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Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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Sache gefiel ihm nicht. Es war ein untrügliches Zeichen für die anderen Clans, daß die Feldglöcks etwas
zu verbergen hatten. Warum ihnen auch noch dumme Gedanken in den Kopf setzen?
    Dann bemerkte er die reglose Gestalt neben den Aufzugstüren, und seine Unruhe wuchs. Er hatte nie gutgeheißen, daß
der Clan sich einen eigenen Investigator leistete, und wenn es
nur als Statussymbol war. Ganz zu schweigen von einem derart kaltblütigen Killer wie Razor. Es war, als würde man mit
einem scheinbar zahmen Tiger an der Leine Spazierengehen.
Investigator Razor war in den Dienst der Feldglöcks getreten,
nachdem das Militär ihn entlassen hatte; teilweise, weil der
alte Feldglöck ihm ein extrem hohes Gehalt geboten hatte,
aber hauptsächlich, weil er bei den Feldglöcks die besten
Aussichten hatte, legal Menschen zu töten. Die Gerüchte besagten, daß man ihn unehrenhaft aus der Investigator-Truppe
ausgestoßen hatte, weil er ein verdammter Psychopath war.
Finlay hatte sich köstlich über das Gerücht amüsiert. Bis zu
diesem Zeitpunkt hatte er immer gedacht, das sei eine Grundvoraussetzung, um bei den Investigatoren aufgenommen zu
werden. Aber nachdem Razor eine Zeitlang im Dienst des
Clans gestanden hatte, war Finlay das Lachen so ziemlich
vergangen.
    Der Investigator bot einen beeindruckenden Anblick. Er besaß eine mächtige Gestalt und schwellende Muskeln, das Beste, was man in Körperläden für Geld kaufen konnte. Trotzdem zeigte sich an seinem Schopf aus widerspenstigem,
schlohweißen Haar, das sein dunkles Gesicht einrahmte, daß
er doch schon älter war. Und Alter machte einen Mann langsamer, selbst einen Investigator. Ein alter Investigator war ein
extrem seltener Anblick. Meist lebten sie nicht lange genug,
um das Rentenalter zu erreichen. Mit Sicherheit war Razor
noch immer schneller, stärker und tödlicher als zehn beliebige
andere hervorragend ausgebildete Kämpfer – aus diesem
Grund waren die Feldglöcks ja auch so glücklich gewesen,
ihn verpflichten zu können, als sich eine Gelegenheit geboten
hatte. Und wenn sie es vorzogen, seine Fähigkeiten nicht in
Frage zu stellen, dann gehörte das zum Geschäft. Er machte
eine hervorragende Figur am Hof und genoß einen sagenhaften Ruf in der Arena. Finlay fühlte sich auf jeden Fall sicherer, wenn der Investigator nicht in seiner Nähe war. Im Augenblick fragte er sich allerdings, welche Gefahr so bedrohlich sein mochte, daß die Familie Razor aus der Deckung hervorgeholt hatte, damit er Wache stand. Finlay nickte Razor
höflich zu, während er auf den Aufzug wartete, aber für den
Investigator schien er nur Luft zu sein.
    »Alles in Ordnung?« fragte Finlay jovial. »Benehmen sich
alle, wie es sich gehört? Wir sehen Euch nicht gerade häufig
im hellen Tageslicht, Investigator.«
    »Euer Vater dachte, es sei nötig«, erwiderte Razor. Er blickte Finlay noch immer nicht an. Seine grünen Augen schweiften unablässig durch die weite Halle, und seine Stimme war
genauso ausdruckslos wie sein Blick. »Die Sicherheitsmaßnahmen wurden um eine Stufe verschärft und unter meine
direkte Kontrolle gestellt. Auf jedem Stockwerk des Turms
befinden sich Posten, die die Treppen und Aufzüge bewachen.
Ich soll Euch persönlich zu der Versammlung eskortieren.
Folgt mir.«
    Die Türen des Aufzugs glitten zur Seite, als hätten sie nur
auf Razors Erlaubnis gewartet, und er betrat den Lift, ohne
sich davon zu überzeugen, ob Finlay seiner Aufforderung
auch Folge leistete. Finlay schürzte die Lippen und betrat den
Aufzug. Von keinem anderen hätte er ein derart respektloses
Benehmen hingenommen, aber Razor war ein Investigator
und stand deswegen über solchen Trivialitäten wie Höflichkeit und gutes Benehmen. Nicht, daß der Mann ihn hätte persönlich beleidigen wollen; Razor verachtete eben jeden, der
nicht ebenfalls Investigator war. Die Feldglöcks hatten sich
mit ihm eingelassen, weil er einem Zweck diente. In dem Augenblick, wo dieser Zweck erfüllt war, würde Razor mit derartiger Geschwindigkeit und in so hohem Bogen hinausfliegen, daß ihm schwindlig werden würde. Niemand mißachtete
einen Feldglöck und kam damit durch. Niemals.
    Finlay grinste bei dem Gedanken und ignorierte den Investigator demonstrativ, als der Lift sich sanft in Richtung des
Dachgeschosses in Bewegung setzte. Die Fahrt verlief ruhig
und ereignislos, trotz Razors gespannter Wachsamkeit; trotzdem ließ der Investigator Finlay nach der Ankunft im

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