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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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Helms. »Gut«, sagte er. »Wir greifen an.« Er griff nach dem Eschenpflock, den er auf die Schwertscheide gebunden hatte, damit er nicht zerbrach – und erstarrte.
    Über dem Schlachtfeld schwenkten Wesen der Wilden Jagd ab und schossen auf die Gefährten zu.
     
    Vier Frauen saßen reglos vor der Mulde, denn Sanne, Alwine und die Muhme hatten sich auch in sich selbst versenkt, um Maleen zu helfen. Die Eichhörnchendame war verzweifelt, und der Grottenolm zog unaufhörlich Kreise im Weiher, als wüsste er weder aus noch ein.
    Maleen wandelte in tiefsten Tiefen. Die Bilder von Blut und Tod und der Wirbelwind aus Grus und Asche waren einer Stille und einer Leere gewichen, die unheimlicher waren als jeder Schrecken – die Leere der Hoffnungslosigkeit, die Stille stummen Entsetzens.
    Das Nichts der Niederlage.
    Maleen spürte, wie ihr Wille wankte. Sie wusste, dass die Angst sie in die Irre führen würde, wenn sie ihr nachgab. Sie fühlte sich winzig und hilflos. Ihr Inneres war ein schwarzes Loch, das sie zu verschlucken drohte. Sie wollte aufschreien, rang die Angst aber nieder und setzte zaghaft Fuß vor Fuß. Dann verdichtete sich das Dunkel zu einer zähen Masse, die sie umschloss, gegen sie anquoll, in Mund und Nase drang. Sie rang um Atem, merkte, wie ihre Konzentration nachließ, sah Bilder der Außenwelt vor sich: Die Mulde mit dem Trieb, die Eschenwurzeln, geborstene Äste. Sie würgte am Dunkel. Krümmte sich. War kurz davor, die Fassung zu verlieren.
    Da griff man nach ihren Händen. Sie zuckte zusammen. Aber als sie merkte, wer ihr beistand, fasste sie Mut: Sanne und die Muhme waren es, die als blasse Schemen neben ihr liefen. Sie spürte auch Alwine, aber diese war nur ein Hauch, weil ihr die Kraft der zwei älteren Frauen fehlte. Das Dunkel wog nicht mehr ganz so schwer, und als sie mit ihren Gefährtinnen durch Stille und Leere vordrang, sah sie ihr Ziel kurz vor sich, erhellt wie von einem Blitz in der Nacht – ein feines, weißes Gespinst – die Wurzeln des rätselhaften Triebs, der an Stelle der Esche in der Mulde gesprossen war.
    Sie hielt darauf zu.
     
    »Weg? Was soll das heißen –
weg
?«, schrie Rumpenstünz.
    »Weg heißt weg«, erwiderte Helmdag niedergeschlagen. »Ich muss den Eschenpflock beim Sturz vom Streitross verloren haben.«
    Die sieben Recken hoben die Schilde zum Schutz vor der Wilden Jagd. Krallen knallten auf lederbespanntes Holz. Die Ungeheuer kreischten gellend laut.
    »Dann müssen wir es so versuchen!«, rief Sneewitt, die aus der Deckung der Schilde auf die Angreifer schoss.
    Der Eiserne König stand reglos auf dem Hügel. Er schien den Gografen und dessen Gefährten für harmlos zu halten. Vielleicht belächelte er sie sogar. Gut möglich, dass auch die über seinen Schuppenpanzer krabbelnden Spinnen und Asseln über sie lachten. Eine unerträgliche Vorstellung, wie Rumpenstünz fand. »Wir können nicht zurück«, sagte er und zeigte auf die Streitmacht, die das Heer immer weiter zur Fusel drängte. »Uns bleibt nur der Weg nach vorn.«
    Beschirmt von den Recken und im ständigen Abwehrkampf gegen die Wesen der Wilden Jagd, bewegten sie sich langsam über das verbrannte Schilf auf den Hügel zu. Das blaue Licht der Welse wurde immer schwächer, das vom Eisernen König ausgehende Dunkel immer dichter. Auf dem Hügel erscholl Gelächter, laut und grölend, als wäre der Sieg gewiss, als könnten die anrückenden Gegner durch ein Fingerschnippen erledigt werden. Mehr und mehr Wesen der Wilden Jagd, die in der Schlacht überflüssig geworden waren, stürzten sich auf die Gefährten. Diese kamen kaum noch voran, waren verletzt und wurden von Kadavern behindert, deren Blut den Grund grün färbte. Sie wehrten sich mit schwindender Kraft gegen die ins Dunkel zurückgestürzten Geschwister der Ragnarökk, ertrugen den Anblick der Fratzen nicht mehr. Ihre Nerven lagen blank, und Sneewitt, die kaum noch Pfeile hatte, schrie: »Zicke und Zecke! Verflucht, verflixt, verdammt! Wir sitzen in der Falle!«
    Als wäre dies ein Zauberspruch gewesen, huschte ein grau-schwarzes, gedrungenes Tier auf sie zu, das die erschlagenen Ungeheuer als Deckung nutzte.
    »Da kommt der Dachs!«, rief Hans.
    Auf den letzten Metern wich Meister Grimbart einem Wesen der Wilden Jagd aus, das sich mit ausgefahrenen Krallen auf ihn stürzte. Es verfehlte ihn, prallte in das verbrannte Schilf, schüttelte die Schwingen aus und wollte sich aufrichten. Einen Atemzug später steckte ein Pfeil in seiner

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