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Der einzige Sieg

Der einzige Sieg

Titel: Der einzige Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Guillou
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betrachtete diesen eine Weile, bevor er etwas sagte. Der Kollege aus Tornedalen hatte ein aufsässiges Aussehen, das Rune Jansson gefiel. Der Mann war recht klein, hatte eine Stupsnase und einen trotzigen Blick. Dies deutete daraufhin, daß es schwierig sein konnte, mit ihm zusammenzuarbeiten, wenn man den Versuch machte, den Chef, den Superbullen oder den Stockholmer herauszukehren. Nach ein paar Tagen hatte sich das jedoch gelegt.
    »Nun, ich wollte dich bitten, auf einem Feld weiterzumachen, das wir bis jetzt vielleicht mit Absicht vernachlässigt haben«, begann Rune Jansson und bereute seine Worte sofort, da sie sich so förmlich anhörten. »Oder sollten wir zunächst vielleicht über etwas anderes sprechen?« fuhr er fort. Dabei hatte er gar keinen Vorschlag parat, falls die Frage bejaht werden sollte.
    »Ja«, sagte Niemi.
    »Was heißt ja?« fragte Rune Jansson.
    »Ja. Wir sollten zuerst noch über etwas anderes sprechen.«
    »Hast du einen Vorschlag?«
    »Ja, ich möchte gern über Stockholmer sprechen. Ich mag Stockholmer nämlich ganz und gar nicht, nicht einmal dann, wenn es Kollegen sind.«
    »Aha«, erwiderte Rune Jansson abwehrend, »aber ich komme ja aus Östergötland wie der Polizeidirektor.«
    »Ja, das stimmt schon, aber das ist doch wohl das gleiche. Du kannst auch noch Polizeidirektor werden.«
    »Das glaube ich nicht. Ich habe jedenfalls keine Pläne in dieser Richtung«, fuhr Rune Jansson vorsichtig fort. Gleichzeitig ging ihm auf, daß sich die Worte des Kollegen viel härter anhörten, als sie gemeint waren. Hier oben sprachen die Menschen auf eine andere Weise, direkter.
    »Ich will auf jeden Fall etwas sagen, was ich mir vorgenommen habe«, fuhr Eino Niemi fort, bevor Rune Jansson Abwehrmaßnahmen ergreifen konnte, falls es zum Kampf kommen sollte.
    »Zunächst fand ich es Scheiße, daß Stockholmer herkommen sollten. Aber dann sagte ich mir, Mensch, die können doch was! Die sind sogar verdammt gut! Die können sogar ein paar Dinge, die sie uns beibringen können! Das wollte ich nur mal gesagt haben.«
    Eino Niemi blickte zu Boden. Es war ihm sehr deutlich anzusehen, daß diese letzte Bemerkung ihn viel gekostet hatte. Um so klarer ging daraus hervor, daß er tatsächlich meinte, was er sagte.
    Außerdem entsprach es den Tatsachen. Eino Niemi hatte sehr viel schneller eingelenkt, als er sich zunächst selbst hatte eingestehen wollen. Ohne sich in den Vordergrund zu drängen oder sich aufzuspielen, hatten die Stockholmer schnell das Vertrauen aller gewonnen, und zwar ganz einfach deshalb, weil sie gute Bullen waren, sehr gute Bullen.
    Rune Jansson war etwas verlegen. Es fiel ihm nicht schwer, den Zusammenhang zu verstehen. Er erinnerte sich noch sehr gut daran, wie er zu der Zeit, als er im Gewaltdezernat in Norrköping arbeitete, zum ersten Mal Kontakt mit der Reichsmordkommission gehabt hatte. Damals ging es um einen Mörder, der so geschickt vorgegangen war, daß man ihn nie festnageln konnte. Obwohl man am Ende wußte, wer es war. Einer der Stockholmer Beamten, die damals nach Norrköping gekommen waren, hatte Fähigkeiten an den Tag gelegt, die ihm ohne die geringste Ironie den Spitznamen Sherlock Holmes einbrachten.
    »Es liegt einfach nur daran, daß wir uns ausschließlich mit Morden beschäftigen«, versuchte Rune Jansson halbherzig zu begütigen. »Aber wenn wir ohnehin über dieses Thema sprechen, dürfte es angebracht sein, daß ich auf folgendes hinweise. Erstens sieht es jetzt danach aus, als würden wir die Täter erwischen können. Das wissen wir. Zweitens wäre es nie zu Ermittlungen in einer Mordsache gekommen, wenn du nicht gewesen wärst.«
    »Na klar, aber so mußte es doch einfach kommen. Es lag doch ganz einfach auf der Hand, zum Teufel«, wandte Eino Niemi mit einer plötzlichen Hitze ein, die ihn sofort an die eigenen Worte glauben ließ.
    »Quatsch«, lachte Rune Jansson mit plötzlicher Erleichterung. Er verstand dieses Gefühl nicht, fühlte sich jedoch erleichtert. »Ich habe doch gesehen, wie es in den Akten aussah, denn das war das erste, was ich tat, nachdem ich hergekommen war. Du hast den Pathologen in Umeå überredet. So hat es angefangen.«
    »Ja, vielleicht. Und worüber wollten wir sonst noch reden?«
    Rune Jansson kam jetzt zu dem Schluß, daß es an der Zeit war, die Abteilung Höflichkeitsfloskeln zu verlassen. Nicht etwa, weil er etwas ungesagt lassen wollte, mochte es auch ein bißchen peinlich sein, sondern weil Eino Niemis mürrischer

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