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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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Bündel hinterher.
    Das verdreckte Mädchen kam auf die Beine. Sie bückte sich nach dem Bündel und eilte mit bloßen Füßen vom Hof. Im Tor blieb sie stehen und drehte sich noch einmal um.
    Die Wirtin drohte ihr mit der Faust und brüllte: »Hau ab, du nichtsnutzige Dirne!«
    Hans erkannte seine Schwester, und an ihrem Blick merkte er, dass auch sie ihn erkannte. Sie stand da und starrte ihn an. Dann rannte sie davon.
    »Gretel«, flüsterte er, ohne sich rühren oder eine Hand heben zu können.
    »Schlampe«, schimpfte die Wirtin. »Such dir deine Freier auf der Straße.« Sie tapste durch den Matsch. »Bitte um Nachsicht, werter Herr«, sagte sie, als sie vor Hans stand. »Aber wer faulenzt, hat nichts Besseres verdient.« Sie zupfte an ihrem Rock. »Versteckt sich im Schweinekoben! Aber da gehört sie ja auch hin.«
    Hans starrte die Wirtin an. Er wollte aufstehen, aber als er zum Hoftor sah, war seine Schwester schon außer Sicht.
    »Ich muss in die Küche«, sagte die Wirtin und nickte ihm zu. Als sie die Herberge durch die Hintertür betrat, roch es nach Rührei und gebratenem Speck. Hans würde übel. Er erbrach sich in den Dreck.
     
    Die Stimmung beim Frühstück war gedrückt. Kunz, Hardt und Horn saßen mit glasigem Blick da, Hans rührte keinen Bissen an, und Sneewitt war noch blasser als sonst. Die Muhme futterte wie eine Scheunendrescherin, und Maleen versorgte Zeisig und Sperling mit Brotkrumen, nachdem sie satt war.
    »Ihr seid ekelhaft«, sagte Sanne. »Ihr schickt Horn, damit er mir irgendein Märchen auftischt, und bezahlt die Zeche eures Saufgelages mit den Tränen, die ich weine.«
    »Musst du unbedingt mit uns schimpfen?«, fragte Kunz, der seine Hände gegen die Schläfen drückte.
    »Bitte sei still«, murmelte der ungewohnt zerzauste Hardt.
    Horn brummte etwas und rührte im Muckefuck.
    »Widerlinge«, sagte Sanne.
    Die gesättigte Muhme zündete die erste Pfeife des Tages an. Während sie paffte, erschien die Wirtin. »Da ist jemand, der euch sprechen möchte«, sagte sie.
    »Bitte nicht«, flüsterte Kunz. »Mir ist hundeelend.«
    »Er soll hereinkommen«, sagte die Muhme und pustete einen Rauchring über den Tisch.
    Bald darauf klirrten Sporen, und ein Mann mit weißem Umhang und golden schimmerndem Brustharnisch betrat die Schankstube. Er hatte einen Helm unter dem linken Arm; der rechte Arm war nicht aus Fleisch und Blut, sondern bestand aus einer zweischneidigen Schwertklinge, die der Schulter zu entspringen schien.
    Horn rieb sich die Augen, als hätte er eine Halluzination.
    »Ein Kultknecht der dreizehn weisen Weiber«, flüsterte die Muhme Hans ins Ohr. »Was mag er wollen?«
    Der Kultknecht deutete vor der Muhme eine Verbeugung an, nickte den Gefährten zu und sprach: »Möge die Sonne euren Geist erhellen. Möge der Mond euch Weisheit schenken.« Er sah sich in der schmierigen, verrauchten Schankstube um und verzog angewidert das Gesicht.
    »Was quatscht der da?«, fragte Hardt leise.
    Sneewitt zuckte mit den Schultern.
    »Danke, danke. Besten Dank«, krächzte der verkaterte Kunz. »Mögen die … äh … Sterne mit dir sein.«
    Der Kultknecht warf ihm einen irritierten Blick zu.
    »Setz dich«, sagte die Muhme und wies auf einen Stuhl. »Wie geht es deinen Herrinnen?«
    »Ich habe eine Botschaft für euch«, erwiderte der Kultknecht, ohne auf die Frage einzugehen oder Platz zu nehmen.
    »Immer heraus damit«, murmelte Hans, der lustlos im Rührei stocherte.
    »Meine Herrinnen haben das Orakel befragt. Ihr sollt eure Suche nach der Esche einstellen. Das Mädchen mit den grünen Augen …« – er musterte Maleen, die ihren Sperling fütterte – »… soll mir überstellt werden. Ich werde sie nach Flutwidde zum Haus meiner Herrinnen geleiten.«
    Die Muhme war verblüfft. »Heißt das«, fragte sie, »dass unser Auftrag erledigt ist? Aber die Esche ist weiter bedroht. Ganz Pinafor ist weiter bedroht!«
    Die Gefährten, auf einmal nüchtern und hellwach, tauschten verwirrte Blicke.
    »Mag sein«, erwiderte der Kultknecht steif. »Aber so lautet die Botschaft, die ich euch zu überbringen habe.« Er ließ die Klinge gegen den Harnisch klirren. »Wir brechen sofort auf«, sagte er zu Maleen. »Pack deine Sachen.« Er nickte den Gefährten zum Abschied zu und verließ die Schankstube.
    Maleen sah fragend zur Muhme.
    Die sagte: »Nun, gut. Reite mit ihm, Mädchen. Du hast nichts zu befürchten. Bei den weisen Weibern bist du in Sicherheit.«
    Hans sah aus dem Fenster. Der

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