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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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der Fahrt durch die Feste bot sich ein anderes Bild als am Vorabend: In den Schmieden klirrten Hammer auf Ambosse, Wasserträger schleppten Tröge, und am Flussufer walkten Frauen die Wäsche. Wegen Zauberbann und Dornenhag war die Goldschwemme nicht in der Feste angekommen. Hier ging das Leben seinen üblichen emsigen Gang.
    Als die Kutsche über die Trümmer des Hags rumpelte, tupfte sich Hilck von der Usse fassungslos die Stirn ab. »Ich träume wohl …«, murmelte er.
    »Wer sind die Toten?«, fragte der ebenso verwirrte Helmdag und zeigte auf einen aus den Ranken ragenden Arm.
    »Recken, die Euch helfen wollten«, sagte die Muhme. »Sie wurden von den Dornen aufgespießt.«
    »Und wir haben geschlafen?«, flüsterte Hilck von der Usse.
    »Wie Säuglinge nach dem Stillen«, sagte die Muhme spitz, denn nach allem, was sie erlebt hatte, ärgerte sie sich über den Unglauben der Gografen.
    Das aschfahle Laub der Weiden und Erlen am Ufer verwirrte die Zwillingsbrüder noch mehr. Kutschräder und Pferdehufe wirbelten grauen Staub auf, als sie sich der Südspitze des Werders näherten. Dort lagen Fuchs und Dachs in der Sonne. Als die Gografen und Frauen ausstiegen, rief Reineke Fuchs: »Na, endlich satt? Wir haben währenddessen mit den Welsen geschwatzt. Sie sind lustige Gesellen.«
    »Die Welse!«, rief Hilck von der Usse.
    »Sie sind tatsächlich wieder da«, flüsterte Helmdag. »Nach all der Zeit.«
    Die Fische lagen dicht an dicht im flachen Wasser vor dem Ufer. Der alte Waller hob das Bartelmaul und blubberte: »Die Gografen! Ich erinnere mich an euren Ahnen Humbold von der Usse, Kinder. Er war so kugelrund und kerngesund wie ihr, obwohl er immer über Büchern gebrütet hat.«
    »Na?«, fragte die auf ihren Stock gestützte Muhme. »Glaubt ihr uns jetzt?«
    Die Gografen wateten in den Fluss und verneigten sich vor dem Waller. »Oh, heiliger Fisch«, begann Hilck von der Usse. »Wir sind …«
    »Ihr seid so geschwätzig wie Elritzen«, erwiderte der Waller. »Aber wir sind nicht hier, um Artigkeiten auszutauschen. Wir sind hier, um euch beizustehen. Der Eiserne König erwacht bald. Pinafor stehen schwere Zeiten bevor.«
    Die Gografen bestaunten die riesigen Welse, deren Rücken im Gegenlicht an glänzende, nasse Steine erinnerten.
    Unterstützt von der Muhme, erläuterte der alte Waller den Zwillingsbrüdern noch einmal die Lage. Zu guter Letzt sagte er: »Wie wir von einem Flussbarsch gehört haben, der es von einem Stichling erfahren hat, der einen mit einem Grottenolm befreundeten Molch kennt, wurden die drei blinden Feen ermordet. Unsere Feinde haben sich danach im Gefolge der Wilden Jagd abgesetzt.«
    »Ah, der Grottenolm!«, rief Reineke Fuchs. »Die Weißwurst mit Kiemen ist also nicht mit süßem Senf verspeist worden.«
    »Und unsere Freunde?«, fragte Meister Grimbart.
    »So weit ich weiß, haben sie mit Hilfe der Köhler gesiegt«, antwortete der Waller. »Aber es gab Verluste.«
    »Harlung ist ihnen doch zu Hilfe geeilt?«, fragte die Muhme.
    »Aus einem Ranzen gezauberte Ritter sollen das Blatt gewendet haben«, erwiderte der Waller.
    »Das war Horn!«, rief Maleen. »Er lebt.«
    »Dann hat die Esche zum ersten Mal seit Urzeiten keine Hüterinnen mehr«, sagte Hilck von der Usse erschrocken.
    »Überlasst das uns«, erwiderte der alte Waller. »Seht lieber zu, dass ihr ein Heer aushebt, Kinder. Die Zeit drängt.«
    »Die Zeit drängt schon, seit ich zu diesem Abenteuer genötigt wurde«, grummelte der Fuchs.
    Die Gografen nickten. »Wir brechen heute noch auf, um die Krieger zusammenzutrommeln«, sagte Helmdag. »Habt Dank, heiliger Fisch.«
    Der Waller tauchte ab und ließ Luftblasen zur Oberfläche blubbern. Die Zwillingsbrüder stiegen in die Kutsche und befahlen dem Kutscher, loszufahren.
    »Auf bald!«, rief Hilck von der Usse.
    Die Muhme nickte nur.
    Als die Kutsche im Uferwald verschwand, wirbelte wieder aschgrauer Staub auf.
    »Ich bin gespannt, ob es ihnen gelingt, ein Heer auszuheben«, sagte Meister Grimbart. »Wenn ich an diese goldbesoffenen Menschen denke, habe ich leise Zweifel.«
    Am Westufer des Flusses lauerte ein Graureiher vor den fast kahlen Bäumen auf Beute. Auch Maleen stand reglos und tief in Gedanken versunken da. Sie streichelte erst das Gefieder des Sperlings, dann das des Zeisigs. Der schäumende, in der Sonne glitzernde Fluss verschwamm vor ihren Augen, und sie nahm verschwommen wahr, dass sich die Welse in einem Halbkreis vor ihr versammelten. Maleen ahnte, was ihr

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