Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der eiserne Skorpion - Roman

Der eiserne Skorpion - Roman

Titel: Der eiserne Skorpion - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
verbannen, und ging weiter ins Gebäude hinein.
    Sie betraten ein riesiges, überfülltes Wartezimmer; die Leute saßen hier auf ganzen Reihen bequemer Stühle, und jeder hatte sein persönliches Unterhaltungsmedium oder seinen Netzzugang dabei; andere saßen in privaten Kabinen an den Wänden. In der Wand gegenüber führte eine Reihe nichtssagender, nummerierter Türen zweifellos dorthin, wo die eigentliche Arbeit der Klinik erledigt wurde. Der Zwischengang durch das Wartezimmer wurde beiderseits gesäumt von auf Sockeln montierten Handflächenlesegeräten. Dax legte die Hand auf eines davon. Einen Augenblick später piepte es, und aus dem Fach darunter kam eine elektronische Plakette hervor.
    »Steht darauf, wie lange du warten musst?«, fragte Hannah.
    Er blickte auf die Plakette. »Nein, aber ich glaube nicht, dass ich so lange warten muss wie manche hier.«
    »Warum nicht?«
    Er starrte sie an, und sein Gesicht verriet so etwas wie Mitleid. »Weil ein Soldat an der Front nur irgendein Soldat ist, wohingegen ein Arzt an derselben Stelle Soldaten wieder zusammenflicken und in kampftauglicher Verfassung halten kann.«
    »Es geht also darum, Leben zu retten?«, fragte sie, und sogar Cormac hörte die Ironie aus ihrem Tonfall heraus.
    »Ja klar doch.«
    Sie fanden drei Plätze am Ende einer Sitzreihe, neben einer Frau, die ein VR-Band vor den Augen und einen VR-Handschuh trug. Sie saß völlig reglos, und Tränen liefen unter dem VR-Band hervor. Cormac blickte sich um und stellte fest, dass viele hier Unterhaltungsmedien oder Informationszugang benutzten. Nur sehr wenige Menschen redeten miteinander. Die Türen gegenüber gingen immer wieder auf und gewährten Personen entweder Zutritt oder ließen sie heraus. Es war auffällig, dass die Personen, die herauskamen, sich schneller und viel lebhafter bewegten als diejenigen, die erst noch hineingingen. Die Entlassenen verließen die Klinik eilends, ohne zurückzublicken.
    »Es geht los.« Dax, der sich gerade eine weitere Zigarette angezündet hatte, zeigte ihnen seine Plakette, die jetzt die Zahl acht zeigte. Sie standen auf und gingen zur entsprechend nummerierten Tür.
    »Sie sind gerade erst gekommen«, sagte eine ausdruckslose Stimme hinter ihnen.
    Sie drehten sich zu einem vierschrötigen, aufgerüsteten Mann um, der einen abgewetzten grünen Kampfanzug und einen breitkrempigen Hut mit Tarnmuster trug. Dax deutete auf das Emblem des ECS-Gesundheitsdienstes an der Klappe seiner Hemdtasche. Der Mann rieb sich den Nasenflügel und nickte müde.
    »Natürlich«, sagte er.
    Als sie den Weg zur Tür fortsetzten, stellte Hannah fest: »Man streitet nicht mit jemandem, der vielleicht nächste Woche Löcher in deinem Körper flickt.«
    »Exakt«, bestätigte Dax.
    Hinter Tür acht erwartete sie eine sehr attraktive, aber seltsam puppenhafte Frau in Schwesterntracht. Der Raum war ein Vorzimmer mit wenigen Stühlen und einem Automaten für Speisen und Getränke. Cormac brauchte einen Augenblick, bis er bemerkte, dass die Frau ein Golem war – einer der frühen Baureihe mit dem weniger lebensechten Synthofleisch.
    »Falls Sie mir bitte folgen würden«, sagte sie und deutete auf eine weitere Tür hinter ihr. »Möchten Sie, dass Ihre Familie dabei ist?«
    Dax, der schon auf dem Weg zur nächsten Tür gewesen war, blieb stehen und blickte zu Cormac und ihrer Mutter zurück. »Ja klar doch, warum nicht?« Er ging weiter.
    Hannah fasste Cormac an der Hand und zog ihn hinterher in den angrenzenden Raum. Cormac nahm die antiseptische Umgebung in Augenschein und entdeckte auf den Arbeitsflächen an den Wänden ein Nanoskop, einen transportablen Autodok, einen Nanoassembler, eine Netzverbindung und ein altmodisches, bankgelagertes Diagnosegerät. In der Zimmermitte stand ein Operationsstuhl mit der Hydraulik, die ihn in einen Operationstisch verwandeln konnte, und daneben ragte einer der allgegenwärtigen sockelmontierten Autodoks auf.
    »Bitte.« Die Schwester deutete auf den Stuhl.
    Dax blickte sich nach einer Möglichkeit um, seine letzte Zigarette loszuwerden. Die Krankenschwester streckte die Hand aus, und er reichte ihr die Zigarette. Sie schloss die Hand darum, drückte sie aus und warf sie in eine Ecke des Zimmers. Sofort huschte ein Reinigungs-Käferbot aus seiner kleinen Heimstätte in der Fußbodenleiste hervor, verschlang den Stummel und verschwand wieder.
    Dax drehte sich um und senkte sich auf den Stuhl, und er bewegte sich dabei langsam und lahm wie ein alter Mann

Weitere Kostenlose Bücher