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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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auf meine Fragen zu antworten. Als Sie und Ihre Frau Ihr Verhältnis hier in Kalifornien begannen, waren Sie also Kommunist?«
    »Ja, das kann man sagen. Ich selbst hätte ein anderes Wort gewählt, bin aber überzeugt, daß Kommunist der Begriff ist, den Sie vorziehen würden.«
    »Welchem Begriff hätten Sie den Vorzug gegeben, Mr. Hamilton?«
    »Sozialist.«
    »Aha. Sind Sie immer noch ›Sozialist‹?«
    »Ja, das kann man sagen, glaube ich.«
    »Glaube? Wie darf ich das verstehen? Wissen Sie denn selbst nicht einmal, daß Sie Kommunist sind? Aha. Geheimagenten sind also neuerdings so geheim, daß sie nicht mal selbst wissen, wo sie stehen. Danke! Keine weiteren Fragen!«
    Ein düsteres Schweigen senkte sich auf die Runde. Der Anwalt entschuldigte sich mit einem bedauernden Gesichtsausdruck für sein Theater.
    »Ich wollte nur zeigen, wie es im schlimmsten denkbaren Fall ausgehen könnte«, erklärte er peinlich berührt. »Das tragende Argument wird dann nämlich, ich meine auf Seiten der Gegenpartei, daß man ein Kind nicht einem Kommunisten überantworten kann, und das kann bei amerikanischen Geschworenen sehr schwer wiegen.«
    »Das sehe ich ein«, sagte Carl niedergeschlagen, »aber wenn Sie uns vertreten, sollten sie doch mit anderen Fragen einiges reparieren können?«
    »Natürlich«, erwiderte der Anwalt mit einem Seufzer.
    »Natürlich. Ich würde alles aufzählen, die Ehrenlegion, Ihre SEAL-Schwingen, Ihren vertrauten Umgang mit dem Präsidenten und dem Oberbefehlshaber… Haben Sie keine amerikanische Auszeichnung?«
    »Nein, aber ich kann eine beschaffen«, sagte Carl vollkommen ernst.
    »Aha…«, bemerkte der Anwalt unsicher, »ja, das wäre ja fabelhaft.«
    »Warten Sie einen Augenblick jetzt«, sagte Carl mit gerunzelter Stirn. »Ich muß gestehen, daß ich Sozialist bin. Ich könnte durchaus näher darlegen, auf welche Weise und so weiter, aber angesichts der Voraussetzung, daß ich die Wahrheit sagen muß, ist es einfach so. Wir können auf dieses Problem später vielleicht noch einmal zurückkommen. Ich bin dann jedenfalls ein Sozialist , der als Sicherheitsberater des Ministerpräsidenten in einer konservativen Regierung arbeitet, ein Sozialist, der eine der geheimsten militärischen Ausbildungen durchlaufen hat, die in den USA zu finden sind. Wahrscheinlich bin ich auch der einzige Träger der SEAL- Schwingen, der Sozialist ist. Kurz, es ist ja nicht so, daß man mir kein Vertrauen entgegenbringt.«
    »Durchaus nicht. Es ist aber einfach nur so, daß das bei einem amerikanischen Schwurgericht nicht das geringste bedeutet, wenn sie dieses häßliche Wort hören.«
    »Aber glauben Sie, daß die Gegenseite davon wissen kann, um diese Frage überhaupt zu stellen? Und wenn sie nicht dahinterkommen, ich meine, zu Hause in Kalifornien kann das ja ein bißchen weit hergeholt wirken?«
    »Nun, dann gibt es keine Probleme. Dann haben wir schon in dem Augenblick gewonnen, in dem Sie sich in den Zeugenstand setzen und ich Sie Graf und Flottillenadmiral nenne. Aber das ist mein Job. Das ist der Grund, weshalb Sie so hohe Rechnungen von mir erhalten, hehe. Ich muß nämlich an alles denken. Mr. Matthews fehlt es allerdings auch nicht an Geld, so daß wir auf der anderen Seite einen Mann haben werden, der genauso teuer und clever ist wie ich. Hätte ich von Mr. Matthews den Auftrag erhalten, ihn zu vertreten, hätte ich Ihren Hintergrund in Schweden gründlich unter die Lupe genommen, darauf können Sie sich verlassen.«
    »Und wenn ich nicht als Zeuge aussage?«
    »Dann wird das Risiko noch größer. Wenn man diese Tatsachen aus Ihrer Vergangenheit ausbuddelt, macht man eine Riesennummer daraus, daß Sie nicht auszusagen wagen. Tja, das Ergebnis können Sie sich selbst ausrechnen.«
    »Ich muß also unter allen Umständen aussagen?«
    »Ja, das würde ich schon sagen. Aber da gibt es noch einen unangenehmen Ansatz. Erlauben Sie, daß ich auch den mal ausprobiere, sozusagen als advocatus diaboli ? Wobei Sie nicht vergessen dürfen, daß Sie unter Eid stehen?«
    »Aber ja«, entgegnete Carl mit einem zögernden Lächeln. Er war jetzt bedeutend weniger selbstsicher als vor der ersten Runde.
    »Wie viele Menschen haben Sie getötet, Mr. Hamilton?« fragte der Scheidungsanwalt scharf in seiner Rolle als Vertreter der Gegenseite.
    »Ich weiß es nicht«, erwiderte Carl.
    »Sie haben also sogar selbst die Übersicht verloren?«
    »Nein, das ist es nicht. Ich habe bei militärischen Operationen Menschen getötet,

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