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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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angenehm, Ihre kostbare Zeit in Anspruch nehmen zu dürfen!«
    Luigi Bertoni-Svensson hatte eigentlich genug gehört und genug verstanden. Dennoch hörte er sich noch einmal die beiden Bänder an, rief nochmals in Mailand an, um einen Strafverteidiger, einen guten Freund der Familie, nach einigen ganz speziellen sizilianischen Gangstervokabeln zu fragen. Der Dialekt auf den beiden Tonbändern war zum Teil sehr schwer zu verstehen.
    Der für den Fall der des Mordes und der Erpressung verdächtigen Italiener zuständige Staatsanwalt hatte für die Verhafteten sämtliche Beschränkungen aufgehoben. Dies bedeutete, daß sie seit einigen Tagen Zeitung lesen und fernsehen konnten, daß sie telefonieren und sogar Besuch empfangen durften. Luigi vermutete, daß der Staatsanwalt sich besonders beeilt hatte, die Beschränkungen aufzuheben, weil die Säpo bei dem Stockholmer Gericht einen Abhörbeschluß erwirkt hatte. Der Beschluß wäre nicht sonderlich sinnvoll gewesen, wenn den Verdächtigen das Telefonieren verboten gewesen wäre.
    Die beiden Mafiosi, die die Möglichkeit genutzt hatten, sich des Telefons zu bedienen, waren erstaunlich offenherzig gewesen. Vielleicht rechneten sie damit, daß sie schon uninteressant geworden waren, da schon Anklage erhoben worden war, vielleicht gingen sie davon aus, daß es der schwedischen Polizei an Möglichkeiten fehlte, ihre Gespräche abzuhören. Wie auch immer: Sie hatten vieles gesagt, viel zuviel, um sich noch sicher fühlen zu können, und für Samuel Ulfssons kommenden Nachtschlaf war es ebenfalls zuviel. Immerhin war er derjenige, der Entscheidungen treffen sollte. Luigi hatte keine Pläne, selbst weiter vorzugehen, ohne seinem höchsten Vorgesetzten zuvor die Lage geschildert zu haben. Angesichts dessen, was früher in bezug auf diese Italiener geschehen war, war Luigi überzeugt, daß Samuel Ulfsson neue private Initiativen nicht billigen würde.
    Um einen besonders überzeugenden Eindruck zu machen, da er sich jetzt entschlossen hatte, nach dem Regelbuch zu arbeiten, schrieb Luigi persönlich die Übersetzung der vier Telefonate nieder und verfaßte anschließend eine detaillierte Analyse dessen, was gesagt worden war. Dem fügte er eine allgemeine Hintergrundbeschreibung dessen hinzu, was gemeint war, und welche Maßnahmen die Italiener wohl besprochen hatten, und beendete das Ganze mit einer Liste denkbarer Maßnahmen. Diese Fleißarbeit mochte vielleicht den Eindruck von übertriebenem Ehrgeiz erwecken, aber im Augenblick war Luigi das lieber als der umgekehrte Eindruck. Mit ein wenig Pech würde er jetzt selbst mit dieser Mafiabande Wand an Wand in U-Haft sitzen.
    Luigis Schlußfolgerungen zufolge waren seine Landsleute, insoweit diese Südländer überhaupt als solche bezeichnet werden konnten, nicht in erster Linie nach Stockholm gekommen, um eine Vendetta von den kriegsähnlichen Auseinandersetzungen des Vorjahres auf Sizilien fortzusetzen.
    Ihr Programm in Stockholm war offenbar ähnlich abgelaufen wie schon vorher in Kopenhagen, Oslo, Berlin, Amsterdam, Rotterdam und anderen Städten, die traditionell weit außerhalb des Tätigkeitsfeldes der sizilianischen Gangster lagen. Sie waren dabei, ein EG-Netz aufzubauen, oder wie man das nennen sollte. Im Spionagejargon konnte man sagen, daß sie in einer Vielzahl neuer Städte eine »Station« aufbauten, eine feste Vertretung, die erst später ernsthaftere kriminelle Funktionen übernehmen sollte. Zunächst ging es nur darum, ein Netz aufzubauen, vorzugsweise mit Hilfe von Restaurants. Diese Geschäftstätigkeit ließ sich leicht aufbauen und überdies leicht mit unversteuerten Einnahmen kombinieren. Überdies konnten die Restaurants für Neuankömmlinge, Brüder und Vettern, eine wirkliche Arbeitsmöglichkeit bieten. Diese Leute würden sich schon bald auf dem integrierten Arbeitsmarkt Europas völlig frei bewegen können.
    Dort unten in Palermo setzte jemand viel Geld ein, um als erster mit einer derart weitläufigen Euro-Repräsentation zur Stelle zu sein. Und jetzt war ein Verwandter dieses Jemand in Stockholm getötet worden. Infolgedessen hatte er seine Pläne schnell geändert.
    Und zwar hatten sich die Pläne geändert, als Sabrini, der entweder tatsächlich so hieß oder nur unter diesem Namen auftrat, mitgeteilt hatte, daß »dieser Mailänder« in Stockholm so gewütet habe. Es war ja seit dem vergangenen Jahr bekannt, daß Hamilton in Sizilien einen Helfer gehabt hatte, der wie ein Mailänder sprach. Damit war

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