Der eiserne Skorpion - Roman
und erschrocken aussah. Mit zitternder Hand öffnete Cormacs Bruder eine Packung selbstentzündlicher Zigaretten und schaffte es mit knapper Not, sich eine davon zwischen die Lippen zu stecken und anzuzünden, indem er daran zog. Cormac wurde sich darüber klar, dass sein eigenes Erschrecken, dessen Folgen sich rasch legten, noch die geringste Sorge war. Mit Dax stimmte etwas ganz und gar nicht.
»Wann ist dein Aufnahmezeitraum?«, fragte Hannah Dax.
»Heute, jederzeit, obwohl ich keine Garantie habe, dass ich schnell an die Reihe komme.«
»Wir gehen sofort zur Klinik hinüber«, sagte sie, woraufhin Dax nur stumm nickte. Hannah wandte sich an Cormac. »Das Auspacken kann warten – wir gehen jetzt nach draußen.«
Dax drehte sich um, verließ das Zimmer und zog dabei eine Rauchwolke nach. Ihre Mutter folgte ihm. Cormac drehte sich zum Fenster um, hob erneut die Fernbedienung auf und stellte die Bildwiedergabe ab. Also hatte er die Kriegsdrohne da draußen gesehen. Vielleicht war es Zufall. Vielleicht verfolgte sie ihn aus Gründen, die er einfach nicht durchschaute. Was bedeutete das schon? Kriegsdrohnen wurden nur gefährlich, wenn man ein Prador war.
Cormac öffnete seine Tasche, holte den P-top heraus und rief schnell eine schon zuvor gefundene Site auf, die in ausführlichen Einzelheiten die Wirkungen des Posttraumatischen Stresssyndroms behandelte. Im Verlauf des Krieges waren diese verschärft worden durch den Fremdumweltschock und etwas, wofür der veraltete Begriff Kriegsneurose verwendet wurde, der sich jedoch auf einige der Auswirkungen bezog, welche bestimmte esoterische Waffen der heutigen Zeit auf Soldaten hatten. Darüber hinaus bestanden die übrigen Belastungen durch zahlreiche Schutzimpfungen und Nanotechniken, die sich im Blut eines Soldaten bewegten. Cormac wusste, dass Dax an etwas litt, was unter den Sammelbegriff »Gefechtsstress« fiel. Er hatte nicht viel von der Netsite gelesen, aber er wusste inzwischen, dass diese Spätfolgen auf vielen verschiedenen Wegen zum Tode führen konnten.
Seine Mutter steckte den Kopf herein. »Bist du so weit?«
Cormac klappte den P-top zu und hängte ihn an den Gürtel. Er traf Anstalten, seiner Mutter nach draußen zu folgen, musste aber einen Augenblick lang warten, als das Loyalty Luggage hereinrumpelte und sich auf dem Fußboden niederließ.
»Ich bin so weit.« Er folgte Hannah auf den Flur.
Dax rauchte wieder, und er rauchte in einem fort weiter, während sie das Hotel verließen und den Straßen Tritonias folgten, bis sie die Klinik erreichten. Die Gebäudefrontalseiten unterschieden sich nur wenig von denen anderer Straßenzüge und wiesen Blasenfenster auf, Steinfassaden und Drucktüren. Allerdings waren entlang einer ganzen Straßenseite die Blasenfenster auf undurchsichtig gestellt, sodass sie an blinde weiße Augen erinnerten; die Drucktüren waren hier entfernt worden, und Kameras überwachten jeden Eingang. Elektronische Anzeigetafeln waren in Abständen überall entlang dieser Fassade angebracht. Cormac erkannte sogleich, dass »die Klinik« die gesamte Straßenseite einnahm. Gleichzeitig traf man unter den hiesigen Passanten einen großen Anteil von Personen in ECS-Uniformen an, von denen viele entweder aus der Klinik kamen oder diese betraten.
Ehe die drei durch die dritte Tür in der Reihe eintreten konnten, mussten sie erst warten, bis jemand diese Tür in Gegenrichtung passiert hatte. Der Mann war Soldat und trug einen Wüstenkampfanzug, aber Cormac erkannte die dezenten militärischen Auszeichnungen einer Spartavariante. Sein Gesicht strahlte etwas Unbestimmtes und Verträumtes aus, was einen Kontrast zur Brandnarbe auf einer Wange und zu seiner künstlichen Keramalhand bildete. Er nickte ihnen freundlich zu und entfernte sich auf der belebten Straße.
»Warum diese Hand und kein kosmetischer Eingriff?«, staunte ihre Mutter.
Dax sah sie an. »Die Ressourcen da draußen werden langsam ein bisschen knapp, und manchmal ist eine solche Hand effektiver als eine aus Fleisch.«
»Aber sein Gesicht?«
Dax schüttelte den Kopf und betrat die Klinik. »Manche behalten ihre Narben zur Erinnerung an verlorene Kameraden.« Er senkte den Kopf, lehnte sich an etwas, was früher die Innenseite einer Druckschleuse gewesen war, und musste auf einmal einen Moment lang schwer atmen. »Zuzeiten bedeutet da draußen eine solche Narbe mehr als Orden oder militärischer Rang.« Er schüttelte erneut den Kopf, um etwas aus seinen Gedanken zu
Weitere Kostenlose Bücher