Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
Vom Netzwerk:
erwiderte Carl, als wäre die Sache sehr einfach.
    »Wie weit sind wir bei der Sprengung entfernt?« fragte der zweite Wissenschaftler schnell und besorgt.
    »Ungefähr achthundert Meter. Reicht das?« fragte Carl mit gespielter Lässigkeit.
    »Das kommt auf die Windrichtung an und die nächste Umgebung. Einige Hektar dürften für längere Zeit kontaminiert werden, aber dann hängt viel von der Windrichtung ab«, stellte derselbe Mann fest und blickte seinen Kollegen fragend an. Dieser nickte bestätigend.
    »Gut«, sagte Carl, »wir werden an die Windrichtung denken.« Dann holte er einen palästinensischen Soldaten, der soeben mit der Verschnürung der anderen Gefangenen in dem angrenzenden Raum fertig geworden war, und bat ihn, die beiden Russen voll angekleidet zur Basis im Beduinenlager mitzunehmen und dort zu bewachen. Er suchte Mouna auf und berichtete von der neuen Komplikation. Sie hatte jedoch keine Einwände, da die einzige Alternative die Erschießung der Gefangenen gewesen wäre. Und genau in diesem Punkt hatte sie eine schwache Verhandlungsposition.
    Als Carl auf den Hof trat, stellte er fest, daß die Windrichtung zufriedenstellend war. Auf ihrem Fluchtweg hatten sie mit recht starkem Gegenwind zu rechnen.
    Er rief Göran Karlsson zu sich, und sie zerschossen gemeinsam das Schloß zu dem großen hangarähnlichen Bau, betraten ihn und fanden schnell einen Lichtschalter.
    Die Bombe lag mitten in der Halle wie ein Patient, der auf seine Operation wartet. Die kegelförmige Spitze war abmontiert. Sie traten verblüfft und fast andächtig näher, um zu sehen, was sie verstehen konnten und was nicht. Göran Karlsson zog eine Kamera hervor und schoß eine Serie von Bildern.
    »Da haben wir jedenfalls die Erklärung, was SR bedeutet«, murmelte Carl nachdenklich. »Es ist fast ein bißchen merkwürdig, daß das Ding überall Rostflecken hat. Etwas, was mindestens zehnmal Hiroshima bedeutet, dürfte keine Roststellen haben.«
    »Wieso SR«, murmelte Göran Karlsson geistesabwesend. Er war mit dem Fotografieren fertig. Er stellte sich einen halben Meter vor die Bombe und ließ vorsichtig die Hand sinken. Dann tätschelte er die Bombe, als wäre sie ein Tier.
    »Sie heißt SR-71, und kein Mensch wußte, was das heißt«, murmelte Carl, der von dem Anblick genauso hingerissen war wie Karlsson.
    Eine nur drei Meter lange Metallröhre in zwei Teilen, die dennoch allen Phantasien Hohn sprach.
    »SR-71 wie das Aufklärungsflugzeug Blackbird?« fragte Göran Karlsson.
    »Ja«, erwiderte Carl. »Hier steht die Erklärung. Sowjetskaja Rossija 71 . Die Bombe ist nach Boris Jelzins früherer Sowjetrepublik benannt, und 71 ist wahrscheinlich das Baujahr.«
    Sie schüttelten die eigentümlich andachtsvolle Stimmung ab und machten sich dann daran, die Sprengsätze mit schnellen und geübten Bewegungen an der Bombe zu befestigen.
    Carl prüfte mit einem vielsagenden Blick zu Göran Karlsson, daß die Sprengsätze den per Funk gesteuerten Auslösemechanismen entsprachen; sie hatten die Sprengladungen noch nicht scharf gemacht. Im Augenblick scherzten sie nur ein wenig mit der Ewigkeit.
    Die Arbeit dauerte etwa zehn Minuten. Sie hatten es nicht eilig. In einer bedrängteren Situation und bei einem weniger gefährlichen Objekt hätten sie die ganze Prozedur vermutlich in weniger als einer Minute geschafft.
    Anschließend suchte Göran Karlsson systematisch den ganzen Saal ab und fotografierte alles, was er auch nur im mindesten interessant fand.
    Carl ging hinaus und begab sich zu der Militärbaracke, in der Mouna und zwei ihrer Männer damit beschäftigt waren, die Hände der letzten Soldaten auf dem Rücken zu fesseln und diese nach und nach auf die Ladefläche eines Lastwagens zu verfrachten, den man an die Baracke herangefahren hatte. Die anderen hatten einen Vorrat von Schnürsenkeln für Stiefel gefunden, die sich ausgezeichnet als Fesseln eigneten. Carl sah keinen Anlaß, ausgerechnet hier zu helfen, sagte kurz, er gehe zu den Zivilisten hinüber, um zu sehen, ob man sie irgendwie identifizieren könne. Sie vereinbarten, daß Mouna nachkommen sollte, sobald ihre Arbeit beendet war.
    Die Zivilisten saßen noch in ihrem Wohnzimmer und sahen sich jetzt unter Bewachung CNN an. Der Anblick erschien Carl seltsam komisch. Aber als Ablenkung war das sicher keine dumme Idee.
    Bei CNN ging es immer noch um den Kampf der Welt gegen Libyen sowie um Ghaddafis angebliche Geisteskrankheit.
    »Ich wünsche, daß Sie mir einzeln ihre

Weitere Kostenlose Bücher