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Der eiserne Gustav

Der eiserne Gustav

Titel: Der eiserne Gustav Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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hinein darf zum Kriminalrat, und die eine Möglichkeit gibt es nicht mehr, daß er ausreißen kann. Aber es gibt noch die andere Möglichkeit, daß er schonend schweigt (und telefoniert).
    »So«, sagte der dicke Herr mit dem roten Gesicht, nachdem er das kurze Protokoll gelesen hatte. »Und nun erzählen Sie mir die Sache noch mal, mit Ihren eigenen Worten …«
    Und das tut dann Heinz, erzählt, was da protokolliert ist, aber nicht mehr.
    »Ist das alles, was Sie wissen?« fragt der Kriminalrat.
    Und Heinz nickt hastig.
    »Da fehlt was«, sagt der Dicke. »Und das wissen Sie auch ganz gut, daß da was fehlt.«
    Heinz tut, als verstünde er nicht.
    »Sie decken jemand«, sagt der Bullenbeißer ganz freundlich. »Sie wollen jemand schützen.« Er lächelt. »Sehen Sie«, sagt er, »wenn man hier lange genug sitzt, dann bekommt man einen Riecher dafür, das ist kein Kunststück. Und bei Ihnen fehlt überhaupt das Bindeglied, wieso Sie auf Rennwetten geraten haben …«
    »Das habe ich mir so überlegt«, sagt Heinz verlegen.
    »Na, natürlich haben Sie sich das so überlegt!« sagt der dicke Herr und steht auf. »Guten Morgen, mein lieber junger Herr, und kommen Sie besser nicht wieder. Eier essen und die Eierschalen nicht zerschlagen, das haben wir nicht gelernt, und Sie werden’s auch nicht lernen. Die Welt stinkt wie ein großer Misthaufen, aber wenn sich jeder sein eigenes Häufchen Gestank apart beiseite tragen will, dann kriegt man den Gestank nicht weg … Diesen Hoppe werden wir uns schon langen, ich weiß sogar schon, wer das ist, nämlich ein mit einer Ladenkasse weggelaufener Kontorist. Aber grade Ihr Privathäufchen Gestank hätte mich interessiert … Doch wie gesagt, wir haben auch ohne Sie genug zu tun, und wenn Sie kein Mann sein wollen, sondern sich als Waschlappen wohl fühlen, na, denn prost die Mahlzeit! Es ist ja schließlich Ihre Sache!«
    Jedes dieser grob herausgepolterten Worte traf Heinz wie einen Stich ins Herz, Und nun saß der Rotgesichtige schon wieder, las in Akten und schien der Ansicht, sein angebellter Besucher sei längst gegangen.
    »Herr Kriminalrat!« sagte Heinz leise.
    Der blätterte und las und hörte nicht.
    »Herr Kriminalrat!« sagte Heinz lauter.
    »Was denn? Sind Sie noch nicht raus? Sie werden sich einen Plattfuß erstehen, Jüngling!«
    »Herr Kriminalrat!«
    »Na also, dann schießen Sie los! Aber klare Fahrt – sonst lohnt es das Zuhören gar nicht!« Und nun fuhr Heinz klare Fahrt …
    »Das ist auch wieder gar nichts!« sagte der Kriminalrat am Schluß unzufrieden. »Ein Zylinderhut und eine Aktentascheund ein Prismenglas sind noch keine hinreichenden Indizien. Natürlich alle Achtung vor Ihrer Kenntnis der brüderlichen Liebe – aber auch das ist noch kein Beweis!«
    Er brummte und murrte unzufrieden vor sich hin. Dann fragte er: »Anrufen wollten Sie ihn, was? Warnen wollten Sie ihn? Zeigen Sie mir mal die Telefonnummer!«
    Heinz tat es.
    »Na schön!« sagte der Kriminalrat. »Nun sollen Sie mal sehen, was für reizende Menschen wir hier auf dem Alex sind. Jetzt werden Sie hier von meinem Apparat Ihren Herrn Bruder anklingeln, und Sie können ihm sagen, daß, na, sagen wir in einer halben Stunde bei seinem Freund Hoppe die Kriminalpolizei Einschau hält, und meinethalben können Sie ihn auch wegen der Rennwetten anstoßen – alles genau, als stünden Sie in einer hübschen ruhigen Telefonzelle …«
    Es ist ein wunderliches Ding um ein Menschenherz. Nun, da es ihm angeboten wurde, nun, da er es mit polizeilicher Erlaubnis tun durfte, wollte Heinz um keinen Preis den Bruder anrufen. Ja, er schauderte direkt vor dem angebotenen Telefon zurück, er fürchtete sich davor, Erichs Stimme am Apparat zu hören …
    »Na, was denn, junger Mann?« sagte der Kriminalrat.
    »Jetzt bloß nicht wieder zimperlich! Denken Sie, ich will Sie reinlegen? Will ich gar nicht! Ich will ganz offen mit Ihnen sein und Ihnen erzählen, daß meine Herren jetzt schon bei Hoppe & Cie. sind … Und wenn da jetzt so ein kleiner, allerdings leicht verspäteter Warnungsruf Ihres Herrn Bruders einträfe, so hätten wir ein Indiz …«
    Es war immer wieder dasselbe: Von einer Entscheidung wurde man zur anderen gedrängt, es half kein Zurückweichen. Es war dem Heinz schon viel erschienen, daß er den Bruder preisgegeben hatte, gegen des Vaters Wunsch. Daß er ihn nun aber selbst in die Falle locken, daß seine Stimme den Köder abgeben sollte – nein, und noch mal nein!
    »Es kommt mir so

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