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Der eiserne Gustav

Der eiserne Gustav

Titel: Der eiserne Gustav Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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des Anzeigers stimmen?«
    »Sagen Sie mir doch mal, was das für ein Schweinehund ist!«
    »So, Sie erinnern sich also nicht einmal? Sie bedienen oft im Laden?«
    »Ich bediene überhaupt nicht im Laden! Zwei Frauen sitzen in der Wohnung, und am Tage kommen vielleicht zwanzig Kunden – das schaffen die Frauen allein!«
    »Sie leugnen also, Schwarzarbeit geleistet zu haben – gegen diese eidesstattliche Versicherung?«
    »Ich habe keine Schwarzarbeit getan! Das ist keine Schwarzarbeit, wenn ich mal in den Laden gehe! Ich nehme dadurch keinem Menschen Arbeit weg. Meine Frau hat vielleicht grade am Gaskocher gestanden und den Topf umgerührt, vielleicht hat sie gesagt: ›Geh du doch mal!‹ Wie kann das denn Schwarzarbeit sein?!«
    »Die Auslegung, was Schwarzarbeit ist, überlassen Sie lieber dem Richter! Wenn das so war, wie Sie es schildern: Warum rühren Sie dann nicht den Topf und überlassen das Bedienen im Laden Ihrer Frau?«
    »Weil Kochen Frauenarbeit ist und …«Er bricht ab.
    Aber der andere fährt fort: »… und Kunden bedienen Männerarbeit. Sehen Sie, genau unsere Auffassung! Sie haben den Frauen also das Kochen überlassen und haben die Männerarbeit getan, nämlich das Kundenbedienen. Das haben Sie also hiermit zugegeben.«
    »Ich habe gar nichts zugegeben! Ich habe gesagt, daß ich vielleicht einmal für meine Frau eingesprungen bin!«
    »Immerhin sind die Einzelfälle so häufig vorgekommen, daß Sie sich an den einzelnen gar nicht mehr erinnern können!«
    »Ist das hier ein Strafverfahren gegen mich?« schrie er wütend. »Das ist ja lächerlich! Glauben Sie wirklich, ich will den Unterstützungsanspruch verlieren und Gefängnis riskieren, um für zehn Pfennig Ware zu verkaufen?!«
    »Zuerst einmal mäßigen Sie sich!« sprach der Birnenkopf mißbilligend. »Sie schreien mich ja an – das ist unstatthaft. Setzen Sie sich erst einmal und beruhigen Sie sich …«
    »Jawohl, jetzt bieten Sie mir einen Stuhl an, wo ich zu aufgeregt bin, mich hinzusetzen!«
    »Aber warum sind Sie denn aufgeregt? Wenn Sie ein gutes Gewissen haben, brauchen Sie sich doch nicht aufzuregen. – Also, wie ist die Sache?«
    »Das habe ich Ihnen schon gesagt!«
    »Sie haben bestritten, schwarzgearbeitet zu haben, und zugegeben, im Laden bedient zu haben. Das ist ein Widerspruch.«
    »Das ist kein Widerspruch. Mein Bedienen war keine Arbeit.«
    »Das ist Ihre Auffassung.«
    »Jawohl, das ist meine Auffassung!«
    »Na schön, dann können Sie also vorläufig gehen.«
    »Wirklich? Kann ich das? Sie wollen mich nicht sofort verhaften?!«
    »Sie können gehen.«
    »Na schön.«
    Bereits, als er ging, war seine Wut fast verraucht. Er verstand sich selbst nicht mehr. Das waren ja bloß Federfuchser, irgendein gemeiner Hund schickte eine Anzeige, und sie reagierten sofort darauf. Sie tüftelten sich Fragen aus, sie waren genau, aber lebensfremd. Er hatte von diesen Dingen schon gehört. Jemand hatte seiner Schwester beim Umzug geholfen: Schwarzarbeit. Jemand hatte seiner Mutter ein Stück Land umgegraben? Schwarzarbeit. Jede menschlicht Hilfsbereitschaft wurde verdächtigt. Es war unnütz, sich darüber aufzuregen, sie konnten ihm nichts wollen – aber es war doch unangenehm.
    Es wurde noch unangenehmer.
    Es wäre schon schlimm genug gewesen, daß er nun immer in der Stube oder Küche sitzen mußte, daß er überhaupt nicht mehr in den Laden zu gehen wagte, aus Furcht, in neuen Verdacht zu geraten. Daß er sich stets wie ein Gefangener vorkam, den ein unsichtbares Auge belauert.
    Aber sie zwickten ihn weiter. Sie reichten ihn von Beamten zu Beamten. Es erwies sich, daß seine erste Vernehmung einen ungünstigen Eindruck erzeugt hatte. Der Birnenkopf hatte ihn als »renitent« bezeichnet, eine unerwünschte Eigenschaft. Er hatte fügsam zu sein, nicht renitent. Er hatte seine Schuldlosigkeit gehorsamst zu beweisen, denn den Beweis seiner Schuld hielten sie ja mit der Anzeige in Händen.
    »Ja, mein Herr«, sagte ein sanfter, älterer Beamter. »Selbst wenn alles so gewesen sein sollte, wie Sie es darstellen, es hätte doch nicht sein dürfen. Als Unterstützter hätten Sie auch den Schein vermeiden müssen. Und den Anschein einer Schwarzarbeit haben Sie nicht vermieden.«
    »Ich bin nie auf den Gedanken gekommen, daß es nach Schwarzarbeit aussieht, wenn ich meiner Frau mal helfe. Es gibt Tausende von Erwerbslosen, die kochen und machendie Stuben rein, während ihre Frauen ein paar Groschen verdienen.«
    »Sie haben in einem Laden

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