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Der Eiserne Rat

Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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Dog Fenn, Riverskin und Howl Barrow, kassierte Gewerkschaftler und kleine Gauner und Nuevisten. Der Vorreiter der DripDrip-Poesie wurde bei einer solchen Razzia zu Tode geprügelt; seine Beerdigung entartete zu einer kleinen Revolte. Ori ging hin und warf Steine mit den Trauergästen.
    Ori war zu Mute, als ob er endlich aufwachte. Seine Stadt war eine Halluzination. Er konnte die Zähne in die Luft schlagen, er konnte Spannung heraussaugen. Täglich ging er an Streikposten vorbei, skandierte Parolen mit ihnen.
    »Die Sache kommt ins Rollen.« Old Shoulders Stimme verriet Genugtuung. »Wenn wir es schaffen – wenn unser Freund endlich den Durchbruch schafft und seine Unterredung hat mit du-weißt-schon-wem …«
    Köpfe flogen hoch, Ori sah Blicke in seine Richtung huschen. Die anderen wussten nicht recht, ob es angezeigt war, vor ihm offen zu sprechen. Andererseits konnten sie nicht schweigen. Er war vorsichtig, ließ sich nicht verleiten zu fragen: Wer? Wer ist du-weißt-wer?
    Old Shoulder starrte auf eine Anschlagsäule am Straßenrand, in ihrem gesamten stattlichen Umfang bekleistert mit vielen Schichten alter Plakate. Unter anderem sichtbar war der Klischeedruck eines sehr bekannten Gesichts, und darauf hielt Old Shoulder beim Sprechen den Blick gerichtet, und Ori begriff, was ihm mitgeteilt wurde. »Wir werden allem ein Ende machen«, sagte der alte Kaktusmann. »Alles wird anders, wenn unser Freund mit einer gewissen Person zusammentrifft.«
     

     
    Er hatte Spiral Jacobs seit Tagen nicht gesehen. Als Ori ihn endlich aufspürte, war der alte Stadtstreicher beschäftigt. Dem Anschein nach war er lange nicht mehr im Asyl gewesen. Er sah abgekämpft aus, noch struppiger und schmutziger als gewöhnlich.
    Ori folgte den Tipps anderer vergessener Männer und Frauen und fand ihn, zu guter Letzt, in The Crow. Er schlingerte zwischen den großen Läden im Zentrum des Bezirks hin und her, den Standbildern, den Fassaden aus Marmor oder blendend weißem Stein. Jacobs hatte ein Stück Kreide in der Hand, alle paar Schritte blieb er stehen, murmelte etwas in seinen Bart und zeichnete ein kaum sichtbares und rätselhaftes Symbol an diese oder jene Mauer.
    »Spiral«, sagte Ori und prallte zurück, als der alte Vagant herumfuhr und fuchsteufelswild zu schimpfen anfing. Es dauerte eine Weile, bis er sich beruhigt hatte.
    Sie saßen auf der BilSantum Plaza zwischen den Gauklern. Von den warmen Farben des Abends übergossen, ragte der massige Komplex des Bahnhofs Perdido Street neben ihnen auf, dieses gewaltige, erdrückende architektonische Potpourri. Die fünf Bahnlinien gingen von den in halber Höhe gähnenden Torbogen aus wie das Licht von einem Stern. Der Spike, der Basisturm der Miliz, stach an seiner Westseite in den Himmel. Perdido Street Station schien sich darauf zu stützen wie ein alter Mann auf seinen Stab.
    Ori schaute zu den sieben Gleistrossen auf, die von der Spitze des Turms ausgehend die Stadt überspannten, ließ den Blick an der südöstlichen entlanggleiten, verfolgte sie über den Rotlichtbezirk hinweg und das beschauliche Spit Haarth, zum Bezirk der Gelehrsamkeit, Brock Marsh, bis zu einem weiteren Turm, und weiter nach Strack Island und schließlich zum Parlament am Zusammenfluss der beiden Ströme.
    »Es geht um die Bürgermeisterin«, sagte Ori. Spiral Jacobs sah aus, als hörte er nicht zu. Er drehte nur die Kreide in den Fingern und schien seine Gedanken schweifen zu lassen. »Toros Haufen hat die Nase voll davon, Milizkorporäle und sonstige Angehörige der niederen Chargen abzumurksen. Sie wollen am richtigen Rad drehen. Sie wollen die Bürgermeisterin töten.«
    Vielleicht machte Spiral Jacobs den Eindruck, er wäre zu weit entrückt, als dass die Belange der Welt ihn noch erschüttern könnten, aber Ori sah seine Augen. Er sah, wie sich der zahnlose Mund öffnete und schloss. War es Überraschung? Welche andere große Herausforderung war des Streiters für die Rechte des Volkes würdig?
    Ori hätte sich einreden können, dass er Spiral nur deshalb ins Vertrauen zog, weil er das Gefühl hatte, ihm verpflichtet zu sein, und dass der alte Kämpe, Jack Gotteshands Gefolgsmann, verdiente, Bescheid zu wissen. Doch es war mehr als das. Spiral Jacobs steckte mit drin, hatte auf seine planlose Art Ori in Richtung dieser drastischen und befreienden politischen Tat manövriert.
    Um einen Plan dieses Kalibers in die Tat umzusetzen, sagte Ori, brauchte es Mumm und Stärke und Informationen und Geld. Dies

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