Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
so ärgert, dass der Brand Manager immer vorne ist, wo diese Wochenenden im Grunde völlig unwichtig sind. Aber es hat ihn aufgeregt, und zwar sehr, als Brais Arjona gestern der Schnellste war, der geistig Beweglichste … Kurz gesagt, der Schlaueste. Der sogar Octavi und Sílvia beim Lösen logischer Aufgaben übertraf, bei einer Art teuflischem Zeitvertreib, den sich diese affigen Trainer ausgedacht hatten. Und was am Anfang so aussah, als würde es eine Kanufahrt, eine rein spielerische Aktivität ohne Stress, war zu einem Wettrennen geworden, denn Brais, der mit Amanda paddelte, legte es darauf an, ihn und Sílvia herauszufordern. Die hatte einfach mitgespielt, und wie zu erwarten hatten sie, weit abgeschlagen, verloren. Auf halber Strecke hatte ihr Kanu auf einmal Kreise beschrieben statt einer geraden Linie, und als sie es schließlich auf Kurs gebracht hatten und ans gegenüberliegende Ufer kamen, mussten sie Arjonas wölfisches Grinsen ertragen. Selbst Sílvia konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen: »Bei der nächsten Aufgabe weiß ich, wem ich mich anschließe.« Nun denn, der Zufall hat es gewollt, dass sie zu Brais’ Gruppe gehört, aber den Sieg bedeutet das noch lange nicht.
Er hört etwas und dreht sich auf dem Pfad um. Gaspar, der Angestellte aus der kaufmännischen Abteilung, kommt den Hang hinaufgekeucht, genau wie er selbst eben. César kennt ihn nicht allzu gut, ein weiteres Kriterium, das die Firma manchmal berücksichtigt, wenn es daran geht, die Leute für ein solches Programm auszuwählen. Doch in den anderthalb Tagen, die sie zusammen sind, ist er ihm sympathisch gewesen. Nachsagen kann man ihm allenfalls, dass er ein bisschen langweilig ist, weichlich. Er streckt die Hand aus, hilft ihm das letzte Stück hoch.
»Harter Aufstieg, was?«, sagte er zu ihm und lächelt. »Ich hoffe, wir kriegen danach was Ordentliches zu essen.«
Gaspar nickt, außer Atem, und kneift die Augen zu, geblendet von der Sonne. Die Wolke ist weitergezogen und hängt jetzt über dem Schuppen, taucht den Hintergrund in ein stürmisches Graublau. Was für ein Anblick: ein aufgewühlter Himmel, kurz davor, seine angestaute Wut über einer primitiven Hütte auszuschütten, die einen so kümmerlichen Eindruck macht, dass sie es wohl kaum überstünde. Rechts davon, dieses Landschaftsbild begrenzend, steht der Baum. Riesig, unerschütterlich. Sturmfest. Gaspar Ródenas, der ein Fernglas mitgenommen hat, hält es sich vor die Augen, um das Bild zu genießen.
»Wahnsinnswolke. Hast du gesehen? Mensch, und auf einmal war es Nacht. Jetzt verzieht sie sich wohl. Ich glaube, wir sollten zu der Hütte gehen und sehen, was es da gibt, bevor …«
César schweigt, als er merkt, dass Gaspar ihm nicht nur nicht zuhört, sondern überrascht aufschreit. Er nimmt das Fernglas herunter, setzt es wieder an und stellt das Bild scharf, ohne ein Wort, als sähe er etwas Unglaubliches.
Und noch bevor er ihn fragen kann, was es dort so Interessantes gibt, hört César Stimmen zu seiner Linken und sieht, der Verzweiflung nahe, dass Arjona und seine Gruppe, alle vier zusammen, quer über das Feld auf die Hütte zugehen. Sílvia schaut herüber und grüßt ihn, und César, der sich auf einmal fühlt wie ein Schulkind, rennt in dieselbe Richtung. Brais späht kurz nach ihm und rennt ebenfalls los, gefolgt von Amanda.
César will stehen bleiben. Er weiß, dass er verloren hat – sie sind näher und auch schneller – und dass die Demütigung nur umso größer ist, weil er es bei aller Aussichtslosigkeit noch versucht hat. Aber er kann nicht anders. Lächerlicher wäre jetzt nur noch, wenn er stolperte und auf dieNase fiele. Plötzlich verfängt sich sein rechter Fuß in etwas, was aus dem Boden ragt, einer tückischen Wurzel, die dort nur existiert, um ihn fertigzumachen, und sein ganzer Körper schießt nach vorn. Dass er es fast vorhergesehen hat, hilft ihm, den Sturz mit beiden Händen abzufangen. Immerhin ein kleiner Trost für sein Ego, das malträtierter ist als seine armen Knie.
Er bleibt einen Moment auf dem Boden liegen, reglos, und hört Gaspars Stimme, nervöser als sonst:
»César … César, ist alles in Ordnung?«
Er kann nicht sofort antworten. Allein der Gedanke, den Kopf zu heben und diesem fröhlichen oder, schlimmer noch, mitleidigen Blick von Sílvia zu begegnen, beschämt ihn, doch als er es schließlich tut, ist da kein Blick. Niemand beachtet ihn. Die vier anderen scheinen, genau wie Gaspar, hypnotisiert von
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