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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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den Betten hatten sie Blickkontakt. Sie gaben einander Zeichen, die Nachtbrillen abzunehmen, und als das geschehen war, schalteten sie an beiden Seiten gleichzeitig das Licht an.
    Mouna brüllte ihre Befehle, worauf die Männer schlaftrunken aus ihren Betten hochfuhren. Jemand griff nach seiner Waffe, erkannte aber, daß es dafür schon zu spät war. Mouna bellte ihre Befehle heraus, deren Inhalt Carl nur erraten konnte, die aber die Wirkung hatten, daß sämtliche Libyer sich auf ihre Betten legten und die Hände im Nacken falteten.
    Carl verfolgte das Ganze, ohne selbst mehr zu tun, als Wache zu stehen. Dann schaltete er sein Mikrophon ein und teilte Göran Karlsson mit, Baracke zwei sei gesichert. Unmittelbar darauf erhielt er die Nachricht, in Baracke eins sei es genauso. Da sie sich auf englisch verständigten, war Mouna damit gleichzeitig im Bilde.
    Einer der palästinensischen Soldaten betrat nun die kleine Kammer, in der sich die Funkanlage befinden mußte. Mit ein paar Schüssen war sie unbrauchbar gemacht. Danach wurden die libyschen Soldaten aufgefordert, sich auf den Fußboden zu legen, während die Angreifer den Raum von Waffen säuberten und die Etagenbetten zur Seite zogen, bis die Gefangenen schließlich in einer Ecke des Raums zusammengepfercht werden konnten.
    Carl bat Mouna, den Gefangenen eine kurze Ansprache zu halten. Sie solle ihnen sagen, der Grund dafür, daß sie nicht tot seien, sei die Tatsache, daß weder Israelis noch Amerikaner angegriffen hätten. Wer die erwiesene Solidarität jedoch mißbrauche, werde auf der Stelle erschossen. Sie entgegnete ironisch, das habe sie schon längst gesagt, und überdies sei es für Libyer nicht schwer, den palästinensischen Akzent zu erkennen.
    Carl rief das Beduinenlager und teilte mit, die Lage sei jetzt unter Kontrolle. Der Herr Experte könne jetzt zu ihnen stoßen. Dann ging er mit Mouna zu dem Gebäude hinüber, in dem sich ungefähr ebenso viele zivile Gefangene aufhielten, wie jetzt in der Militärbaracke von den beiden palästinensischen Soldaten, die sie dort zurückgelassen hatten, in Schach gehalten wurden.
    Es war etwas komplizierter gewesen, das zivile Gebäude einzunehmen, da es in mehrere Wohnungen aufgeteilt war. Dafür waren dessen Bewohner nicht bewaffnet gewesen. Jetzt saßen alle verängstigt, halb angekleidet und nervös in einem Versammlungsraum an dem einen Ende des Hauses und hielten die Hände im Nacken gefaltet.
    Als Carl eintrat, erstaunte es ihn, daß die meisten Anwesenden Europäer zu sein schienen. Er zeigte mit der Hand auf den schon identifizierten Palästinenser Fadi Husseini und befahl ihm auf englisch hinauszugehen. Doch als der Mann sich weigerte, wohl mehr aus Angst als aus anderen Gründen, machte Carl eine beruhigende Handbewegung, sah sich um und fragte, ob alle Englisch verstünden. Zwei der Europäer schüttelten den Kopf, und ein dritter sagte etwas auf russisch.
    »Wie zum Teufel kommunizieren Sie mit den Arabern, wenn Sie kein Englisch können? Ich möchte übrigens die besten Grüße aus Moskau überbringen«, sagte Carl auf russisch und lächelte über das mit Schrecken gemischte Erstaunen seiner Umgebung, bevor er fortfuhr.
    »Wir haben ausdrücklichen Befehl, keine Russen zu töten.« Dann wechselte er ins Englische und erklärte, sie hätten lediglich die Absicht, Kernwaffen zu zerstören, wollten jedoch niemanden töten, da sie, wie gesagt, weder Amerikaner noch Israelis seien. Oder Russen, fügte er mit einem breiten Grinsen hinzu.
    Niemand hatte erstaunt reagiert, als er die Bemerkung über die Zerstörung von Kernwaffen gemacht hatte. Sie wußten sehr wohl, welche Risiken sie eingegangen waren. Und jetzt war das Zweitschlimmste passiert.
    Carl diskutierte kurz mit Mouna und Göran Karlsson, was sie mit den Gefangenen tun sollten. Sie kamen zu dem Schluß, daß es am besten wäre, Seile zu besorgen und sie zu fesseln. Es spielte keine Rolle, daß sie sich so nach einiger Zeit befreien konnten, denn das war ja fast schon beabsichtigt.
    Carl bat jedoch darum, zuvor die beiden russischen Wissenschaftler unter sechs Augen verhören zu dürfen. Mouna erlaubte es mit einem Achselzucken, da sie ohnehin nicht Russisch sprach.
    Carl hob die beiden nicht mehr ganz jungen Männer mit einem Griff in den Nacken hoch, als wären sie Hundewelpen, und schleifte sie in eine angrenzende Kleinwohnung. Er wies sie an, sich auf zwei Stühle zu setzen, die er mitten ins Zimmer zog. Anschließend untersuchte er den Raum,

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