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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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diesen Entschluß selbst. Er griff zum Telefonhörer und rief in Stockholm an.
    Bei ihrer Ankunft hatte es den üblichen Empfang gegeben. Große Schlagzeilen in der Lokalpresse, mehr oder minder blutrünstig erwartungsvoll, mehr oder minder feindselig, denn jetzt kamen die Superbullen aus Stockholm, und damit gehe es also um Mord. Und der werde jetzt aufgeklärt.
    Willy Svensén, der zweifelsohne der Erfahrenere der beiden war, hatte sich um die Presse gekümmert und das Übliche verlautbart. Nein, wir sind keine Superbullen, möglicherweise haben wir mehr Morde aufgeklärt als unsere Kollegen, da wir ganztägig damit beschäftigt sind. Nein, wir haben keine Anlagen, so etwas wie Sherlock Holmes zu werden, haben aber mehr Routine und verfügen über bestimmte bewährte Systeme, die hier vielleicht zur Anwendung kommen. Nein, wir haben keinen Verdächtigen, denn wenn es so wäre, wären wir vermutlich nicht hier.
    Dann hatten sie sich am ersten Tag eingeschlossen und die Akten gelesen, ohne dabei viel miteinander zu sprechen. Sie kommunizierten vielmehr durch kleine Signale, gehobene Augenbrauen, in einem einzelnen Fall durch ein unterdrücktes Lachen, durch Räuspern und deutende Zeigefinger, wenn sie einander die Akten reichten.
    Sie waren etwa gleichzeitig fertig geworden. Es war der Kollege Willy, der darauf wartete, daß Rune Jansson mit dem letzten Dokument fertig war. Sie blickten einander forschend an, als wollten sie herausfinden, wer es als erster sagen sollte. Es war dann Willy Svensén, der das Recht des Älteren auf seiner Seite hatte.
    »Er ist es, nicht wahr?« sagte er.
    »Ja«, bestätigte Rune Jansson, »entweder ist er es, oder wir werden nie einen Mörder erwischen. So, dann können wir loslegen. Wollen wir morgen früh anfangen?«
    Sie hatten einige Zeit im Stadthotel gesessen und hin und her überlegt, welche Taktik sie anwenden sollten. Im Grunde gab es da nicht viel zu besprechen. Ihr Mann war derjenige, der bei den Ermittlungen am häufigsten vernommen worden war, und natürlich hatten die Kollegen in Sundsvall diesen Gedanken auch als ersten geprüft. Verlobter, verzweifelter Verlobter, den seine Verlobte verlassen will, was er später bei einer Vernehmung zugibt, als das Thema zur Sprache kommt. Meldet sie selbst als vermißt. Außerordentlich verzweifelt, Seelenkrise, und so weiter, und so weiter. Was natürlich durchaus den Tatsachen entsprechen kann.
    Nun, warum hat seine Mutter sich das Leben genommen, vorausgesetzt, die Hypothese trifft zu, daß er der Mörder war?
    Weil sie es wußte. Weil sie es nicht mehr ertrug, mit dieser Gewißheit zu leben, der gesellschaftlichen Schande? Oder weil sie gesagt hatte, sie werde sich das Leben nehmen, wenn er sich nicht stelle? Ja, etwas in der Richtung.
    Sie würden also damit beginnen, dem Verdächtigen auf den Zahn zu fühlen. Sie erwarteten zwar nicht, daß er gleich zusammenbrach und gestand, obwohl man so etwas nie mit Sicherheit wissen kann. Jedenfalls kaum, weil ein paar Bullen aus Stockholm hier waren, aber immerhin. Es wäre gut, ihn etwas in die Mangel zu nehmen.
    Tja, dann ein paar Erbangelegenheiten, finanzielle Verhältnisse, welche Wohnungen, Grundstücke und solche Dinge, die es in der Familie gab oder gegeben hatte.
    Am ersten Abend hatten sie ihre Überlegungen früh beendet, kurz bevor der Tanz beginnen sollte, und waren auf ihre Zimmer gegangen, um zu Hause anzurufen und im Fall Rune Janssons mit den Kindern zu sprechen, um dann später möglicherweise vor einem flimmernden Fernseher einzuschlafen.
    Am zweiten Abend bewerteten sie ihre Vernehmungen des Verdächtigen und kamen zu den gleichen Schlußfolgerungen. Am dritten Morgen fuhren sie zu dem alten Sommerhäuschen der Mutter hinaus. Bisher hatten sie keinen Anlaß gesehen, das großzügig angebotene Personal der Polizei von Sundsvall anzufordern, das man ihnen zur Verfügung gestellt hatte, was bei den Kollegen mit scheelen Augen aufgenommen worden war.
    Als sie das kleine rote Sommerhäuschen betraten, fiel ihnen als erstes auf, daß schon lange niemand mehr dort gewesen war. Das konnte ein Anzeichen dafür sein, daß sie sich am richtigen Ort befanden. Entweder sollte verkauft oder renoviert werden. Aber der Sohn war nicht einmal dort gewesen. In einer rosa Kunststoffwanne stand uralter Abwasch. Das Wasser war eingetrocknet und hatte braune Ringe und grün angelaufenes Besteck zurückgelassen.
    Sie durchsuchten zunächst das Haus, was schnell erledigt war. Es war ein

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