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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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Streitmacht des Eisernen Königs zu warten; außerdem durften die aus ganz Pinafor zu den Fahnen geeilten Männer nicht entmutigt werden.
    Man gab die in Blaubarts Rüstkammern erbeuteten Waffen aus. Belud die Trosswagen mit Verpflegung, Heilkräutern und Verbandsmaterial. Baute Anhänger zu fahrbaren Küchen und Schmieden um. Durchsuchte die Grenzfeste nach Planen für Zelte und Wagen und schärfte die Klingen. Hilck von der Usse beaufsichtigte alle Arbeiten, stets in Begleitung seines Knappen und neuerdings auch in der Hellas, die er unter dem Vorwand, ihr das Kriegshandwerk beibringen zu müssen, an seine Seite befohlen hatte. Helmdag bot Blaubarts Männern derweil Straffreiheit an, wenn sie sich dem Heer anschlossen. Viele akzeptierten, aber eine Handvoll verbiesterter Krieger hielt ihrem Herrn die Treue.
    »Man wird euch abschlachten«, rief einer. »Wie Ungeziefer zerquetschen. Ohne mich.« Er spuckte auf das faulige Stroh, das den Fußboden des Kerkers bedeckte.
    »Wie ihr wollt«, erwiderte Helmdag. »Dann werdet ihr hier vermodern.« Er ließ den Kerker verriegeln und zog mit seiner Leibgarde und den Überläufern ab. Im Dunkeln klirrten Ketten, irgendjemand bollerte trotzig gegen die Tür.
    Sanne stand vor dem Bergfried und sah zu dem hoch oben gelegenen Fenster auf. Der Tag neigte sich dem Ende zu, die schwache Herbstsonne zeigte sich gelegentlich hinter den Wolken, aber Horn zeigte sich nicht. »Wir haben ihn an diese Frau verloren«, klagte sie.
    Die auf ihren Stock gestützte, mitten im emsigen Treiben des Heeres stehende Muhme nickte. »Ich wäre auch gern wieder in meiner Kate«, sagte sie. »Aber ich werde bis zum Ende bei euch bleiben – ob bitter oder nicht.«
    Sanne warf ihr einen dankbaren Blick zu.
    Und sie war noch dankbarer, als Sneewitt und Rumpenstünz, Meister Grimbart und Reineke Fuchs nach Einbruch der Dunkelheit in Rottland eintrafen.
    »Wie habt ihr diese Mauern zum Einsturz gebracht?«, fragte Rumpenstünz, als er in den Schein des Lagerfeuers trat, an dem die Gografen mit ihren Rittern, Harlung und den anderen Befehlshabern saßen.
    Sanne sprang in seine Arme, stutzte aber beim Anblick von Alwine. »Hast du etwa auch eine Frau, Kunz?«, fragte sie.
    »Ab jetzt heiße ich Rumpenstünz«, verkündete er strahlend. »Und dies …« – er legte Alwine einen Arm um die Schultern – »… ist meine Tochter. Wir haben uns im Gewölbe unter dem Haus der weisen Weiber wiedergefunden.«
    »Der Königin ihr Kind? Darum seid ihr also zu dritt«, sagte Sanne. »Das Wiesel hatte recht.«
    »Ein Wunder«, keckerte der Fuchs. »Im düsteren Gewölbe, in dem sich das arme Mündel die Finger blutig spann, gequält von hundsgemeinen Knechten und fern der Familie, in deren Schoß sie blühte und gedieh …«
    »Die Kleinfamilie wird überschätzt«, warf der Dachs ein. »Sie gilt als Bollwerk gegen jedes Übel der Welt, aber das ist Unsinn. Ich finde …« Er verstummte, weil die Muhme ihn zu sich heranzog und seinen Nacken kraulte.
    Sie setzten sich wieder an das Feuer. Die Gografen nahmen fassungslos zur Kenntnis, dass sie von den weisen Weibern hintergangen worden waren; sie brauchten lange, um dies zu verdauen. »Hexen?«, stieß Hilck hervor. »Böse Stiefmütter? Wie kann das sein? Sie haben uns stets beraten. Sie waren uns immer treu …«
    »Niedere Gefühle können Vernunft und Verstand lähmen«, erwiderte die Muhme. »Dann wird man unberechenbar und verliert sich in Erbärmlichkeiten. Das passiert oft. Kaum jemand ist dagegen gefeit.«
    Ein langes Schweigen trat ein. Schließlich fragte Sneewitt: »Wo sind Hans und Horn?«
    »Sie haben auch jemanden gefunden«, antwortete Sanne mit Blick auf Rumpenstünz und Alwine. »Horn vergnügt sich im Bergfried mit einer Person, von der er angeblich sein Leben lang geträumt hat. Hans trauert um seine Schwester, die im Kampf tödlich verwundet wurde.«
    Reineke Fuchs lüpfte die Brauen. Der im Schoß der Muhme liegende Dachs brummte genussvoll.
    »Tatsächlich?«, sagte Rumpenstünz verblüfft. »Na, ich bleibe jedenfalls bei euch.«
    Sneewitt stand auf. Sie rieb ihren wunden Hintern, dann trat sie aus dem Feuerschein in das Dunkel Rottlands. Gretes Grab lag auf einem Fleckchen Land vor der Nordmauer der Feste, das früher als Kräutergarten gedient hatte, und war mit einem schlichten Stein markiert. Sneewitt hockte sich neben den reglosen Hans. »Wenn jemand gestorben ist, weiß ich nie, was ich sagen soll«, flüsterte sie. »Der Tod ist

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