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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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bedeutet aber nicht, daß ich im Ernst so etwas in meinem Bericht schreiben würde. Ich muß damit ja warten, bis ich die toxi… ja, also die Giftanalysen und das bekommen habe.«
    »Was ist plötzlicher Kindstod?«
    »Das ist… möchtest du eine lange oder eine kurze Geschichte?«
    »Eine kurze. Am liebsten etwas, was auf dreißigjährige LKW-Fahrer bei guter Gesundheit zutrifft.«
    »Dreißigjährige Lastwagenfahrer von guter Gesundheit sterben schon qua definitionem nicht an plötzlichem Kindstod. Es bedeutet, daß die Atmung aus Gründen aufhört, die… ja, bei Säuglingen läßt sich das erklären, aber nicht bei Dreißigjährigen. Was hast du eigentlich herausgefunden? Der Teufel soll dich holen, wenn du mir meinen Jagdausflug vermasselst. Ich will nämlich morgen früh fahren!«
    Inzwischen hatte Eino Niemi sein Selbstvertrauen zurückgewonnen. Nicht nur, weil dieser Professor Jäger war und ein normaler Mensch zu sein schien, sondern weil er sich wie eine ehrliche Haut anhörte.
    Er blätterte in seinen Notizen und erhielt schnell eine Bestätigung für das, was er schon vermutet hatte. Die verschiedenen Aber bei der Beschreibung von Lasse Holmas Herz und Lungen deuteten darauf hin, daß die Atmung plötzlich aufgehört hatte und daß er deshalb erstickt war. Die direkte Todesursache war vielleicht gewesen, daß er an halbverdauten Nahrungsresten erstickt war – nein, wenn sich in seiner letzten Mahlzeit Gift befunden hätte, hätte man Spuren gefunden. Er hatte also aus bislang ungeklärten Gründen plötzlich nicht mehr geatmet.
    Nein, nicht ertrunken, natürlich nicht. Es gab keinerlei Spuren von Wasser in den Lungen. Mit einem Kissen oder etwas Ähnlichem hatte man ihn auch nicht erstickt, dann hätten sich in den Lungen charakteristische Spuren gefunden. Aber auf jeden Fall hatte die Atmung plötzlich aufgehört.
    Anschließend erzählte Eino Niemi von den Manövern des Lastwagens, also von der letzten Fahrt des Mannes, der kurz darauf gestorben war.
    Die Frage war am Ende sehr einfach. Wenn jemand den Lastwagenfahrer Lasse ermordet hatte, um etwas zu stehlen, was, wovon man wohl ausgehen konnte, sich irgendwo in der Multbeerenladung befunden hatte – vermutlich waren es nicht die Multbeeren selbst –, wie hatte er es angestellt?
    Das war die letztlich wichtige Frage. Denn ihre Antwort würde einen Multbeerendiebstahl, eine in Haparanda eher unwichtige Angelegenheit, zumindest aus der Sicht der Kriminalpolizei, in einen Mordfall verwandeln.
    Um diesen Diebstahl gewissermaßen zu adeln und zum Gegenstand einer Mordermittlung zu machen, waren wissenschaftliche Beweise nötig, und nur der angehende Rehjäger Anders Eriksson würde diese bürokratische Veränderung der polizeilichen Arbeit bewirken können.
    Als das Gespräch beendet wurde, versprach der Pathologe, sich sofort der Frage anzunehmen, in der Hoffnung, die Rehjagd in Sörmland trotzdem noch zu retten.
    Sie hatte ihn wegen der von ihm gewählten Art des Reisens ein wenig gehänselt. Auf dem Flug von Stockholm nach Paris war alles nach seinen Wünschen gegangen. Sie hatten sehr beengt inmitten schreiender Kinder hinter einem Vorhang gesessen und in Plastik verpacktes kaltes Essen bekommen. Sie konnte diese Geste nicht recht ernst nehmen und machte sich über ihn lustig, jagte ihn mit verbalem Geschick und mit Hilfe von Argumenten, wie sie für Juristen so typisch sind, von einer Ecke in die andere:
    Und wie, wie genau sollen sich die sogenannten gewöhnlichen Leute davon beeindrucken lassen, daß der Berater des Ministerpräsidenten Touristenklasse fliegt? Ist es nicht vielmehr so, daß sie eher denken werden, daß er auf eigene Rechnung fliegt und nichts weiter als geizig ist?
    Er hatte sich gut gelaunt gewehrt und eingewandt, wenn sie hier mit schreienden Kindern zu tun hätten, hätte ihnen das in der Business Class genausogut mit reichen schreienden Kindern passieren können. Einen akustischen Unterschied zwischen reichen und armen Kindern gebe es nicht, ihre Biologie funktioniere genau gleich. Doch, meinte Tessie, die Gefahr, durch Kinder gestört zu werden, sei in der Touristenklasse größer als in der Business Class.
    Wahr, gab Carl zu. Jedoch hätten sie jetzt selbst ein Kind bei sich, wenn auch erst im dritten Monat, und aus diesem Grund verböten sich mißbilligende Bemerkungen über Kinder von selbst. » Objection sustained «, lachte Tessie und warf den Kopf in den Nacken, womit sie deutlich ihre Billigung zum Ausdruck gab. Er

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