Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman
vereinbarungsgemäß um 9 zur Arbeit im Büro in einem Charlottengrader Hochparterre. Sie zog die hölzernen Rollläden hoch. Leider den gebrochenen zu hoch. Wenn das passiert, muss man auf einen Stuhl steigen, mit einem Besenstiel gegenhalten und den Rollladen wieder befreien, sonst kann man ihn am Abend nicht wieder schließen. Einbrechern ist Tür und Tor geöffnet. Sie quälte sich lange damit, klemmte sich die Hand ein, war schweißüberströmt.
Sie schaltete die drei steinzeitlichen Computer ein. Sie frühstückte einen Tee, einen Apfel und eine Banane. Anschließend begann sie, eine Kassette mit Diktaten in Englisch, Deutsch und Französisch abzutippen.
Der Chef mit dem Hund kam gegen elf.
Während sie vor ihm stand, um ihre Aufgaben für den Tag entgegenzunehmen, kam der Hund und steckte seine Nase unter ihren Rock. Er steckte seine Schnauze in jene herzförmige Aussparung, wo sich die Pobacken Richtung Scham
öffnen. Der Hund wedelte mit dem Schwanz, der Chef lachte. Sie schrieb sich eine Liste mit den Aufgaben und pinnte sie an die Wand, um sie nicht zu vergessen oder durcheinanderzubringen. Sie tippte wieder, sie nahm Telefonate entgegen. Übrigens können wir selber nicht mehr raustelefonieren, wir sind im Verzug mit der Rechnung.
Sie durchforstete die Rezensionen für einen Film, den sie vermarkteten, und stellte Pressezitate zusammen.
Totale Scheiße, sagte der Chef und erklärte es ihr noch einmal. Es geht nicht darum, die vernünftigsten Sätze herauszusuchen, sondern die plakativsten, und zwar, bitte, aus den bekanntesten Zeitungen, und nicht aus irgendwelchen Provinzblättern, wo junge Frauen wie du sitzen, die vielleicht schlau sind, nur dass das vollkommen irrelevant ist.
Er führte den Hund aus. Als er wiederkam, sagte er, sie solle hinausgehen, Hundefutter und Zigaretten kaufen. Sie tat es.
Sie gab Hundefutter in den Napf und stellte einen Eimer unter die kaputte Spüle.
Bitte entferne deinen Zu-Erledigen-Zettel, es kommen Gäste, die geht es nichts an, was du arbeitest.
Der Regisseur ging auf die Fünfzig zu, es sollte sein dritter abendfüllender Film werden. Er hasste dafür die gesamte Menschheit: Ah, die Chefsekretärin!
Während der Regisseur beim Chef war, kam der Hund zu ihr, legte seinen Kopf in ihren Schoß und sah sie an. Sie streichelte seinen Kopf.
Chef und Regisseur kamen wieder aus dem Chefbüro und der Hund erbrach sich vor ihre Füße. Die Kotze des Hundes war rötlich, sie traf den linken Schuh des Regisseurs und Floras rechten. Der Regisseur schimpfte wie ein Rohrspatz. Taschentuch! schrie er. Sie rührte sich nicht. Wenn sie losgegangen wäre, hätte sie das Erbrochene über das ganze Parkett verteilt.
Aber wer sollte sonst gehen? Der Chef starrte eine ganze Weile in die Situation, bis er begriff, dass nur er gehen konnte. Er schnitt eine Grimasse, bevor er es tat. Er brachte Papierhandtücher, reichte sie dem Regisseur. Dieser putzte sich unter ununterbrochenem Geschimpfe den Schuh ab, verbrauchte dafür alle mitgebrachten Tücher, warf die verschmierten Knäuel in den Papierkorb (eins fiel daneben).
Chef, Regisseur und Hund zogen ab, Flora stand immer noch da, mit dem rechten Schuh in der Kotze. Sie musste doch noch eine rötliche Spur hinter sich herziehen, auf ihrem Weg zur Kammer, in der Eimer und Feudel aufbewahrt wurden.
Später rief ein Gläubiger an, sie gab die Unwissende.
Später kam ein Bote, er musste über den im Türrahmen liegenden Hund steigen, der nach seiner Hose schnappte. Sie entschuldigte sich.
Gegen 19 Uhr war das Werbefax fertig. Merke: E-Mails liest heutzutage kein Mensch mehr, für Briefe haben wir kein Geld, mit einem Fax hast du noch die Chance, aufzufallen. Nachdem der Chef seine Lektion erteilt hatte, kündigte er an, mit einer Freundin essen zu gehen, Flora sollte so lange die Faxe verschicken, dafür solle sie die Telefondose im Lager benutzen, die bereits zur angrenzenden Wohnung gehöre und deswegen noch funktioniere.
Das Faxgerät war alt, nahm nicht mehr als 10 Nummern auf einmal an. Sie rechnete aus, wie lange es auf diese Weise dauern würde, bis sie alle versendet hatte: die halbe Nacht.
Sie machte sich aus ihrem Mantel ein Lager und legte sich neben das Gerät, da ihr vom Bücken der Rücken wehtat.
Später fand sie der Chef auf dem Mantel schlafend vor. Er roch nach Essen, Rotwein, Zigarre. Er stauchte sie zusammen, es waren noch lange nicht alle Faxe verschickt.
Sie bat in aller Höflichkeit darum, diesen rüden
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