Der einzige Sieg
einfaches Sommerhäuschen, eine Art vergrößerte Ausführung einer uralten Zuckerkiste, und stand auf Pfählen und nicht auf einem gemauerten Fundament. Kein Dachboden, kein Keller.
Auf dem Grundstück befand sich nur noch ein Erdkeller, was ein denkbarer und statistisch recht häufiger Ort war.
Es war Rune Jansson, der als erster den Geruch spürte. Und als sie den Brunnendeckel aus Gußeisen zur Seite gewuchtet hatten und in die Dunkelheit hinunterstarrten, sahen sie sofort die tote Frau.
Sie warteten einige vorläufige Erkenntnisse des Pathologen ab (die Frau war totgeschlagen worden, Wunde am Hinterkopf, schwerer Gegenstand), bevor sie den Staatsanwalt baten, den Mann vorläufig festnehmen zu lassen.
Es erstaunte sie etwas, daß sie sich tatsächlich zwei Stunden lang mit dem Täter abmühen mußten, bis dieser gestand. Dann dauerte es noch eine weitere halbe Stunde, ihm ein paar notwendige Ergänzungen zu entlocken, etwa welche Axt er verwendet hatte, wo er sie versteckt hatte, und solche Dinge.
»Du siehst«, sagte Willy Svensén müde, als sie später als berechnet in ihr Hotel zurückkehrten – die Küche war geschlossen, so daß sie nur ein Leichtbier und Butterbrote in Cellophan aus einem Automaten ziehen konnten – »du siehst: Warum nach dem Abseitigen suchen, wenn man sich genausogut um das Wahrscheinliche bemühen kann? Das ist das eine. Das zweite ist das mit dem flachen Land, du weißt schon.«
»Nein, das weiß ich überhaupt nicht«, wandte Rune Jansson mit übertriebenem Dialekt ein. »Jetzt fängst du schon wieder an, du Stockholmer Scheißkerl. Glaubst du etwa, wir auf dem Land seien dümmer?«
»Ach was! Sie kannten den Täter. Netter Bursche, sein Vater war Anwalt, und er selbst studierte Jura. Außerdem war der Alte mit dem Polizeidirektor im Rotary-Club. Na ja, du hast es ja selbst gelesen.«
»Die wollten lieber einen unbekannten Täter«, stellte Rune Jansson fest.
»Genau. Lieber irgendeinen Herumtreiber, gern aus Stockholm. Ein Penner wäre auch nicht schlecht gewesen, alles, aber nicht den, der es tatsächlich war.«
»Und dann kommen diese Superbullen aus Stockholm, die für alle diese Dinge kein Organ haben…«
»Ja. Und jetzt sind wir schon wieder auf der Rückreise, bevor wir überhaupt mit einer richtigen Untersuchung begonnen haben. Gut, was? Du hast doch Kinder?«
»Ja, das ist schon gut, diesmal jedenfalls.«
»Aber du kommst ja schon nach ein paar Tagen nach Hause statt erst nach einem Monat. Du weißt doch, es kann bis zu einem Monat dauern. Ich weiß noch, da gab’s einmal einen… ach, was soll’s.«
Sie nahmen gemeinsam ein Taxi vom Hauptbahnhof zu ihren Büros auf Kungsholmen. Sie hatten schließlich noch einen halben Arbeitstag übrig. Dann ging jeder zu seinem Zimmer.
Sie hatten am Hauptbahnhof jeder eine Abendzeitung gekauft, Rune Jansson Aftonbladet und sein Kollege Expressen , aber keiner hatte sich im Taxi die Mühe gemacht, mit der Lektüre zu beginnen.
Erst nachdem er eine Zeitlang die Post durchgesehen und einige Telefonzettel sortiert hatte, warf Jansson zufällig einen Blick auf die erste Seite von Aftonbladet. Dort befanden sich ein großes Bild von einem alten Bekannten und Schlagzeilen, in denen es um Hinrichtung und Massenmord ging.
Er las die Schlagzeilen und den Text auf der ersten Seite, warf die Zeitung dann aber in der Überzeugung zur Seite, daß wie gewöhnlich nichts wahr sein konnte; Polizisten und besonders Polizisten, die in Mordfällen ermitteln, sind vermutlich die abgehärtetste Berufsgruppe, wenn es darum geht, fehlerhafte Beschreibungen oder wahnsinnige journalistische Theorien dessen zu lesen, womit sie sich selbst befassen.
Er erledigte einige Post, rief zu Hause an und sagte, er werde früher kommen und könne auf dem Nachhauseweg beim Kinderhort vorbeifahren. Als er gerade gehen wollte, läutete das Haustelefon. Es war jemand, den er nicht kannte, vom Gewaltdezernat bei der Stockholmer Polizei, der ihn um einen kurzen Plausch bat. Rune Jansson seufzte, zog sich sein Jackett an und fragte nach dem Weg. Ein Jahr war eine viel zu kurze Zeit, um sich in den verschiedenen Abteilungen der Polizeifestung von Kungsholmen zurechtzufinden.
Carl und Tessie hatten ihr Abschlußdinner schon halb hinter sich, das hauptsächlich aus gegrillten Seekrebsen und der amerikanischen Langustenart bestand. Sie saßen an einem großen Fenster mit Blick aufs Meer. Es war ein warmer Tag gewesen, den sie auf einem gemieteten Motorboot mit
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