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Der Eiserne König

Der Eiserne König

Titel: Der Eiserne König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Henry Eagle
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Himmel hellte sich auf. Was sollte er tun? Die anderen Gefährten wirkten genauso ratlos. Maleen stand auf, um ihre Habseligkeiten zu holen.
    »Warum wird auf einmal alles abgeblasen?«, fragte Sneewitt und biss an einem Fingernagel.
    Die Muhme paffte dichten Rauch; die Zweifel standen ihr ins Gesicht geschrieben.

14. Das Himmelstor
    Maleen verabschiedete sich von den liebgewonnenen sieben Gefährten, schwang sich auf ihren Schimmel und ritt mit dem Kultknecht auf dem Heerweg davon. Sie drehte sich mehrmals im Sattel um und winkte.
    Die vor der Herberge stehenden Gefährten winkten zurück.
    »Ich werde die Kleine vermissen«, murmelte Horn.
    »Ja«, seufzte Hardt. »Unsere Suche war zwar nicht gefahrlos, aber ich werde mich jetzt zu Tode langweilen.«
    Dachs und Fuchs, die die Nacht im Freien verbracht hatten, sahen Maleen lange nach. Schließlich sagte Meister Grimbart zu Hans: »Ihr habt euren Auftrag von diesen weisen Weibern erhalten. Wir aber nicht. Also werden wir weiter die Esche suchen. Oder?« Er drehte sich zu Reineke Fuchs um.
    Der hechelte verlegen. »Tja«, sagte er. »Also … ich …«
    »Ich deute das als Zustimmung«, knurrte der Dachs. »Wenn die Menschen die Hände in den Schoß legen, müssen die Tiere handeln.«
    Die Muhme sank auf eine Bank, die vor der Herberge unter einer Linde stand. Sie biss nachdenklich auf die Pfeife. »Ich begreife auch nicht, warum die weisen Weiber plötzlich nicht mehr wissen wollen, welche Gefahr Pinafor droht«, sagte die Muhme. »Das ist sonderbar.«
    »Nun, ja«, erwiderte der Fuchs, »diese Weiber mögen es gut meinen, aber ohne die Karte auf Maleens Rücken werden wir die Esche schwerlich finden.«
    »Willst du damit andeuten, dass die weisen Weiber gegen uns intrigieren?«, fragte Hans empört. »Sie sind die guten Seelen Pinafors!«
    »Er denkt sicher an seine Barbera«, flüsterte Sneewitt Hardt ins Ohr. »Sie hat ihn im Haus der weisen Weiber bezirzt.«
    Die Muhme sah Hans an, der ein beleidigtes Gesicht zog. »Ja – gute Seelen«, erwiderte sie. »Aber ich muss Reineke Fuchs recht geben: Hier ist etwas faul, denn man pfeift uns zurück, ohne dass wir wirklich etwas erreicht hätten.«
    »Es wäre vielleicht verfrüht, wenn jeder von uns gleich seiner Wege gehen würde«, merkte Sanne an. »Wir sollten hier noch eine Weile bleiben.«
    »Aber nur, wenn du ein paar Tränen für uns weinst«, sagte Horn.
    Meister Grimbart und Reineke Fuchs tauschten einen Blick.
    »Ja, bleibt noch«, sagte der Dachs. »Wir folgen Maleen. Nur zur Sicherheit. Wir sind abends wieder bei euch.«
    Hans sah ihn zornig an, stieß die Fäuste in die Hosentaschen und ging in die Herberge, wo die Mädchen unter Aufsicht der gestrengen Wirtin Flure fegten und Dielen schrubbten. Die übrigen Gefährten folgten ihm.
    Dachs und Fuchs eilten los, um Maleen einzuholen.
     
    Die in Gedanken versunkene Maleen merkte erst auf, als die Grenzfeste Rottland in Sicht kam. Die Türme der auf einem steilen Ausläufer des Gretings gelegenen Burg ragten finster am Horizont auf.
    »Warum reiten wir nach Norden?«, fragte sie erschrocken. »Flutwidde liegt doch im Süden.«
    »Ich stoße zu meinen Kameraden«, erwiderte der Kultknecht tonlos und ohne sich umzudrehen. »Wir eskortieren dich dann gemeinsam zum Haus unserer Herrinnen. Allein wäre es viel zu gefährlich.«
    Maleen betrachtete seinen weißen Umhang. Sie sah erst jetzt, dass er mit Silberfäden bestickt war, die Mischwesen aus Tier und Mensch zeigten. »Warum seid ihr nicht alle zusammen zur Herberge geritten?«, wollte sie wissen. »Warum kommen uns deine Kameraden nicht entgegen?«
    »Frag nicht so viel«, sagte der Kultknecht. Er drehte sich um; neben dem Nasenschutz seines Helms funkelten die Augen, als er hinzufügte: »Sei lieber froh, dass wir dich beschützen.«
    Maleen schwieg dazu, aber ihre Beunruhigung wuchs. Sie flüsterte den auf ihren Schultern sitzenden Vögeln etwas zu, und sie strichen ab und flogen nach Süden, ohne dass der Kultknecht dies bemerkte.
    Die Pferde trabten auf dem Heerweg dahin. In der Ferne ragten die bewaldeten Hänge und die Gipfel des Gretings auf. Maleen konnte den Blick nicht von den Wällen und Türmen Rottlands lösen: Dort hatte sie im Kerker gesessen; dort hatte man ihr die Karte auf den Rücken gebrannt; dort wollte sie nie wieder hin. Ihr Herz pochte, kalter Schweiß trat ihr auf die Stirn. »Wäre ich nur bei den anderen geblieben«, dachte sie. Aber eine Flucht wäre sinnlos

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