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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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keifte Sneewitt. »Feiglinge brauchen wir sowieso nicht.«
    »Heho!«, rief Hardt. »Nicht so beleidigend!«
    Sneewitt spuckte ins Feuer. Ihr Speichel verdampfte mit dem Zischen einer Kreuzotter.
    Die Gefährten schwiegen. Jeder hing seinen Gedanken nach.
    Da kam der Dachs zurück. Er hatte ein Stück Rinde im Maul, auf dem eine in Häppchen zerbissene, weiße Schlange lag. Er blieb vor Hans stehen und bot sie ihm dar.
    »Soll ich das etwa essen?«, fragte Hans verdutzt.
    Der Dachs nickte.
    »Finger weg!«, sagte Sneewitt. »Du fällst entweder sofort tot um oder wirst in eine Kröte verwandelt.«
    Hans warf Kunz einen fragenden Blick zu. Der sagte: »Tja … Sieht nicht gerade appetitlich aus.«
    »Wer ist hier feige?«, fragte Hardt verbittert. Er griff an Hans vorbei nach einem der Happen, schob ihn in den Mund, kaute langsam und schluckte ihn dann hinunter.
    »Und? Wie mundet dir das?«, fragte der Fuchs.
    »Schmeckt nussig«, antwortete Hardt. Dann stutzte er. »Bilde ich mir das nur ein«, sagte er zum Fuchs, »oder habe ich dich gerade verstanden?«
    »Wer von der Weißen Schlange isst, spricht die Sprache der Tiere«, erwiderte der Fuchs.
    »Ich kann ihn verstehen!«, sagte Hardt zu Horn.
    Horn griff auch zu. Er kaute und schluckte hastig.
    »Na?«, fragte der Fuchs. »War das so schlimm?«
    »Wahrhaftig!«, rief Horn. »Ich verstehe ihn!«
    Hans überwand sich und aß einen Happen. Dann Kunz, dann Sanne. Sneewitt verschränkte die Arme vor dem Busen und fauchte: »Nur über meine Leiche.« Der Feuerschein tanzte auf ihrer Schmollmiene.
    »Du verstehst die Sprache der Tiere, wenn du davon isst«, drängte Horn.
    »Na, und? Die Menschen reden genug. Soll ich mir jetzt auch noch das Gequassel der Tiere anhören?«
    Der Dachs trabte zu ihr und bot ihr das letzte Stück an.
    »Tja«, sagte Hardt spitz. »Die tapfere Sneewitt kennt keine Angst. Sie muss erst noch ausziehen, um das Fürchten zu lernen.«
    Sneewitt schnappte sich den letzten Happen. Beim Kauen sah sie Hardt grollend an. »Schmeckt wie ein vergifteter Apfel«, stieß sie hervor und griff nach ihrem Hals.
    Der Dachs ließ das Rindenstück fallen. »Sehr gut«, sagte er. »Dann können wir ja endlich zur Sache kommen.«
    »Zur Sache?«, fragte Kunz, der Holz nachlegte.
    »Ja«, erwiderte der Dachs. »Ihr sucht das Mädchen mit den grünen Augen, und wir suchen es auch. Ich schlage vor, dass wir uns verbünden. Wir können sie aufspüren …« – er tippte sich mit einer Pfote gegen die Schnauze – »… und ihr könnt uns diese Dämonen vom Hals halten. Denn die sieben Raben fliegen wieder.«
    »Durch die Luft!«, fügte der Fuchs hinzu.
    Meister Grimbart warf ihm einen verärgerten Blick zu. »Was haltet ihr davon?«, fragte er.
    »Ach«, murmelte Horn. »Sie fliegen wieder? Und ich dachte, die Bogenschützen hätten …« Er schwieg eine Weile. Dann sagte er kurz entschlossen: »Wie dem auch sei – wenn uns diese Tiere begleiten, bleibe ich bei euch.«
    »Ja«, sagte Hardt. »Mit ihrer Hilfe haben wir eine Chance, das Mädchen zu finden.«
    »Ich bin einverstanden«, sagte Sanne.
    Hans und Kunz nickten.
    Sneewitt blies die Wangen auf und zuckte mit den Schultern.
    »Also abgemacht«, sagte der Dachs. »Legt euch schlafen. Wir übernehmen die Wache.«
    Die Gefährten rollten sich neben dem Feuer in ihre Decken.
    Fuchs und Dachs lagen am Rand der Senke und ließen ihre Blicke über die dunkle Heide schweifen.
    »Was meinst du?«, fragte der Fuchs. »Werden wir diesen Dämonen zuvorkommen?«
    »Ich hoffe«, erwiderte Meister Grimbart. »Aber die Zeit läuft uns davon. Die Raben werden das Mädchen bald finden. Wir müssen gleich morgen früh die Spur wieder aufnehmen, die wir gestern entdeckt haben.«
    In der Ferne rief eine Eule.
    »Ich habe Angst«, flüsterte der Fuchs. »Können wir uns nicht einfach in die Büsche schlagen? Ich möchte mein Leben gern lebend genießen.«
    »Wenn wir uns nicht sputen, verdorrt die Esche, und dann bricht das Zeitalter der Raubtiere an, die nach Blut und Gold gieren«, sagte der Dachs. »Das wäre das Ende der Welt, wie wir sie kennen. Irgendjemand wünscht sich genau das.«

9. Ein Wild und viele Jäger
    Tief in der Hohen Heide erhob sich ein Grollen wie das eines aufziehenden Gewitters. Das Grollen wurde zu Donnern, das Donnern zu Hufgetrappel: Acht Reiter tauchten geisterhaft aus einer Nebelbank auf. Sie gaben ihren Rössern die Sporen und sprangen gleichzeitig über einen Bach. Als die Rösser mit

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