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Der Eiserne Rat

Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
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sogar als sie Schießpulver stehlen und über den Silvergut Pass zurückreiten, zwischen Winterkakteen und verwittertem schwarzem Fels, hinunter in die Schlucht, die vom Gewirr aus Holzbalken quer durchschritten wird. Sie befestigen Sprengsätze an den Streben, Bill mit einer Sorglosigkeit, die Judah erbleichen lässt. Erst später – sie warten auf einen Zug, und Bill ist eingeschlafen – hat Judah Gelegenheit, sich davonzumachen.
    Er lässt das Pferd zurück und klettert an der steilen Felswand hinauf. Seine Finger sind vor Kälte derart gefühllos, dass er fürchtet, sie könnten erfroren sein. Er läuft fast einen Tag, bis er zu einem Bahnwärterhäuschen kommt, einer Weiche, einem Postdepot und einem TRT Stellwärter.
    - Die Gendarmen, sagt Judah und zeigt die leeren Hände. – Ich habe eine Nachricht für die Gendarmen.
     

     
    Einen Tag und eine Nacht später, auf einem neuen Pferd, kehrt Judah zurück, eine Meile hinter den TRT-Männern. Als er das Fundament der Brücke erreicht, sind zwei Gendarmen tot, Bills Pulverladungen unschädlich gemacht.
    Bill selbst ist fort. Die Gendarmen stationieren eine Wache. Judah mustert sie verachtungsvoll. Sie sind eine scheckige Truppe, sie haben nicht die Disziplin der New Crobuzoner Miliz. Dies sind Rekruten, Herumtreiber, denen man Waffen und Schärpen in den Farben des TRT gegeben hat. Sie haben keine Ahnung, wie sie Oil Bill aufstöbern sollen, und noch weniger Lust, es zu versuchen. Sie setzen ein Kopfgeld aus.
    Judah ist in Gefahr, solange Oil Bill frei herumläuft. Er schließt sich dem Prämienjäger an.
    Erst glaubt Judah, der Kopfgeldjäger sei ein Mensch, doch er akzeptiert den Auftrag mit einem gutturalen, fremdartigen Kichern, und wie er den Hals biegt, die Augen schließt, verrät ihn als unnatürlich. Er reitet etwas, das kein Pferd ist, sondern nur eine oberflächliche Ähnlichkeit mit einem solchen besitzt, die Vorstellung eines Pferdes, eine Pferdeklette unter der Haut des echten Tieres. Er schießt mit einer Luntenschlosspistole, die zischelt und murmelt, und manchmal ein Gewehr ist und manchmal eine Armbrust. Er will Judah nicht seinen Namen verraten.
    Sie reiten auf ihrem Pferd und ihrem Schein-Pferd im Dunstkreis der Gleise, durch Gebiete, die nicht kolonisiert sind, sondern infiziert, wie einst das Leben Felsentümpel infizierte. Vier Tage Verfolgung mittels Ideogrammen aus kadabriertem Staub, und der Kopfgeldjäger hat Oil Bill gefunden, stellt ihn in einem Steinbruch. Das weiße Gestein ist gezeichnet, eine Schraffur aus Meißelspuren, die hinter dem Kopf des Banditen ein Gittermuster bilden.
    - Du, schreit er Judah an, mit der Wut des düpierten Toren, und der Mietling tötet ihn, und seine Waffen verzehren den Leichnam.
    - Vielleicht will ich das sein, denkt Judah und reitet mit dem Prämienjäger. Von Ort zu Ort ziehen sie auf der Fährte jener, mit denen die Gendarmerie sich nicht anlegen will. In TRT-Bahnstationen sortieren sie die Steckbriefe. Der Kopfgeldjäger fordert Judah weder zum Bleiben auf, noch schickt er ihn fort. Er spricht in einem lispelnden Flüsterton und so leise, dass Judah nicht beurteilen kann, ob er Ragamoll fließend spricht oder nur radebrecht.
    Er verwundet oder tötet die Gejagten mit den Dornen aus seinen Waffen oder mit seinen lebenden Netzen oder mit abgehackten Kehllauten und transportiert die Leichen zu den Verantwortlichen des TRT, um die Prämie zu kassieren. Von Judah verlangt er nichts und gibt ihm nichts. Die Zahl der Schafdiebe und Mörder und Vergewaltiger nimmt zu, Geld kommt herein. Die der Quasi-Mensch tötet, sind Abschaum, aber der Wurm in Judah ist nicht zufrieden.
    Ein Dreitagesritt über fahle Felspfade, über Steinklumpen wie verfestigte graue Luft, die unter den Hufen zu nichts zerstieben. Die Anfänge eines oberirdischen Bergwerks, die Leichen von Sappeuren und Gendarmen und die Öffnungen von Tunnels, wo das Mark einer seit Urzeiten toten Gottkreatur zu Erz geworden ist und in denen ein kleiner Stamm Trolle lebt.
    Der Arrowhead Konzern wird sich von dem wertvollen Stoff nehmen, so viel er kriegen kann. Die Troglodyten haben die Bergarbeiter abgewehrt und sich verschanzt, und die Gendarmen wollen die Störenfriede los sein. Das ist der Auftrag.
    Judah schaut zu, wie sein Gefährte Chymikalien auspackt. Er bemüht sich um innere Gelassenheit. Nichts regt sich, kein Vogel, kein Staub, keine Wolke: eine Atmosphäre, als hielte die Zeit in ihrem Lauf inne. Judah dreht sich um und fühlt, wie

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