Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Eiserne Rat

Der Eiserne Rat

Titel: Der Eiserne Rat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: China Miéville
Vom Netzwerk:
Shatarang-Scheiben. Eine Synkopierung wie das Rattern von Rädern auf den Gleisen. Das leisere Mischen von Karten.
    Place How sitzt einem stoischen Rebis gegenüber, einem androgynen Falschspieler aus Maru’ahm, der mit unerschütterlicher Zuversicht gewinnt, beim Bakkarat, beim Zahn-Bésigue, beim Poker. Er schnippt mit den Fingern, dass Judah heißen Sherbet bringen soll, aber die dick aufgetragene Lässigkeit wirkt nur vulgär. Der Er-Sie lächelt.
    Sie beginnen ein Spiel, das Judah nicht kennt, mit einem Deck heptagonaler Karten, die sie umdrehen, einige ablegen, andere in einem überlappenden Muster auf der Tischplatte anordnen. Andere Spieler kommen und gehen, machen Einsätze nach einem für Judah undurchschaubaren System, verlieren, während der Topf wächst und nur noch How und der Hermaphrodit übrig sind.
    Jeder Einsatz verursacht How nun einen körperlichen Schmerz. Kiebitze umdrängen den Tisch. Mit dem Aufdecken einer Karte gewinnt der Spieler aus Maru’ahm das Leben von Hows Schutzdæmon. Der kleine Familiar manifestiert sich als flammenumzüngeltes Seidenäffchen, das sich schrill zwitschernd an Hows Rockaufschlägen festklammert, aber explodiert und als rußiger Furz entschwindet.
    How hat Angst. Er spielt Vabanque und gewinnt eine Hand voll mechanischer Juwelen, doch in der nächsten Runde kassiert der Rebis einen Dreifach-Stich, und Place How kann nur stöhnen. Er ist nur mehr ein Schatten seiner Selbst. Er wird transparenter, je öfter er verliert.
    How versucht, das Glück zu zwingen. Er blafft seine Einsätze, aggressiv: – Um mein Pferd, ein Jahr meiner Gedanken, meinen Diener da drüben. Er zeigt auf Judah, der blinzelnd den Kopf schüttelt – Ich bin kein verdammter Einsatz –, aber zu spät, genau das ist er, und How hat gewagt und verloren, und Judah ist einem neuen Herrn zugefallen. Er sucht sein Heil in der Flucht.
     

     
    Auf seinem abgehetzten Maultier reitet er zurück zur Eisenbahn, quert die Fährten von Fallenstellern und Jägern. In der Tasche klingelt das Geld, das er gestohlen hat.
    Judah kommt durch die leeren Hüllen von Ortschaften, die vor wenigen Monaten noch Schauplatz des tumultösen Streckenkopf-Zirkus waren. Er folgt vom Schmelzwasser angeschwollenen Wasserläufen. In den Windungen der Hügel verborgen, beobachtet er die Eisenbahn, das stolze Anstürmen der Züge, deren geschweifte Schlote fauchend rußschwarze Qualmwolken ausstoßen, in den Waggons der Nachschub an Glückssuchern für die Etappenstädte.
    Nach drei Tagen merkt Judah, dass der Rebis, der ihn gewonnen hat, nach ihm sucht. Gerüchte kennen keine Entfernung. So kommt es, dass Judah im Süden – wieder in der Nähe des Fenns, wo der Streckebau quälend langsam voranschreitet – eine in eine Bergfalte geschmiegte Stadt findet, in der sich Revolvermänner gesammelt haben. Die Prärie ist plötzlich voll von ihnen, Herumtreiber, Gesindel. Die schon immer in der Region hausenden Banden haben sich vermehrt um Neuankömmlinge, die durch den eisernen Pfad zu Banditen gemacht worden sind. Er zieht sie an.
    In einer Kneipe kauft Judah sich die Dienste des Revolver-Barden Oil Bill, dessen rechte Hand ein Werkzeug für die Arbeit an Motoren gewesen ist, aber von einem Waffenschmied umgearbeitet wurde, in Messing, mit ausladender Trommel für das Verschießen von Salven. Er überzeugt Judah, in dem Ort abzuwarten, und verdient sich seinen Beschützerlohn, indem er zulässt, dass der androgyne Spieler sie dort findet.
    Es gibt eine Entscheidung im frostigen Winterstaub. Während die Einwohner sich in gehörigem Sicherheitsabstand versammeln, lässt der Spieler einen Schwarm Dolchtauben fliegen, die sich stählern klirrend auf Oil Bill stürzen. Aber mit einem Trommelfeuer, wie Judah es nie zuvor erlebt hat (Uhrwerk- und Federmechanismen besorgen das Nachladen seiner Revolverhand), zerfetzt der Remade sie im Fluge und feuert durch die stiebenden Federn auf den Maru’ahmer, der blutüberströmt und tot zusammenbricht.
    Judah schließt sich Oil Bill an. Er hat seine Golems vernachlässigt, seine Erinnerungen an die Stiltspear, die Eisenbahn. Er nimmt in dem Briganten einen Hunger nach der Schiene wahr, der ihn an seinen eigenen erinnert. Die Leidenschaft des fReemade ist weniger komplex, und Judah fragt sich, ob sie vielleicht die reinere ist. Tief in seinem Innern, unter der Ruhe, die sich über ihn gebreitet hat, ist ihm bewusst, er muss es schaffen, die Schienen zu verstehen.
    Sie bezahlen in manchen Herbergen,

Weitere Kostenlose Bücher