Der einzige Sieg
geben.
Punkt sechs, dachte er mit einer ironischen Grimasse: »Ein solches Vorhaben muß immer als letzter Ausweg angesehen werden.«
Colin Powell war wie sein Vorgänger und guter Freund, Admiral William J. Crowe, kriegerischen Vorhaben gegenüber sehr kritisch eingestellt. Ganz im Gegensatz vermutlich zu den Vorstellungen der Öffentlichkeit waren es in den letzten zehn Jahren die Generäle gewesen, die immer gebremst hatten. Die Politiker hatten gedrängt und das Militär zu jeder Kriegsexpedition genötigt. Das militärische Establishment in Powells und Crowes Generation hatte jedoch auch sehr schmerzliche Erfahrungen mit den Katastrophen gemacht, zu denen es kommen konnte, wenn die Politiker in den Krieg zogen, ohne zu wissen warum oder zu welchen Kosten.
Die Jungs in den Cowboystiefeln, Dick Cheney beispielsweise, möglicherweise auch Baker und vor allem Bush selbst, würden jetzt etwas Zeit zum Nachdenken erhalten, in der sie sich Zurückhaltung auferlegen mußten, bevor sie die Trompeten erschallen ließen. Also Regel sechs. Und da die Hamiltonsche Operation bevorstand, ließ sich sehr entschieden darauf hinweisen, daß die Zeit für den letzten Ausweg noch nicht reif war.
Natürlich gab es politische Komplikationen; wie sehr Colin Powell selbst sich auch bemühte, diese Gedankengänge zu vermeiden, hatte er doch langjährige Erfahrung damit, wie im Oval Office geredet zu werden pflegte. Er erkannte, daß einiges Gezeter jetzt unvermeidlich war. Die USA dürften ihre Verantwortung für die Sicherheit der Welt nicht an Spieler aus der Kreisklasse delegieren, und so weiter.
Was Hamiltons letzte Frage nach den künftigen Kontakten anging, wäre es natürlich angemessen, diese Kontakte auf möglichst niedrigem Niveau zu pflegen. Gern über irgendeinen kleinen Stationschef bei der CIA. Das würde für das Weiße Haus eine ganze Reihe von Problemen lösen, von einfachen, handfesten Problemen. Dabei ging es beispielsweise darum, was der Senat, der Kongreß und vor allem die Presse über ein Zusammengehen mit palästinensischen Terroristen äußern würden.
Wenn das ganze Unternehmen zum Teufel ging, konnte das Weiße Haus die Hände in Unschuld waschen und dann eigene Initiativen ergreifen, am Ende womöglich Krieg anfangen. Vor allem aber konnte man den eigenen Hintern retten.
Wenn die Operation dagegen erfolgreich war, dürfte es keine Schwierigkeit sein, sich selbst die Feder an den Hut zu heften und durchsickern zu lassen, daß man schon Ende Februar begonnen habe, das Problem zu analysieren. Man habe es auf klugen und vorsichtigen diplomatischen Wegen versucht sowie mit nachrichtendienstlichen Aktionen, die aber nur ein erster Schritt gewesen seien. Es würde einem schon etwas einfallen, was immer es sein würde.
Eine Präsidentenwahl rückte näher. Das brachte immer Gefahren mit sich, da Präsidenten, die sich ihrer Wiederwahl nicht sicher fühlen, augenscheinlich dazu neigen, Kriege anzuzetteln. Bis auf weiteres würde es jedoch möglich sein, die Burschen im Oval Office auf dem Teppich zu halten.
Colin Powell stand auf und ging zu seinem wartenden Wagen hinunter. Schon bevor er hinter den dicken Panzerglasscheiben auf den Rücksitz gesunken war, hatte er aufgehört, an seine Arbeit zu denken.
Als Carl vor seinem Hotel an der Pennsylvania Avenue aus der Pentagon-Limousine ausstieg, war er glänzender Laune. Er sprintete die Treppen zur Round Robin Bar hinauf, in der Tessie und der Anwalt ihn erwarteten. Er strahlte eine Kraft und einen Optimismus aus, die Tessie spontan erfreuten und zugleich einen fast betäubend starken Eindruck auf den Scheidungsanwalt aus Kalifornien machten, der genau wie ein Scheidungsanwalt aus Kalifornien aussah: ein glänzender, perfekt geschnittener Maßanzug mit Weste, französische Seidenkrawatte, Bräune aus dem Sonnenstudio und getönte Strähnen im Haar. Dazu viel Training im Fitneßstudio.
Sie begrüßten einander also herzlich und einigten sich schnell darauf, mit dem Essen noch etwas zu warten. Also business first.
Der Anwalt wiederholte summarisch die Voraussetzungen, die er Tessie natürlich schon ausführlich beschrieben hatte.
Die Lage sei in aller Kürze folgende: Man werde behaupten, der freiwillige Vergleich, auf den sich Tessie damals eingelassen hatte, sei ungültig, weil er nicht als freiwillig angesehen werden könne, sondern unter Zwang getroffen worden war. Mrs. Hamilton und ihr damaliger Mann seien beispielsweise von Regierungsagenten wegen des
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