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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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die Sache klar. Was man eigentlich nicht hatte vergessen oder ohne Gegenmaßnahmen hatte lassen können, nämlich den Tod mehrerer Familienmitglieder oder Haftstrafen für sie, war jetzt wieder aktualisiert worden. Also gab es grundsätzlich sehr starke Gründe, Hamilton und dessen Bande nicht noch einmal davonkommen zu lassen.
    Luigi lächelte über seine zusammenfassende Formulierung »grundsätzlich sehr starke Gründe«. Auf sizilianisch war das stark von Flüchen durchsetzt und erheblich wortreicher gewesen.
    Diese Menschen folgten offenbar einer eigenen Logik und waren bereit, selbst langwierige Bemühungen, etwas Neues aufzubauen, zunichte werden zu lassen, wenn so etwas wie Rache nötig war oder die Ehre auf dem Spiel stand. Falls sie sich vorgestellt hatten, sich eine Zeitlang relativ unauffällig in Stockholm zu etablieren, und zwar in Erwartung einer glänzenden geschäftlichen Zukunft ohne binneneuropäische Zölle, wäre ein Mord an Hamilton das am wenigsten Unauffällige, was sie überhaupt unternehmen konnten. Der schwedische Staat würde einen neuen unaufgeklärten Mord an einem hohen Tier kaum tolerieren. So etwas wie ein weiterer Palme-Mord war undenkbar. Die Sizilianer würden den größten Polizeieinsatz zu spüren bekommen, den Schweden je mobilisiert hatte, falls sie mit ihren Attentatsplänen Erfolg hatten. Vielleicht begriffen sie es oder ahnten es zumindest. Dennoch waren ihre Fragen der Ehre, ihre »grundsätzliche Einstellung«, wichtiger als praktisches und intelligentes Handeln.
    Vielleicht rechneten sie damit, daß sie sich den Konsequenzen eines Mordes anderswo in Europa ebenso leicht entziehen konnten wie auf Sizilien. Jeder, der in Verdacht geraten konnte, würde zum Zeitpunkt des Mordes über ein einwandfreies Alibi verfügen, und die Mörder würden an ein und demselben Tag ein und ausgeflogen werden.
    Sabrini mußte es irgendwie geschafft haben, aus dem Untersuchungsgefängnis heraus zu kommunizieren, als er noch mit Beschränkungen belegt gewesen war. Denn schon bei seinem ersten Anruf saßen die Mörder im Hotel Sheraton in Stockholm. Sie hatten es sogar schon geschafft, einige Nachforschungen anzustellen. Sie wußten, daß Hamilton sich in der Innenstadt Stockholms nicht in normalen Autos bewegte. Zumindest gingen sie davon aus, daß die Regierungsfahrzeuge gepanzert waren. Sie wußten auch, daß er nicht jedes Mal mit dem gleichen Wagen fuhr, und hatten ihn im Stockholmer Verkehr mehrmals verloren. Hingegen hatten sie sein Landhaus draußen auf den Mälarinseln gefunden und dort sogar das Gelände erkundet. Sie wußten, daß er sich mit der schwedischen Regierungsdelegation in den USA aufhielt und den Zeitungen zufolge am Sonntag nach Hause kommen würde.
    Doch das war nicht richtig. Carl würde aus rein privaten Gründen noch zwei zusätzliche Tage in Washington bleiben. Allerdings konnte man den Mördern kaum vorwerfen, daß sie das nicht wußten.
    Luigi meinte, in rein operativer Hinsicht eine glänzende Ausgangslage zu haben. Wenn er selbst so agieren könnte, wie der Feind es zu tun pflegte, wäre das Problem in einer halben Stunde gelöst: mit dem Tod der beiden eigens importierten Mörder.
    Doch wie sollte man sich angesichts der geltenden Gesetze und Verordnungen verteidigen? Wenn die Polizei die beiden Torpedos oben im Sheraton schnappte, so vermutete Luigi, wäre die Konsequenz nur folgende: Man konnte sie wegen illegalen Waffenbesitzes anklagen, vielleicht nicht einmal deswegen, um sie anschließend höflich nach Arlanda zu bringen und auf Kosten der schwedischen Steuerzahler sogar über Mailand nach Palermo zu fliegen. Vermutlich würden sie schon irgendwo im europäischen Luftraum dem nächsten Team begegnen.
    Es gab nur eins, was auf diesen Feind einen nachhaltigen Eindruck machen würde. Und nicht einmal das war völlig sicher. Wenn die Mörder aber in schwarzen Plastiksäcken nach Palermo zurückkehrten, und zwar vorschriftsmäßig in Zinksärge eingeschlossen, würde zumindest ein Teil der Botschaft deutlich sein: Stockholm ist nicht Palermo. Hier konnten sich sizilianische Gangster nicht wie Fische im Wasser bewegen, hier wurden sie nicht von der angsterfüllten umertà der Umgebung beschützt. Wenn sie den Versuch machten, gegen die schwedischen Streitkräfte auf deren Territorium das Schwert zu ziehen, waren sie tot.
    Luigi erkannte, daß sein Gedankengang an und für sich vollkommen logisch war, erkannte aber ebenso klar, daß ein solches Vorgehen absolut

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