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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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Jungfer.
    Im zweiten Kerker befanden sich die Hüterinnen der Esche, die drei blinden Feen, deren Geflüster jede Nacht im Wind zu hören gewesen war. Ihre Hände waren über dem Kopf an die Wand gekettet, die Lippen zugenäht. Als sie Eisenhans und die Jungfer hörten, drehten sie den Kopf zur Tür, als könnten ihre blinden Augen das Holz durchdringen.
    »Zähe Weiber«, sagte Eisenhans.
    »Sind sie immer noch nicht tot?«, fragte die Jungfer.
    »Die Dame in Weiß hat uns verboten, sie zu töten.«
    Die Jungfer spuckte aus. »›Dame in Weiß‹. Pah! Ich würde diese verräterische Schlampe am liebsten von meinen kleinen Lieblingen zerfleischen lassen.«
    »Hör auf, sie zu beleidigen«, mahnte Eisenhans.
    »Du kannst mir nichts befehlen«, fauchte die Jungfer und verriegelte die Tür zum Kerker der Karontiden. Dann stieß sie Eisenhans weg und schrie die Feen an: »Ihr werdet verrecken! Die Karontiden werden sich an euren Kadavern mästen! Eure Esche wird verdorren! Und der Eiserne König wird wieder über Pinafor herrschen!«
    Die drei Feen blickten aus blinden Augen unverwandt zur Tür. Sie schienen zu lächeln.
    Die Jungfer knallte die Klappe zu und stapfte zornig davon.
    »Wieso muss ich mich ausgerechnet mit diesem tollwütigen, Weib abplagen?«, dachte Eisenhans und fing zum Trost eine Assel. Er liebte das Kribbeln der Gliederfüßerbeine, das er vor dem Zubeißen auf der Zunge spürte, denn es erinnerte ihn an die Krebse, die er einst im Dunkelpfuhl gegessen hatte. Er leckte sich die Lippen und kehrte durch die Grotte zurück.
    Die drei blinden Feen hatten die durch das Wurzellabyrinth führenden Wege erst preisgegeben, nachdem Eisenhans ihnen mit einer Zange die Fingernägel ausgerissen hatte. Dann hatte er die Nägel in das Blut eines von der Jungfer hingemetzelten Jägers getaucht und als Wegmarken im Moos auf der Rinde der Wurzeln befestigt. So fand er sich zurecht und erreichte schließlich den jenseitigen Rand des Labyrinths.
    Der Heilige Weiher, mit dessen Wasser die Feen die Wurzeln benetzt hatten, schimmerte im Zwielicht. Eisenhans legte sich auf sein Lager aus Tannenreisern und schloss die Augen. Die Gegner waren nicht mehr fern, aber die »kleinen Lieblinge« der Jungfer würden spielend mit ihnen fertig werden. Dann dachte er an die Dame in Weiß, die ihn und diese irrsinnige, blutsaufende Jungfer mit der Bewachung von Esche und Feen betraut hatte. Er war es gewesen,
er
allein, der die Esche nach langer Suche entdeckt hatte, und nach der Wiedererweckung des Eisernen Königs würde die Dame ihn fürstlich entlohnen müssen. Ja! Dann wäre er reich. Dann würde er leben wie die Made im Speck. Dann würde es nicht mehr nur Läuse und Asseln, sondern auch Leckereien wie Molche, Regenwürmer, Kröten und Flusskrebse geben! Er leckte seine Lippen und schlummerte zufrieden ein.
    Die Esche ächzte wie ein nach Wasser lechzendes Tier.

13. Zur munteren Matrone
    Die Hohe Heide lag hinter ihnen, und die Grenzfeste Rottland ragte in der Ferne auf. Maleen wandte den Blick mit Grausen ab, denn dort war sie in einem Turm eingekerkert gewesen, dort hatte man ihr mit glühenden Eisen die Karte auf den Rücken gebrannt. Den anderen Gefährten saß der Schock noch in den Knochen, den sie im Föhrenforst erlitten hatten. Sneewitt biss an den Fingernägeln. Hans war bleich und hatte Ringe unter den Augen.
    »Ich halte so einiges aus«, sagte Kunz, »aber ein Angriff auf die Seele ist brutaler als jede Schlacht.« Er versuchte, einen nervösen Husten zu unterdrücken. »Bevor wir im Greting die Esche suchen, möchte ich ein Bier trinken und in einem richtigen Bett schlafen.«
    »Aber nicht allein«, setzte Hardt hinzu und zwirbelte seinen blonden Schnurrbart.
    »Sicher nicht«, sagte der genesene Horn. »Denn du wirst dein Bett mit Wanzen und Kakerlaken teilen.«
    »Da schlafe ich lieber im Freien«, murmelte Sneewitt.
    »Nein«, widersprach Hans. »Wir sind den Hexen mit knapper Not entkommen und mussten uns ein zweites Mal durch die Dornenhecke hacken. Wir kehren ein.«
    »Ich kenne eine Herberge am Heerweg«, sagte die Muhme, deren Maultier brav neben den Pferden hertrabte. »Nicht weit vom Himmelstor und kurz vor der Wendung des Welsflusses nach Süden. Sie heißt ›Zur munteren Matrone‹.«
    »Ein molliges Mädchen wäre mir lieber«, erwiderte Hardt.
    »Ich kenne die Herberge«, sagte Hans, der müde den Kopf hängen ließ. »Mollige Mädchen gibt es dort auch.«
    Sneewitt, die an einem Daumennagel biss, hob

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