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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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schaffen. Ich besitze keine Zauberkräfte mehr.«
    »Aber meinst du nicht auch …«, begann Sneewitt.
    »Halt endlich die Klappe!«, brüllte er. »Habe ich die Taschen voller Gold? Nein, habe ich nicht! Was soll das Gewäsch?«
    Die Muhme hatte aufmerksam gelauscht. »Ich weiß, was du meinst«, sagte sie zu Sneewitt. »Du könntest recht haben.«
    Hans nickte. »Ah! Verstehe«, sagte er. »Aber selbst wenn es stimmt, wissen wir weder,
wer
Stroh zu Gold spinnt, noch
wo
das geschieht. Außerdem wäre das Rätsel damit nicht einmal zur Hälfte gelöst.«
    »Die Gesichte zeigen nur, was im Argen liegt«, erwiderte die Muhme. »Sie bieten weder Lösungen noch Antworten.«
    »Das lobe ich mir!«, rief der Fuchs. »Denn man sollte lieber selbst nachdenken.«
    Die Muhme kraulte seinen Kopf. »Mein hübscher, kluger, vorlauter Kleiner«, flüsterte sie.
    Der Fuchs erwiderte den grimmigen Blick des Dachses mit einem verzückten Grinsen.
    Nach dem Essen kochte Sneewitt aus den Fleischresten eine Brühe für Horn. Hardt und Kunz bauten derweil aus Ästen, Decken und überzähligen Riemen eine Trage.
    »Wie gut, dass wir die Schimmel haben«, bemerkte Hans, der ihnen bei der Arbeit zusah.
    Kunz brummte nur. Er war immer noch verstimmt.
    »Die Dämmerung bricht bald an«, sagte Hardt. »Wir müssen hier noch einmal übernachten.«
    Hans sah auf. Schmutziggraue Wolkenfetzen zogen über den Dunkelpfuhl. Auf der Insel glänzte die Wetterfichte im Licht der Spätnachmittagssonne. Wo verbarg sich das Mädchen mit den grünen Augen?
     
    Horn saß mit Schüttelfrost am Feuer. »Er kam von hinten und rammte mir das Schwert durch den Arm«, erzählte er, hob die Schale mit zitternder Hand und trank einen Schluck Brühe. »Und dieser Unhold war dein Anführer?«
    »Ja«, antwortete Hans. »Er war grausam. Aber er hat für seine Leute gesorgt.«
    »Männerbünde«, spöttelte Sneewitt. »Diese komischen Kulte von Kraft, Kameradschaft und Kartoffelschnaps. Lächerlich! Denkt nur an diese Jungmänner.«
    »Ich hatte keine schöne Kindheit«, erwiderte Hans. »Sogar die Jahre mit den Räubern waren besser.«
    Sneewitt starrte stumm in die Flammen.
    Die Sonne verglühte am Westufer. Auf der glitzernden Bahn, die sie auf den Dunkelpfuhl warf, zogen Schwäne dahin. Die letzten Mücken des Sommers tanzten im Zwielicht, im Feuer knackte und qualmte das feuchte Holz.
    »Der Rat der Tiere hat mich beauftragt«, brummte Meister Grimbart. »Ich muss das Mädchen finden. Morgen suche ich weiter.«
    Die Gefährten schwiegen ratlos.
    Hans blickte auf den Pfuhl und zählte die Schwäne. Es waren elf, und sie strebten zum Ufer. Er aß das letzte Stück Fleisch und warf den Knochen in die Glut; dann stutzte er, als wäre ihm verspätet etwas bewusst geworden. Er drehte sich noch einmal nach den Vögeln um, die sich um einen auffällig großen Schwan scharten, auf dessen Rücken jemand zu sitzen schien. Im Dämmerlicht war die Gestalt nicht zu erkennen. Ein Ruck durchfuhr Hans. Er sprang auf.
    »Wohin willst du?«, rief Sanne, die neben dem fiebernden, schwer atmenden Horn saß.
    »Ich glaube, wir bekommen Besuch!«, antwortete Hans. Er blieb am Ufer stehen. Schilf rauschte, Wasser schwappte auf Sand und Steine. Die sinkende Sonne warf die Schatten der Schwäne lang auf den Dunkelpfuhl. Hans wusste genau, wer auf dem Schwan saß, und ihn erfüllte eine tiefe Erleichterung.
    Das Mädchen glitt vom Schwan. Als sie auf Hans zuwatete, musterte sie ihn wachsam. Sie hatte gewiss nicht vergessen, dass er es gewesen war, der sie damals erspäht und so für ihre Gefangennahme durch die Räuberbande gesorgt hatte. Aber sie lächelte.
    Hans hielt ihr eine Hand hin.
    »Danke«, sagte sie, als sie sie ergriff. »Endlich muss ich mich nicht mehr verstecken.«
     
    Die ersten Sterne funkelten am Himmel. Dachs und Fuchs, Gefährten und Muhme starrten das zierliche Mädchen an. Sie war tatsächlich sehr sommersprossig. Sperling und Zeisig saßen auf ihren Schultern.
    »Ich hatte ein Gelübde abgelegt«, erzählte sie. »Ich musste bis auf den Tag genau sieben Jahre schweigen, um meine Brüder in das zurückverwandeln zu können, was sie wirklich waren.« Sie trank vom Tee, den die Muhme gekocht hatte. »Meine Mutter wurde im Greting beim Beerenpflücken von dem greulichen Eisenhans geschändet. Neun Monate später gebar sie Siebenlinge. Sie starb im Kindbett. Die Jungen waren hässlich wie die Nacht, aber meine Stiefmutter liebte sie abgöttisch …«
    »Willkommen im

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