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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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Gografen, die halsstarrig auf ihre Ehre und die lange Tradition ihres Geschlechts pochten. Für sie kam nur die offene Feldschlacht in Frage; alles andere hielten sie für indiskutabel.
    »Unsere Vorfahren haben den Eisernen König schon einmal besiegt«, donnerte Hilck von der Usse. »Sie haben ihm den Eschenpflock ins Herz getrieben. List und Tücke? Nein! Da sterbe ich lieber.«
    Helmdag stand in voller Rüstung neben ihm, die Arme vor der Brust verschränkt.
    Die Muhme sagte: »Eine tapfere Amme, an die sich niemand mehr erinnert, hat den Eisernen König damals vergiftet. Eure Vorfahren haben gesiegt, ja. Aber nicht im Kampf gegen den König, sondern gegen seine zerstrittenen Nachfolger. Er war längst tot, als Hilmar von der Usse ihm den Eschenpflock ins Herz gestoßen hat.«
    Hilck von der Usse war vor Zorn knallrot im Gesicht.
    »Das ist wahr«, gestand Helmdag ein. »Trotzdem dürfen wir nicht ehrlos handeln.«
    Während alle durcheinander redeten, stopfte die Muhme ihre Pfeife. Sie bat Kunz mit einem Wink, den Eingang des Zelts zu schließen. Der Fuchs sah, wie sie einen Beutel aus dem Mantel zog und weißes Pulver in den Pfeifenkopf rieseln ließ. Als ihm der Rauch in die Nüstern stieg, begann sein Kopf zu schwirren. Die Muhme paffte so wild, dass der Qualm bald im ganzen Zelt hing. Alle waren benebelt.
    »Hinterlist?«, brüllte Hilck von der Usse wieder. »Nur über meine Lei …« Er verstummte. Seine Pupillen weiteten sich. Er wischte sich Speichel aus dem Bart und fuhr fort: »Lei … leider ist die Sache … wie die Sache nun einmal ist, und die Sache ist die: In einer Feldschlacht würde man uns vernichtend schlagen. Das wäre das Ende … von allem.« Tränen rollten über seine Wangen.
    »Wohl wahr, Bruder«, bekräftigte Helmdag mit dümmlichem Grinsen. »Lass uns auf die Ehre pfeifen. Wir müssen so listig wie die Füchse und so verschlagen wie die Schlangen sein.«
    Reineke Fuchs lächelte geschmeichelt, obwohl er das Gefühl hatte, eine Flasche Schnaps geleert zu haben. Er torkelte und kippte schließlich gegen Hans’ Beine. Meister Grimbart lag hechelnd auf der Erde.
    »Gut, dass Ihr ein Einsehen habt«, sagte die Muhme und lächelte abgründig. »Ich schlage Folgendes vor …«
    Und sie unterbreitete jenen Plan, den sie bis spät in die Nacht mit Meister Grimbart, Reineke Fuchs und den Gefährten ausgeheckt hatte. Die Gografen starrten sie aus riesengroßen Pupillen an; ein Speichelfaden hing an Helmdags Lippe, und Hilck von der Usse lächelte so selig, als wäre er gerade Vater eines Stammhalters geworden. Allen anderen Männern erging es ähnlich. Nur die Muhme behielt einen klaren Kopf.
    »Genialer Plan«, lallte Hilck schließlich. »Ein Meisterwerk der Gerissenheit, Hinterlist und Abgefeimtheit. Ehrloser geht es nicht. Wir wollen ihn sofort festhalten und besiegeln. Ist hier jemand des Lesens und Schreibens mächtig?«
    Hans riss sich zusammen, trat wie verabredet vor und schrieb den Plan in groben Zügen nieder. Hilck von der Usse ließ Siegelwachs auf das Pergament tropfen und drückte seinen Ring hinein. Meister Grimbart sah all dies mit Genugtuung – nun war er nicht mehr der Einzige, den man auf diese Weise hereingelegt hatte.
    »Nach unserem ruhmreichen Sieg werde ich den Bund der Ehe schließen«, verkündete Hilck von der Usse, der sich auf seinen wankenden Zwillingsbruder stützte.
    »Wie schön«, sagte die Muhme und nahm das Pergament an sich. »Wer ist die Glückliche?«
    Hilck von der Usse kicherte und sah scheu zu Sneewitt, die sich ein Lächeln abrang, aber heimlich die Augen verdrehte.
    »Ich denke, wir brauchen ein bisschen frische Luft«, sagte die Muhme. »Kunz?«
    Kunz wollte öffnen, war aber so benebelt, dass er stolperte, im Fallen den Zelteingang abriss und vor den verdutzten Wächtern ins Gras fiel. Sneewitt sprang über ihn hinweg. »Bund der Ehe. Pah«, fauchte sie. »Ich lasse mich von niemandem binden.«
    Hans schüttelte seine Benommenheit ab und setzte den Plan gemeinsam mit dem zuvor eingeweihten Harlung umgehend in Befehle um, während die Gografen Schulter an Schulter auf ihren Hockern saßen und nur langsam zu Bewusstsein kamen. Später am Vormittag ertönte wütendes Gebrüll im Zelt, und Hilck von der Usse stürmte gestiefelt und gespornt durch das Feldlager, um die Muhme zur Rede zu stellen.
    Der Dachs sah ihm schmunzelnd nach.
    »Das ist wahrlich der Höhepunkt der Gerissenheit, Hinterlist und Abgefeimtheit!«, schrie der Gograf, als er die

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