, was es ist.» Winkler sah seinen Freund fragend an. «Ihr habt jemanden am Haken, richtig? Einen guten Fang. Gratuliere. Und jetzt braucht ihr unsere Hilfe, um mit ihm in Kontakt zu treten. Ist es das?»
    «So ungefähr. Nur ein bisschen komplizierter.» Harry machte wieder eine Pause.
    «Gott, Harry! Also wirklich! Du bist ja noch verschlossener als meine Töchter.»
    «Okay. Es geht um das, was ich dir letzte Woche in meiner Nachricht mitgeteilt habe. Wir haben einen iranischen Überläufer. Nur, dass er nicht in der Realität übergelaufen, sondern über unsere Website mit uns in Kontakt getreten ist. Wir wissen immer noch nicht, wer er ist. Aber er hat Zugang zu sehr gutem Material. Vielleicht sollte ich auch sagen, er scheint Zugang zu haben. Er nennt sich Doktor Ali, aber wir haben keine Ahnung, wie er richtig heißt.»
    «Wo arbeitet er?»
    «Auch das wissen wir nicht genau, aber aufgrund der Informationen, die er uns geschickt hat, können wir sein Tätigkeitsfeld in etwa einschätzen. Du kannst dir ja denken, was es ist, immerhin musste ich auf Befehl von ganz oben binnen vierundzwanzig Stunden hierherfliegen.»
    «Das Atomwaffenprogramm. Sie haben es

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