Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der eiserne Gustav

Der eiserne Gustav

Titel: Der eiserne Gustav Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
Vom Netzwerk:
sagte Heinz Hackendahl, starrte auf die Zeitung und traute seinen eigenen Augen nicht. »Das ist doch unmöglich!« murmelte er fassungslos.
    Irma beobachtete ihn kritisch, aber kritisch oder nicht, Heinz war bestimmt ganz ahnungslos gewesen, und so hatte sie der Mutter gegenüber recht behalten. »Ich dachte, du müßtest es erfahren, Heinz!« sagte sie vorsichtig.
    Plötzlich fuhr der Blitz aus der Wolke. »Du hast es gewußt!« schrie er. »Vater hat mit dir davon gesprochen! Natürlich hast du davon gewußt – hinter meinem Rücken!« Er wurde bitter: »Und so was nennst du Ehe!«
    »Erlaube mal!« rief Irma empört. »Keine Ahnung habe ich gehabt. Ich habe gedacht, daß du mit Vater … Das heißt, Mutter meinte …« Sie verschwieg lieber, was Mutter meinte.»Ich habe schon gedacht«, sagte sie, »vielleicht ist es bloß ein Aprilscherz.«
    »Aprilscherz!«rief er. »In diesen Zeiten … Und im Februar! Was du dir bloß alles einbildest.« Er sah noch einmal in die Zeitung. »Es kann ja sein«, sagte er dann ruhiger, »daß Vater so einem Zeitungstiger in die Hände gefallen ist. Aber es klingt ernst, es klingt, als steckte etwas Richtiges dahinter. Was machen wir bloß, Irma?«
    »Sprich doch mal mit Vater«, schlug sie vor.
    »Natürlich«, sagte er. »Bloß, wenn Vater sich was in den Kopf gesetzt hat, und die bestärken ihn noch darin! Für die ist es doch bloß Geschäft!« Er seufzte. »Ich gönne ja Vater alles – nur, es sind nicht die Zeiten für so was. Für solche Witze!« Und er sah mißbilligend auf die Zeitung.
    Irma schwieg. Sie war nicht der gleichen Ansicht wie ihr Mann, aber als kluges Eheweib schwieg sie dort, wo sie doch nichts ändern konnte.
    »Red doch mal mit Vater«, sagte sie schließlich noch einmal.
    »Ja, das will ich tun«, sagte er und stand auf.
    Er ging eilig, er fand den Vater im Stall.
    Der warf hochsehend einen raschen Blick auf den Sohn, bückte sich dann wieder und fettete dem Rappen sorgfältig die Hufe ein. »Na, Bubi?« sagte er dabei. »Ick seh dir schon an, wat de saren willst. Aber sag besser jar nischt. – Der Blücher soll nu ooch weg. Se saren ja, er hält die Fahrt nach Paris nich aus. Ich krieg ’nen neuen. Es is schade um den Blücher, det war een jutet Pferdchen. Janz wat anderet als der olle Schimmel. – Weeßte noch, der Schimmel, Bubi?«
    Heinz schwieg. Also war es richtig, war nicht einmal ein Aprilscherz, der Vater wollte wirklich nach Paris fahren!
    Der Vater, mit den Hufen beschäftigt, sah von unten her, von der Seite her, listig auf den unmutigen Sohn.
    »Na, sag wat!« meinte er schließlich. »Een oller Mann will ooch mal wieder ’nen Spaß haben – bloß oll sein, det is ooch man triste, Bubi, det kannste mir jlauben!«
    »Die Brüder von der Zeitung legen dich rein, Vater«, sagte Heinz. »Die machen doch so was nicht um deinetwillen!«
    »Nee, nee, Heinz, da beruhige dir man. Ick hab ’nen janz richtijen Vertrag mit denen!«
    »Einen Vertrag?! Was denn für einen Vertrag?«
    »Och, nischt weiter! Bloß, det ick mir vapflichte, die Fahrt nach Paris und zurück in de Droschke zu machen, det se alle Unkosten tragen und mir ’nen neuet Pferd schenken. Für Muttern kriege ick fünfhundert Mark, und wat ick aus Ansichtspostkarten und sonst mache, jehört mir ooch, bloß, det se alleine über mir drucken dürfen und det se Bilder machen dürfen von mir, det is doch keen schlechter Vertrag nich?«
    Heinz Hackendahl sah wohl: Der Vater war aufgeräumt und glücklich über seinen Vertrag. Aber er bat doch: »Vater, mach es bloß nicht! Tritt zurück, sag, du bist krank geworden, du fühlst dich zu schwach …«
    »Aber warum denn? Haben Mutter und ick mal keene Sorjen! Wat ick for Blüchern krieje, dürfen wa ooch behalten …«
    »Aber, Vater, du hältst das nicht aus! Denk doch mal, in deinen Jahren, in Wind und Wetter auf dem Bock …«
    »Nu kiek mal an«, grinste der Alte. »Wat ick plötzlich for besorgte Kinder habe! In Wind und Wetter uff ’n Bock! Det de mir det nie jesagt hast, wenn ick hier in Berlin uff de Tour jehe.«
    Heinz biß sich auf die Lippen. »Laß es sein, Vater«, bat er dann wieder. »Du hältst es doch nicht aus, du blamierst dich, die ganze Familie …«
    Er hielt inne. Der Alte war so plötzlich mit dem Kopf hochgefahren, daß sogar der Rappe zusammenschreckte.
    »Hoho!« beruhigte ihn der Alte. »Laß man, Blücher, vor de Doofheit von de andern mußte nich erschrecken …«
    Und zum Sohn: »Wat heißt hier blamieren?!

Weitere Kostenlose Bücher