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Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Der einzige Ausweg: Ein Barcelona-Krimi (suhrkamp taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonio Hill
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Werkseinstellung, aber sie hatte es nicht am selben Tag gekauft.«
    »Kümmer dich am besten um beides. Zu viele ungeklärte Fragen.«
    Roger Fort nickte, und zu Recht ahnend, dass dies bedeutete, er möge das Büro verlassen, ging er rasch hinaus.
    »Héctor«, sagte Savall, als sie allein waren, »nicht dass ich etwas dagegen hätte, in dieser Sache die Presse einzuspannen. Aber sei vorsichtig. Wir könnten Schwierigkeiten bekommen.«
    »Ich weiß. Aber ich glaube, diesmal müssen wir uns keine Sorgen machen.«
    »Gut, ich vertraue dir.« Für Savall war die Besprechung beendet, doch als der Inspektor schon an der Tür war, meinte er noch: »Es freut mich, dich wieder in Hochform zu sehen, Salgado.«
    Héctor blieb stehen, und der Kommissar sagte, sehr ernst, wenn auch in einem Ton, der eine gewisse Zuneigung nicht verhehlte:
    »Mir ist bewusst, wie es dir an die Nieren gegangen ist, dass ich dir die Sache mit Ruth aus der Hand genommen habe. Und glaub mir, es tut mir leid, aber ich hatte keine andere Wahl. Ich konnte nicht zulassen, dass einer meiner besten Männer sich derart verbeißt.« Er wartete, dass Salgado etwas sagte, und fuhr dann fort: »Manchmal muss man ein Kapitel abschließen, so hart es auch sein mag. Es ist mir nicht leichtgefallen. Du weißt, ich habe dich immer unterstützt, selbst in den schlimmsten Momenten, und sowohl meine Frau wie auch ich haben euch immer sehr geschätzt … Dich und Ruth.«
    Und als er ihren Namen hörte, wurde Héctor sich bewusst, dass er seit Stunden, vielleicht seit Tagen nicht mehr an sie gedacht hatte. Es war absurd, aber das Gefühl war da: Er hatte sich versprochen, sie nicht zu vergessen. Er wusste nicht, was er dem Kommissar antworten sollte, also ging er wortlos hinaus, hin zu Fort. Am Ende des Flurs erkannte er, mit dem Rücken zu ihm, eine weibliche Gestalt, die er für Lola hielt. Doch dann drehte die Frau sich um, und es war nicht Lola, es war Mar Ródenas.

32
    Mar sah auf einem Kommissariat so fehl am Platz aus, dass Héctor lieber draußen mit ihr sprach, und so lud er sie in ein Café ein, irgendwo in der Nähe. Außerdem konnte er auf dem Weg eine rauchen.
    Als sie dann an einem Tisch saßen, vor sich jeweils einen Kaffee, der ihre koffeinfrei, zog Mar Ródenas die Zeitung mit Lolas Artikel hervor. Er hätte es ahnen müssen, dachte Héctor. Auch wenn darin weiterhin von Selbstmord die Rede war, musste die Tatsache, dass es nun drei Suizide innerhalb weniger Monate waren, bei den Hinterbliebenen zu Unruhe führen, und die Miene von Mar Ródenas war ein getreuer Spiegel dieses Gefühls.
    »Was bedeutet das, Herr Inspektor?«, fragte sie ohne Umschweife, wenn auch mit dünner Stimme.
    »Ich wünschte, ich könnte es dir sagen«, sagte er, »aber bisher wissen wir nicht viel mehr als das, was dort steht.«
    »Aber … Der Artikel scheint anzudeuten, dass …«
    Hoffnung, dachte Héctor. Nichts anderes lag in ihrem Blick. Hoffnung, dass das, was sie bis zu diesem Tag als gegeben hingenommen hatte, vielleicht nur ein Trug war. Hoffnung, dass ihr Bruder am Ende doch kein Familienmörder war, sondern ein Opfer. Er wollte die Hoffnung nicht noch schüren, konnte die Wahrheit aber auch nicht leugnen.
    »Die Ermittlungen werden wieder aufgenommen. Das ist das Einzige, was ich dir sagen kann.«
    Er hielt es für ausreichend. Zumindest war es für Mar eine offene Tür, ein Weg zu einer anderen Wirklichkeit, anders als diese schmerzvolle, mit der zu leben sie gezwungen war.
    »Haben Sie Geschwister, Herr Inspektor?«
    »Ja.« Er führte die Antwort nicht weiter aus. Ein älterer Bruder, der lieber wegschaute, wenn einen der eigene Vater windelweich prügelte, war sicher nicht das Beispiel, das Mar im Sinn hatte.
    »Gaspar war einige Jahre älter als ich.« Sie lächelte. »Manchmal war er schlimmer als meine Eltern. Er hat mich nie aus den Augen gelassen.«
    Héctor war gerne bereit zuzuhören. Ganz offensichtlich hatte diese junge Frau das Bedürfnis, von ihrem Bruder zu sprechen, von dem Jungen, der sie in der Schule beschützte und zu Hause mit ihr schimpfte, von dem jungen Mann, der in ihrem Kopf wenig zu tun hatte mit jenem, der bei der Familientragödie gestorben war. Mar sprach immer weiter, immer lebhafter, als könnte sie sich zum ersten Mal seit Monaten an diesen Erinnerungen erfreuen. Und ohne dass er es sich vorgenommen hätte, erzählte auch Héctor am Ende von seiner Kindheit in Buenos Aires.
    »Entschuldigung«, sagte Mar. »Sie haben bestimmt

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