Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
Vom Netzwerk:
netter zu dir zu sein?
    Unnötig.
    Aber, aber, aber, sagte Kopp. Aber es war beschlossen.
    Gut. Dann werde ich sie auch nicht mehr sehen.
    Unnötig. Und du kannst es auch nicht.
    Ich kann es nicht, du aber schon?
    So ist es.
     
    Aber ich kann dich zum Bahnhof fahren, sagte Flora. Wenn du das willst.
    Zug fahren, wie jeder normale Mensch? Von Wollen konnte nicht die Rede sein, aber ich werde es machen. Danke, Flora.
     
    Hast du vielleicht noch ein Pfefferminz für mich? Ich stinke aus dem Maul wie eine Kuh aus dem Arsch.
    Das Pfefferminz war scharf, es trieb ihm Tränen in die Augen. Mit Tränen in den Augen taumele ich auf den Zug zu.

    Abfahrt 12:31, Ankunft 14:38. Der Zug hatte die Stadt noch nicht verlassen, als sich Darius Kopp in sein Schicksal fügte. Was soll’s. Der Tag ist verloren, da kann man nichts mehr machen. Korrektur (die Version des guten Sohnes): Der Tag ist für die Firma verloren, kann man nichts machen. Dafür haben wir gestern einiges in Bewegung gebracht und gehalten. Und werden es morgen wieder tun. Das Heute überbrücken wir mit Zuversicht und Prothesen. Ist das Bürotelefon auf das Handy umgestellt? Ja. Wir stehen stets zur Verfügung, auch wenn wir einen Außentermin haben. So ist es. Wir haben einen Außentermin. Als Zeichen dafür tragen wir einen Anzug, eine Krawatte und ein silbernes Köfferchen. Notfalls können wir auch Namen nennen. Ein ehemaliger Klassenkamerad, Clint, wie Eastwood, ja, aber Neumann, arbeitet bei der Stadtverwaltung. (Wassergebühren, und wir haben ihn zuletzt vor 2 Jahren gesehen, aber egal.) Als die interessanten Ausblicke (Stadtrand, Seen, Segelschiffe etc.) vorbei waren und Wald und Felder anfingen, schaltete Kopp den Laptop ein.
    Mr. Kopp berichtet an Mr. Mills. Dear Anthony (cc. Sandra, cc. Bill), hiermit berichte ich über die neuesten Entwicklungen: The Armenians did actually pay. Nicht alles, aber. Cash. Leider gibt es bürokratische Komplikationen. Ich würde gerne die Verantwortung etwas streuen … Nein, und außerdem kannst du das auf Englisch gar nicht ausdrücken. … There are of course possibilities, über diese sollte man reden, ich würde in diesem Fall nicht gerne alleine entscheiden bzw. kann es gar nicht. Schlage vor, die Buchhaltung in The Staates um Rat zu fragen. With kind regards, Darius.
    Im Anschluss verbrachte Kopp einen beträchtlichen Teil der Fahrt damit zu versuchen, diese Mail zu verschicken, indem er mit seinem Handy eine Verbindung zum Internet herstellte. Ohne Erfolg. Die Gründe können mannigfaltig sein. Das
Bluetooth im Handy oder im Laptop funktioniert nicht, oder es funktioniert auf beiden Seiten, trotzdem können sie einander nicht finden, oder sie können einander finden, aber das Netz ist zu schwach oder zu schwankend. Kopp insistierte lange, fluchend. Im Vierersitz schräg gegenüber saß ein Mann, der sah ihm auf den ersten Blick ähnlich. Auch er hatte einen Laptop und ein Handy dabei. Außerdem eine Flasche Bananenmilch. Lange Zeit taten sie so, als würden sie einander nicht sehen, jeder schrieb auf seinem Laptop. Als Kopp nicht zu fluchen aufhörte, schaute der Mann herüber zu ihm, so lange, bis Kopp ihn bemerkte. Kopp schaute zurück, sah die Bananenmilch, das Wasser lief ihm im Munde zusammen. Er packte ein - Vorher die Mail in die Entwürfe, nicht, dass sie beim nächsten Mal Online-Gehen unkontrolliert versendet wird - und suchte nach dem Speisewagen.
    Im Regionalexpress gibt es keinen Speisewagen, aber einen Snackpoint. Im Snackpoint gab es Croissants, das ist wohl nicht immer so, eine Sondergeschichte. Von Croissants wirst du nicht satt, Kopp kaufte trotzdem nicht mehr als zwei. Mit Marmelade gefüllt, denn mit Schokolade gab es keine.
    Er war gerade in der Mitte des zweiten Croissants angekommen, als durchgesagt wurde, dass man in wenigen Minuten in seinem Zielort einfahren werde. Kopp mochte es nicht glauben, sollten tatsächlich schon 2 Stunden vergangen sein? Das wäre eine kleine Freude wert gewesen, aber kaum dass sie sich hätte entwickeln können, wurde sie auch schon wieder zunichte gemacht, denn als Kopp auf die Uhr sah, um nachzuprüfen, wie spät es tatsächlich war, passierte es: Er geriet mit der offenen Marmeladeseite des Croissants an sein Hemd. Rote Marmelade, weißes Hemd. Kopp fluchte gotteslästerlich. Hektisch mit einer Serviette abtupfen, damit wenigstens keine Stückchen kleben bleiben, während der Zug schon bremst,
man das Gleichgewicht verliert, mit den Rippen gegen die Theke

Weitere Kostenlose Bücher