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Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman

Titel: Der einzige Mann auf dem Kontinent - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luchterhand
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Es liegt nicht in Ihrer Hand. Es liegt in der Hand Ihrer Frau. Es geht darum, es geht immer darum, einen Weg zu finden, nicht zu verzweifeln. … Jetzt schauen Sie doch, um Himmels willen, nicht so erschrocken drein!
     
    Hallo Schatz, wie geht es dir? fragte Kopp und strahlte über das ganze Gesicht.
     
    Ich habe mich geschämt für diese Frauen, für die Frau, von der sie erzählten, für das kleine Mädchen in der Ecke und schließlich für mich selbst. Weil es mir so wehtat. Mein ganzes Leben lang schon. Es kostet mich meine gesamte Energie, diesen Schmerz niederzuhalten. Warum? Weil ich leben will.
    Das will ich auch. Lebe mit mir.
    Sie sah ihn an.
    Ich meine es ernst: Heirate mich.
    Sie schaute nur.
    Natürlich, sagte er. Entschuldige. Er zog die Hose an seinem rechten Bein hoch, bevor er in den Kniestand ging. Beziehungsweise, bevor ich das tue, solltest du fairerweise wissen, dass ich
gerade meinen Job verloren habe. Wir sind aufgelöst worden. Tutto kompletto, die ganze Bande. Und jetzt, noch einmal: Ich kann und will ohne dich nicht leben. Heirate mich, bitte.
    (Seid ihr verrückt?! In so einer Situation heiratet man nicht! Und überhaupt: So was vererbt sich doch! - Ja. Ebenso wie Asthma.)
    Sie heirateten nur im Beisein von Juri und einem Freund von ihrer Seite, zu dem der Kontakt mittlerweile abgerissen ist. Sie gingen in ein spanisches Restaurant. Zwei der Männer aßen Kampfstiersteak, einer Pollo ajillo, Flora aß Austern und einen Vorspeisenteller als Hauptgericht. Die Bedienung war eigentlich Studentin und machte ihre Sache mehr schlecht als recht. Der Höhepunkt war, als sie einen der Teller nicht von rechts, oder meinetwegen von links servierte, sondern über den Kopf des Bräutigams auf den Tisch zu heben versuchte, wobei etwas Soße auf sein schon damals schütteres Haupt tropfte. Sie entschuldigte sich tausend Mal, rannte weg, rannte wieder her, und noch ehe irgendjemand am Tisch etwas tun oder sagen konnte, war sie dabei, Kopps Glatze mit einem rosafarbenen Schwammtuch abzuwischen, mit dem man sonst, mutmaßlich, die Tische wischte. Die ganze Bande lag selbstredend unter dem Tisch. Zum krönenden Abschluss gab es keinen Café con leche y leche, denn eine der Leches, die normale Milch nämlich, war sauer geworden. Wenn diese Ehe nicht im Himmel geschlossen worden ist, dann weiß ich auch nicht.
    Tatsächlich ging es ab da wieder - Langsam, langsam, so dass auch unsre Seelen Schritt halten konnten - aufwärts. Das folgende Jahr, das sie beschäftigungslos miteinander verbrachten, war für Kopp das bis dahin glücklichste in ihrer gesamten Beziehung, ja, möglicherweise in seinem Leben. Sie lebten von der Hand in den Mund und besuchten viele Friedensdemonstrationen. Sie kochte jeden Tag sehr gesundes
und schmackhaftes Essen, und Kopp nahm das erste Mal seit 10 Jahren ab.
    Später fand er wieder Arbeit, sie blieb weiterhin zu Hause. Eine Weile führten sie eine traditionelle Hausfrauenehe (Dacht’ ich’s mir doch. Tut so, als könnte sie keinen Eimer Wasser umschubsen, dabei blablabla …) und Kopp wurde noch glücklicher, da er sich um nichts kümmern musste, was in den privaten Bereich fiel. Sie las wieder viel. Wie war dein Tag? Ich habe das und das gelesen. Hasenbau. Wenn ein Reisender in dunkler Nacht. Kleiner Mann was nun. Manches - »die leichteren Sachen« - legte sie ihm neben seine Seite des Betts. Er las nie etwas davon. Bevor der Turm umfiel, räumte sie ihn weg. Sie stand morgens um 6 auf und ging abends um 10 ins Bett, so dass er die »Wie war dein Tag«-Frage meist am Telefon stellte, in der leeren Stunde, die jeden Nachmittag im Büro entsteht. Seit dem Tag ihres Kennenlernens telefonieren sie jeden Tag, egal, ob sie sich am Morgen oder am Abend gesehen haben oder sehen werden. Circa am Jahrestag ihres Zusammenbruchs sagte Flora dann, so wolle sie nicht weitermachen. Ich habe jetzt endgültig beschlossen, nicht mehr zu leiden.
    Großartig, sagte Kopp, der natürlich keinerlei Vorstellung davon hat, dass so etwas nicht möglich ist. Sie nahm, im Zeichen ihres neuen Lebens, einen Aushilfsjob in einem Coffee-Shop an, das irritierte ihn etwas, aber sie erklärte es ihm. Ich denke, meine Würde so eher bewahren zu können.
    So leben sie seitdem. Man könnte sagen: in Balance. Manches bleibt heikel. Eine Weile läuft es gut, dann passiert wieder etwas -
    Sie ruft in Tränen aufgelöst an, weil die Nachbarin mit ihrem Kind geschrien hat - Ich habe beim Jugendamt angerufen, sie reden mit

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