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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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Kutsche rumpelte querfeldein zum Unkengrund, als den Eisernen König ein Ruck durchfuhr. Er verzerrte das Gesicht, seine Arme und Beine zuckten. Asseln und Spinnen wogten erschrocken über den Schuppenpanzer. Dann leuchteten seine eisblauen Augen, als wäre ihm neue Kraft zugeführt worden. Ein Jubelschrei entrang sich seiner Kehle. Ähnliche Schreie ertönten überall in der Streitmacht. Barbera reckte beglückt die Fäuste: Sie waren zwar aus der Grotte vertrieben worden, aber sie hatten am Ende noch gesiegt.
    »Was ist denn los?«, fragte der genesene Blaubart.
    »Die Esche ist tot«, zischte Barbera, die das Gesicht zu einer Grimasse des Glücks verzerrt hatte. »Tot! Ohne unser Zutun. Sie wollte sterben. Die grüne Kraft ist so gut wie versiegt.«
    »Woher weißt du das?«, fragte Blaubart, dem das Feingefühl für solche Ahnungen fehlte.
    »Ich kann es spüren«, stieß Barbera hervor. Sie ließ den Kopf sinken. »
Spüren
 …«, wiederholte sie, als wollte sie das Wort auf der Zunge zergehen lassen.
    »Aha?«, fragte Blaubart verdutzt. »Bist du ganz sicher?«
    »Drosselbärtiger Trottel!«, fauchte Barbera. »Hältst du mich für eine Lügnerin? Es kann keinen Zweifel daran geben.«
    Blaubart galoppierte zur Kutsche. »Die Esche ist tot, Herr!«, rief er, als wollte er die Lorbeeren für diese Nachricht ernten.
    Der Eiserne König nickte. »Ja«, sagte er und legte die Hände auf den Knauf des zwischen seinen Oberschenkeln stehenden Schwertes. »Ich merke, wie meine Kraft wächst. Aber meine Sorge gilt dem gekappten Bart …«
    »Unsinn, Herr«, erwiderte Blaubart, der im Schritt neben der Kutsche ritt. »Wir haben die Gografen niedergemacht, bevor sie wissen, was damit zu tun ist.«
    Der König warf ihm einen scheelen Blick zu. Dann griff er nach seinem Helm, drehte ihn hin und her, betrachtete die Auerochsenhörner und die goldene Krone oben darauf. »Ich brauche eine Magd, die Helm und Schild poliert«, knurrte er. »Aber keine fette, schwitzende Wachtel. Sie muss jung sein, rank und schlank und geschickt mit den Fingern.«
    »Also jemand wie ich«, rief Barbera, die unbemerkt neben die andere Seite der Kutsche geritten war. Sie sprang hinein, fiel vor dem König auf die Knie und begann, den Helm zu wienern. Asseln und Spinnen wuselten über ihren Körper, als wollten sie sie liebkosen.
    Blaubart starrte sie halb eifersüchtig und halb angewidert an. Dann riss er sich von ihrem Anblick los und galoppierte zur Spitze der Streitmacht.
    Karontiden, Kultknechte und Krieger schritten schneller aus, angespornt durch die frohe Botschaft vom Tod der Esche. Der Boden bebte unter ihren Tritten. Sie grölten Marschlieder und verhöhnten den Feind. Am späten Nachmittag erreichte die Streitmacht den Unkengrund. Laut der Wilden Jagd hatte das Heer der Gografen nicht auf dem Hügel, sondern an der Fusel Stellung bezogen, ein taktischer Patzer, der Blaubart frohlocken ließ. Während ein Vorauskommando der Reiterei zum Hügel preschte, drang die dichtgestaffelte Streitmacht weiter vor. Ochsen zogen die Katapulte durch den Sumpf, in dem sie immer wieder versanken. Ihre Bergung kostete viel Zeit und Kraft, aber zu Blaubarts Verwunderung nutzte der Feind diese Verzögerungen nicht für Angriffe. Die Streitmacht stieß weder auf Gegenwehr noch auf Fallen oder Hindernisse. Der Vormarsch war ein Kinderspiel.
    Der Eiserne König bestieg sein blutrotes Streitross. Er hob Barbera vor sich auf den Sattel und trabte auf den Hügel, flankiert von Karontiden, die schwere Rüstungen aus den Schmieden des Lohwalds trugen. Die Banner knatterten im Wind, als sie die Kuppe erreichten.
    »Wo verkriechen sich die Gografen?«, knurrte der König und ließ seinen Blick über den zur Fusel abfallenden Unkengrund gleiten.
    Wie als Antwort rauschte das Schilf im Wind.
     
    Die Gografen waren auf eine Weide geklettert. Hinter dicken Ästen versteckt, beobachteten sie, wie die feindliche Reiterei mit angelegten Lanzen auf den Hügel ritt. Dann marschierten die Karontiden in breitgefächerter Formation auf. Der Sand stob unter ihren Panzerschuhen, ihre Rüstungen schimmerten im Abendlicht. In ihrer Mitte stand ein Reiter, der eine Frau im Arm hielt. Hinter ihm wehten Banner mit Kreis, Quadrat und Dreieck, golden auf schwarzem Grund. Die Wilde Jagd zog am Himmel über der Streitmacht ihre Kreise.
    »Das ist der Eiserne König«, flüsterte Helmdag. »Siehst du die Krone auf seinem Helm?«
    »Du hast gute Augen, Bruder«, erwiderte Hilck.
    »Ich

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