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Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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Hallo?! Kathryn, is it you?
    Taube Stille.
    Er nahm das Telefon vom Ohr, sah aufs Display. Dunkel. Das Telefon war aus. Es war: aus.
    Habe ich das Letzte nur geträumt? Seit wann träume ich das hier?
     
    Draußen war böiger Wind, es war wärmer als im Zug, dennoch bekam Kopp Gänsehaut. Sie blieb auch im Taxi, er rieb seinen Rücken am Sitz.
    Am Strand klapperten die Sonnenschirme, die Schals an den Himmelbetten wehten. Er bat das Taxi, 5 Minuten zu warten.
    Flora war nicht da.
    Sie ist nach Hause, sagte Melania. Ihr ging’s nicht gut. (Leise, fast nur als stumme Lippenbewegungen, dabei sind wir nur zu zweit:) Sie hat ihre Tage.
    Kopp setzte sich zurück ins Taxi, dachte eine Minute lang nach, dann ließ er sich zum Büro fahren.
     
    Um diese Zeit ist keiner mehr im Foyer, keiner auf der Etage. In einem (mutmaßlich) (so gut wie) leerem Hochhaus zu sein, brachte Darius Kopp, weil es nicht anders möglich ist, wieder ein wenig Freude. Als wäre ich Herr über etwas. Stehe an meinem Fenster, wie ein Feldherr auf dem Hügel. Draußen, unten: das Gewühl des Volks.
    Sie gehen ins Kino. Sie gehen in Restaurants. Sie gehen ins Konzert, ins Musicaltheater, in den Club. Sie gehen ins Casino, sie gehen ins Bordell. Und du? Dabei bist du müde. Nach Hause,
ausruhen. Nein, sondern deine Frau trösten. Wie kannst du jetzt nicht nach Hause gehen und deine Frau trösten?
    Weil ich zu müde dafür bin! Allein schon der Gedanke, sich wieder in ein Fahrzeug welcher Art auch immer zu begeben … Der einzige Ort, dem ich im Moment gewachsen bin … Und außerdem muss ich noch was tun! Ich muss was tun! Nur weil ein neues Problem auftaucht, verschwinden nicht alle anderen aus der Welt, Marlene (Mutter, Flora)! Ich brülle nicht! Im Gegenteil, ich halte den Mund fest geschlossen. … Eine halbe Stunde. Sie wird es nie erfahren.
    Als er sich vom Fenster wegdrehte, sah er, dass der gelbe Kreditkartenbeleg auf dem Pfad lag. Kopp seufzte, hob den Zettel auf, warf ihn zurück auf die Sortierablage. Der Beleg rutschte wieder vom Haufen herunter und blieb auf dem silbernen Koffer liegen, der schon in seiner Aussparung lag. Kopp seufzte erneut, öffnete den Koffer, entnahm den Laptop, stellte den Koffer unter den Tisch. Jetzt lag der Beleg dort, wo der Laptop hin musste. Er stellte den Laptop drauf. So.
    Er überwand die Bereitschaft, gleich wieder ins Internet zu gehen. Er rief sofort an.
    Die Nummer ist: + 1-307-272-6500.
    Es klingelte 5 x, how is it going, Kathryn, Bill, is it allright, es klingelte 2 x intern, how is the weather in sunny Sunny … ein Knacken, rasches Tuten, die Verbindung war weg.
    Kopp sah den Hörer an, als würde er so etwas das erste Mal sehen. Er horchte noch einmal daran, bevor er auflegte. Kontrolliert, damit auch wirklich aufgelegt war. Hob ab, wählte erneut.
    Es klingelte, es wechselte ins interne Klingeln. Jeweils 5 x. Und dann, diesmal leise, so leise, dass man es kaum mehr hören konnte: tutututututututututut …
    Kopp war fassungslos. Nein, ich habe wirklich nicht damit
gerechnet. Ich habe es deutlich gehört: Mister Bower’s office. Nicht geträumt und nicht deliriert. Ich bin vielleicht chaotisch, vielleicht auch übermüdet und überspannt, aber halluziniert habe ich noch nie in meinem Leben und werde es auch nicht!
    Weil ihm sonst nichts einfiel, was er jetzt hätte tun können, klappte er doch wieder den Laptop auf. Das kleine Klicken, wenn die Verriegelung aufgeht, das Knacksen, wenn der Bildschirm aufgerichtet wird. Der Anblick des dunklen Bildschirms ist mir fast zu viel. Schnell einschalten, damit Licht wird.
    Welcome, Willkommen. Auf der Firmenseite bewegte sich die blaue Flash-Animation im Banner, sonst nichts. Kopp ging auf die Newsseite. Ist in den letzten paar Stunden über irgendetwas Maßgebliches berichtet worden? Was sagen die Breaking News über World, Weather, Entertainment? Bin ich - zum wiederholten Male - der 999 999ste Besucher einer Website? Das freut mich, Idioten. Ist ein Vulkan im Kongo ausgebrochen? Schmilzt das Eis der Polkappen? Wartet man in Kalifornien auf den »Big One«? Aber, wie es scheint, ist es heute noch nicht so weit. Die Wetter-Webcam der South Peninsula Hebrew Day School zeigt im Vordergrund Bäume, im Hintergrund kahl wirkende, rötliche Berge, der wolkenlose Himmel darüber etwas trüb, das ist der Smog, denn über das Wetter heißt es, es sei 69 degrees, fair. Gestern waren es 70 degrees, partly cloudy. Von unserem sandfarbenen Bungalow in der Vorstadt gibt

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