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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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rannten durch die Reihen der Frauen, die Peitsche in der linken Hand, den Klingenarm kampfbereit abgespreizt. Auf dem Laufgang angekommen, teilten sie sich, um die Gefährten von zwei Seiten anzugreifen.
    »Das ist ja wie Zielscheibenschießen«, murmelte Sneewitt und spannte den Bogen. Sie verfolgte über den Pfeil hinweg einen Kultknecht, der von einem Pfeiler zum anderen eilte. Dann löste sie die Finger von der Sehne. Der Pfeil sauste quer durch das Gewölbe, schlug in der Kehle des Mannes ein und schleuderte ihn gegen die Wand.
    Kunz zog den Zweihänder vom Rücken und griff den Knecht an, der zur Tür wollte. Die Frauen saßen abgestumpft da, als die zwei Männer die Klingen kreuzten. Nur das Mädchen mit den braunen Locken ließ Kunz nicht aus den veilchenblauen Augen. Sie löste das Tuch vom Gesicht und beobachtete, wie er den Kultknecht an der Peitsche zu sich heranriss und ihm den Zweihänder in die Brust rammte.
    Reineke Fuchs, der ihren Blick bemerkte, flüsterte Meister Grimbart zu: »Sie sieht Kunz wirklich sehr ähnlich, findest du nicht auch?«
    »Hübsches Ding«, murmelte der Dachs und wandte sich von Sneewitt ab, die einen Kultknecht nach dem anderen außer Gefecht setzte.
    »Ja, als Frau sieht er nicht übel aus«, sagte der Fuchs. »Aber diese Ähnlichkeit ist wohl nur eine Laune der Natur.«
    Sneewitt zielte, schoss treffsicher und legte einen neuen Pfeil auf. »Nummer vier!«, rief sie. »Und … Nummer fünf. Alle erledigt. Ein Kinderspiel.« Sie senkte den Bogen.
    »Wie gesagt: Es läuft wie geschmiert!«, jubelte der Fuchs.
    Meister Grimbart brummte wieder skeptisch.
    »Lasst uns die Münze erkunden«, sagte Kunz, der die Klinge des Zweihänders abwischte.
    Er wollte gerade losgehen, als Reineke Fuchs sagte: »Du hast eine Verehrerin. Sie schmachtet dich regelrecht an.«
    Kunz drehte sich ein zweites Mal zu dem Mädchen um. Ihre Blicke trafen sich, und er musste schlucken. Dann murmelte er: »Glaubst du, ich hätte Zeit für eine Liebschaft? Außerdem ist sie blutjung.«
    »Wir befreien euch gleich!«, rief Sneewitt den Frauen zu und ging zum angrenzenden Gewölbe. Im Vorbeigehen zog sie den toten Kultknechten die Pfeile aus Brust und Hals und steckte sie wieder in den Köcher. Sie äugte durch die zur Münze führende Tür, dann sprang sie mit angelegtem Bogen in den Raum. Kunz folgte ihr mit gezücktem Zweihänder. Ein Tiegel, vor dem ein Berg goldenen Strohs lag, brodelte vor sich hin. Säcke mit Münzen waren in einer Ecke gestapelt. Mädchen saßen an Geräten zum Ausstanzen und Prägen. Sie erstarrten beim Anblick der zwei Gefährten.
    »Keine Kultknechte?«, fragte Kunz verdutzt.
    »Keine Kultknechte«, erwiderte Sneewitt erleichtert.
    »Sie … sie sind im großen Gewölbe«, flüsterte ein Mädchen.
    »Sie
waren
. Jetzt sind sie im Jenseits«, prahlte Kunz.
    »Wollt ihr uns helfen?«, fragte eine Brünette.
    »Ich will zu meiner Familie«, schluchzte eine Rothaarige.
    Die Mädchen trugen geflickte Kleider aus Sackleinen. Den rechten Fuß umschloss eine Schelle, durch deren Öse eine Kette gezogen worden war. Kunz folgte ihr bis zur Wand und rüttelte an der Verankerung. »Ihr werdet bald frei sein«, sagte er beruhigend. »Nur Geduld.«
    Sneewitt suchte die Münze nach einem Ausgang ab. »Es gibt tatsächlich nur die eine Tür«, verkündete sie schließlich.
    »Schleppen sie das Gold durch das ganze Haus nach oben?«, fragte Kunz verwundert.
    »Oh, nein«, sagte ein fast durchsichtig wirkendes Mädchen mit fiebrig glänzenden Augen. Ihre Hand zitterte, als sie zur Rückwand zeigte. »Dort gibt es eine Tür zu einem Gang, der draußen am Fuß des Hügels mündet.«
    »Ah!«, rief Kunz und eilte hin. Er tastete die Wand ab, konnte aber nichts entdecken. »Hier soll eine Tür sein?«, fragte er.
    »Zum Wegschaffen des Goldes«, bestätigte eine schwitzende Dicke. »Sie wird von einer der Herrinnen geöffnet. Von einer ziemlich jungen, die alle Kultknechte bezirzt hat.«
    »Barbera«, fauchte Sneewitt; es klang wie ein Fluch. Sie fuhr noch einmal mit den Fingerspitzen über die Wand, fand aber weder Ritze noch Spalt. Auch Kunz suchte weiter. Als er sich zu den Mädchen umdrehte, saßen alle wie in Habachtstellung und mit versteinerter Miene da und starrten zum Eingang der Münze. Er gab Sneewitt einen Knuff und wirbelte herum, das Schwert in beiden Händen.
    Barbera trat durch die Tür, verschleiert, ganz in Schwarz und flankiert von einem Trupp Kultknechte, hinter denen die

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